Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

Bild:
<< vorherige Seite

Die großen Bauunternehmer der östlichen Provinzen.
Hebezeuge, die zu umfassenden Bauten nothwendig sind;
schon deßwegen gab man ihnen gerne den Vorzug. 1

Wie die künstlerische Seite des Bauhandwerks
reformirt wurde in erster Linie durch den Einfluß der
höhern vom Staate gebildeten Baubeamten, durch den
Einfluß der vom Staate in's Leben gerufenen Schulen,
besonders der 1799 gegründeten Bauakademie, so sind
es auch in erster Linie staatliche Einflüsse, welche die
geschäftliche Organisation umgebildet haben. Und da
diese Einflüsse in den altpreußischen Provinzen älter und
tiefgreifender sind, da hier die ungleichere Vermögens-
vertheilung ohnedieß, wie wir oben sahen, auf größere
Geschäfte hinwirkt, so ist es begreiflich, daß die einzelnen
Meister in den östlichen Provinzen so viel mehr Ge-
hülfen beschäftigen, als am Rhein und in Westfalen.
Die Maurer- und Zimmermeister sind da mehr und
mehr große Unternehmer geworden, die nach Entwürfen
eines Baumeisters die Generalentreprise großer Bauten
übernehmen, aber auch selbst Pläne entwerfen, Häuser
auf Bestellung und auf Spekulation bauen, häufig eine
ganze Reihe von Bauten zu gleicher Zeit ausführen, auf
dem einzelnen Bau die Aufsicht einem Polir übertragen,
in ihrer Wohnung ein besonderes Zeichen- und Geschäfts-
bureau halten müssen. Ist diese Richtung einmal im
Geschäftsleben vorhanden, so müssen da, wo am meisten
gebaut wird, wo der größte Wohlstand ist, wo die In-
dustrie viele größere Bauten erfordert, die Geschäfte

1 J. G. Hoffmann, die Bevölkerung des preußischen Staats.
S. 131--133.
25 *

Die großen Bauunternehmer der öſtlichen Provinzen.
Hebezeuge, die zu umfaſſenden Bauten nothwendig ſind;
ſchon deßwegen gab man ihnen gerne den Vorzug. 1

Wie die künſtleriſche Seite des Bauhandwerks
reformirt wurde in erſter Linie durch den Einfluß der
höhern vom Staate gebildeten Baubeamten, durch den
Einfluß der vom Staate in’s Leben gerufenen Schulen,
beſonders der 1799 gegründeten Bauakademie, ſo ſind
es auch in erſter Linie ſtaatliche Einflüſſe, welche die
geſchäftliche Organiſation umgebildet haben. Und da
dieſe Einflüſſe in den altpreußiſchen Provinzen älter und
tiefgreifender ſind, da hier die ungleichere Vermögens-
vertheilung ohnedieß, wie wir oben ſahen, auf größere
Geſchäfte hinwirkt, ſo iſt es begreiflich, daß die einzelnen
Meiſter in den öſtlichen Provinzen ſo viel mehr Ge-
hülfen beſchäftigen, als am Rhein und in Weſtfalen.
Die Maurer- und Zimmermeiſter ſind da mehr und
mehr große Unternehmer geworden, die nach Entwürfen
eines Baumeiſters die Generalentrepriſe großer Bauten
übernehmen, aber auch ſelbſt Pläne entwerfen, Häuſer
auf Beſtellung und auf Spekulation bauen, häufig eine
ganze Reihe von Bauten zu gleicher Zeit ausführen, auf
dem einzelnen Bau die Aufſicht einem Polir übertragen,
in ihrer Wohnung ein beſonderes Zeichen- und Geſchäfts-
bureau halten müſſen. Iſt dieſe Richtung einmal im
Geſchäftsleben vorhanden, ſo müſſen da, wo am meiſten
gebaut wird, wo der größte Wohlſtand iſt, wo die In-
duſtrie viele größere Bauten erfordert, die Geſchäfte

1 J. G. Hoffmann, die Bevölkerung des preußiſchen Staats.
S. 131—133.
25 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0409" n="387"/><fw place="top" type="header">Die großen Bauunternehmer der ö&#x017F;tlichen Provinzen.</fw><lb/>
Hebezeuge, die zu umfa&#x017F;&#x017F;enden Bauten nothwendig &#x017F;ind;<lb/>
&#x017F;chon deßwegen gab man ihnen gerne den Vorzug. <note place="foot" n="1">J. G. Hoffmann, die Bevölkerung des preußi&#x017F;chen Staats.<lb/>
S. 131&#x2014;133.</note></p><lb/>
          <p>Wie die kün&#x017F;tleri&#x017F;che Seite des Bauhandwerks<lb/>
reformirt wurde in er&#x017F;ter Linie durch den Einfluß der<lb/>
höhern vom Staate gebildeten Baubeamten, durch den<lb/>
Einfluß der vom Staate in&#x2019;s Leben gerufenen Schulen,<lb/>
be&#x017F;onders der 1799 gegründeten Bauakademie, &#x017F;o &#x017F;ind<lb/>
es auch in er&#x017F;ter Linie &#x017F;taatliche Einflü&#x017F;&#x017F;e, welche die<lb/>
ge&#x017F;chäftliche Organi&#x017F;ation umgebildet haben. Und da<lb/>
die&#x017F;e Einflü&#x017F;&#x017F;e in den altpreußi&#x017F;chen Provinzen älter und<lb/>
tiefgreifender &#x017F;ind, da hier die ungleichere Vermögens-<lb/>
vertheilung ohnedieß, wie wir oben &#x017F;ahen, auf größere<lb/>
Ge&#x017F;chäfte hinwirkt, &#x017F;o i&#x017F;t es begreiflich, daß die einzelnen<lb/>
Mei&#x017F;ter in den ö&#x017F;tlichen Provinzen &#x017F;o viel mehr Ge-<lb/>
hülfen be&#x017F;chäftigen, als am Rhein und in We&#x017F;tfalen.<lb/>
Die Maurer- und Zimmermei&#x017F;ter &#x017F;ind da mehr und<lb/>
mehr große Unternehmer geworden, die nach Entwürfen<lb/>
eines Baumei&#x017F;ters die Generalentrepri&#x017F;e großer Bauten<lb/>
übernehmen, aber auch &#x017F;elb&#x017F;t Pläne entwerfen, Häu&#x017F;er<lb/>
auf Be&#x017F;tellung und auf Spekulation bauen, häufig eine<lb/>
ganze Reihe von Bauten zu gleicher Zeit ausführen, auf<lb/>
dem einzelnen Bau die Auf&#x017F;icht einem Polir übertragen,<lb/>
in ihrer Wohnung ein be&#x017F;onderes Zeichen- und Ge&#x017F;chäfts-<lb/>
bureau halten mü&#x017F;&#x017F;en. I&#x017F;t die&#x017F;e Richtung einmal im<lb/>
Ge&#x017F;chäftsleben vorhanden, &#x017F;o mü&#x017F;&#x017F;en da, wo am mei&#x017F;ten<lb/>
gebaut wird, wo der größte Wohl&#x017F;tand i&#x017F;t, wo die In-<lb/>
du&#x017F;trie viele größere Bauten erfordert, die Ge&#x017F;chäfte<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">25 *</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[387/0409] Die großen Bauunternehmer der öſtlichen Provinzen. Hebezeuge, die zu umfaſſenden Bauten nothwendig ſind; ſchon deßwegen gab man ihnen gerne den Vorzug. 1 Wie die künſtleriſche Seite des Bauhandwerks reformirt wurde in erſter Linie durch den Einfluß der höhern vom Staate gebildeten Baubeamten, durch den Einfluß der vom Staate in’s Leben gerufenen Schulen, beſonders der 1799 gegründeten Bauakademie, ſo ſind es auch in erſter Linie ſtaatliche Einflüſſe, welche die geſchäftliche Organiſation umgebildet haben. Und da dieſe Einflüſſe in den altpreußiſchen Provinzen älter und tiefgreifender ſind, da hier die ungleichere Vermögens- vertheilung ohnedieß, wie wir oben ſahen, auf größere Geſchäfte hinwirkt, ſo iſt es begreiflich, daß die einzelnen Meiſter in den öſtlichen Provinzen ſo viel mehr Ge- hülfen beſchäftigen, als am Rhein und in Weſtfalen. Die Maurer- und Zimmermeiſter ſind da mehr und mehr große Unternehmer geworden, die nach Entwürfen eines Baumeiſters die Generalentrepriſe großer Bauten übernehmen, aber auch ſelbſt Pläne entwerfen, Häuſer auf Beſtellung und auf Spekulation bauen, häufig eine ganze Reihe von Bauten zu gleicher Zeit ausführen, auf dem einzelnen Bau die Aufſicht einem Polir übertragen, in ihrer Wohnung ein beſonderes Zeichen- und Geſchäfts- bureau halten müſſen. Iſt dieſe Richtung einmal im Geſchäftsleben vorhanden, ſo müſſen da, wo am meiſten gebaut wird, wo der größte Wohlſtand iſt, wo die In- duſtrie viele größere Bauten erfordert, die Geſchäfte 1 J. G. Hoffmann, die Bevölkerung des preußiſchen Staats. S. 131—133. 25 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/409
Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/409>, abgerufen am 22.11.2024.