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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Aufnahmen der kleinern Staaten.
verlangen billigere und vollendetere Produkte, wie sie
nur spezialisirte Betriebe mit ausgezeichneten Maschinen
liefern können. Es steigert sich der Bedarf an Kohlen,
es wachsen hauptsächlich die großen Berg- und Hütten-
werke, daneben die Spinnereien, die großen Appretur-
anstalten, die mechanischen Webereien.

Die erste Wirkung dieses Umschwungs zeigt sich
uns schon in einer Vergleichung der Meisterzahlen des
ganzen Königreichs von 1836 und 1849,1 wobei zu
bedauern ist, daß die Zahl der Gehülfen für die Ver-
gleichung dieser beiden Jahre fehlt; nur wenn man
beide zusammenfaßt, ist ja ersichtlich, ob das Hand-
werk im Ganzen zu- oder abgenommen, ob nicht die theil-
weise Abnahme der Meister durch Zunahme der Gehül-
fen sich ausgleicht. Letzteres scheint aber hier nicht der
Fall zu sein, wenigstens spricht sich das statistische Bu-
reau über diese Epoche dahin aus, daß die Zahl der
Gesellen und Lehrlinge nicht bloß relativ, sondern sogar
in vielen Gewerben absolut in deutlicher Abnahme
begriffen sei.2

Was den kritischen Werth der Zahlen betrifft, so
sei nach dem Gewährsmann des statistischen Bureaus
bemerkt, daß die Zahlen für 1836 dem Gewerbesteuer-
kataster entnommen sind, daß die Weber und Strumpf-
wirker für dieses Jahr zu niedrig erscheinen, weil
die Lohnmeister nicht einbegriffen sind, daß die Schnei-
derzahl damals zu hoch ist, weil die Flickschneider und

1 Zeitschrift d. stat. Bur. 1860. S. 106. Tab. 3b.
2 Zeitschrift d. stat. Bur. 1860. S. 100.

Die Aufnahmen der kleinern Staaten.
verlangen billigere und vollendetere Produkte, wie ſie
nur ſpezialiſirte Betriebe mit ausgezeichneten Maſchinen
liefern können. Es ſteigert ſich der Bedarf an Kohlen,
es wachſen hauptſächlich die großen Berg- und Hütten-
werke, daneben die Spinnereien, die großen Appretur-
anſtalten, die mechaniſchen Webereien.

Die erſte Wirkung dieſes Umſchwungs zeigt ſich
uns ſchon in einer Vergleichung der Meiſterzahlen des
ganzen Königreichs von 1836 und 1849,1 wobei zu
bedauern iſt, daß die Zahl der Gehülfen für die Ver-
gleichung dieſer beiden Jahre fehlt; nur wenn man
beide zuſammenfaßt, iſt ja erſichtlich, ob das Hand-
werk im Ganzen zu- oder abgenommen, ob nicht die theil-
weiſe Abnahme der Meiſter durch Zunahme der Gehül-
fen ſich ausgleicht. Letzteres ſcheint aber hier nicht der
Fall zu ſein, wenigſtens ſpricht ſich das ſtatiſtiſche Bu-
reau über dieſe Epoche dahin aus, daß die Zahl der
Geſellen und Lehrlinge nicht bloß relativ, ſondern ſogar
in vielen Gewerben abſolut in deutlicher Abnahme
begriffen ſei.2

Was den kritiſchen Werth der Zahlen betrifft, ſo
ſei nach dem Gewährsmann des ſtatiſtiſchen Bureaus
bemerkt, daß die Zahlen für 1836 dem Gewerbeſteuer-
kataſter entnommen ſind, daß die Weber und Strumpf-
wirker für dieſes Jahr zu niedrig erſcheinen, weil
die Lohnmeiſter nicht einbegriffen ſind, daß die Schnei-
derzahl damals zu hoch iſt, weil die Flickſchneider und

1 Zeitſchrift d. ſtat. Bur. 1860. S. 106. Tab. 3b.
2 Zeitſchrift d. ſtat. Bur. 1860. S. 100.
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[142/0164] Die Aufnahmen der kleinern Staaten. verlangen billigere und vollendetere Produkte, wie ſie nur ſpezialiſirte Betriebe mit ausgezeichneten Maſchinen liefern können. Es ſteigert ſich der Bedarf an Kohlen, es wachſen hauptſächlich die großen Berg- und Hütten- werke, daneben die Spinnereien, die großen Appretur- anſtalten, die mechaniſchen Webereien. Die erſte Wirkung dieſes Umſchwungs zeigt ſich uns ſchon in einer Vergleichung der Meiſterzahlen des ganzen Königreichs von 1836 und 1849, 1 wobei zu bedauern iſt, daß die Zahl der Gehülfen für die Ver- gleichung dieſer beiden Jahre fehlt; nur wenn man beide zuſammenfaßt, iſt ja erſichtlich, ob das Hand- werk im Ganzen zu- oder abgenommen, ob nicht die theil- weiſe Abnahme der Meiſter durch Zunahme der Gehül- fen ſich ausgleicht. Letzteres ſcheint aber hier nicht der Fall zu ſein, wenigſtens ſpricht ſich das ſtatiſtiſche Bu- reau über dieſe Epoche dahin aus, daß die Zahl der Geſellen und Lehrlinge nicht bloß relativ, ſondern ſogar in vielen Gewerben abſolut in deutlicher Abnahme begriffen ſei. 2 Was den kritiſchen Werth der Zahlen betrifft, ſo ſei nach dem Gewährsmann des ſtatiſtiſchen Bureaus bemerkt, daß die Zahlen für 1836 dem Gewerbeſteuer- kataſter entnommen ſind, daß die Weber und Strumpf- wirker für dieſes Jahr zu niedrig erſcheinen, weil die Lohnmeiſter nicht einbegriffen ſind, daß die Schnei- derzahl damals zu hoch iſt, weil die Flickſchneider und 1 Zeitſchrift d. ſtat. Bur. 1860. S. 106. Tab. 3b. 2 Zeitſchrift d. ſtat. Bur. 1860. S. 100.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/164>, abgerufen am 22.11.2024.