eine geschlossene Zahl repräsentirten. Manche Uebelstände ergaben sich aus dieser Gesetzgebung. Die gewerbliche Entwickelung im Ganzen aber wurde dadurch bis in die vierziger Jahre nicht gehemmt. Das sächsische statistische Bureau sagt hieran anschließend:1 "Die Gewerbeverfas- sung hat auf die Zahl der Meister lange nicht den Ein- fluß, als man anzunehmen geneigt ist. Wenn die übri- gen Bedingungen nicht gegeben sind, vermehren sich auch in gewerbefreien Ländern die Meister nicht rasch, und wo sich diese Bedingungen vorfinden, hindert auch die Zunftverfassung ein rasches Anwachsen der Meisterzahl selbst über das reelle Bedürfniß hinaus (d. h. unter gleichzeitiger Abnahme des Hülfspersonals) nicht."
So viel ist richtig, so viel beweisen die sächsischen Zahlen vor 1846, daß die anderen Ursachen wichtiger sind, als die Gewerbeverfassung. Die praktische Hand- habung der Gewerbegesetze war keine allzuschroffe. Die industrielle Entwicklung Sachsens war eine günstige; der Zuwachs an Handwerkern war natürlich, solange in diesen Bahnen sich die gewerbliche Thätigkeit über- haupt bewegte. Die große Verbreitung der Kleinge- werbe hatte ihre einfache Ursache darin, daß die gewerb- liche Blüthe Sachsens schon lange vor 1840 beginnt.
Mit den vierziger Jahren freilich und noch mehr mit den fünfziger wird Vieles anders. Mehr und mehr wächst nur der große Betrieb. Die Eisenbahnen und der große Verkehr vollenden die Leichtigkeit des Absatzes,
1 Zeitschrift für 1860. Nr. 9--12. Zur Statistik der Handwerke in Sachsen. S. 109.
Die ſächſiſche Gewerbegeſetzgebung.
eine geſchloſſene Zahl repräſentirten. Manche Uebelſtände ergaben ſich aus dieſer Geſetzgebung. Die gewerbliche Entwickelung im Ganzen aber wurde dadurch bis in die vierziger Jahre nicht gehemmt. Das ſächſiſche ſtatiſtiſche Bureau ſagt hieran anſchließend:1 „Die Gewerbeverfaſ- ſung hat auf die Zahl der Meiſter lange nicht den Ein- fluß, als man anzunehmen geneigt iſt. Wenn die übri- gen Bedingungen nicht gegeben ſind, vermehren ſich auch in gewerbefreien Ländern die Meiſter nicht raſch, und wo ſich dieſe Bedingungen vorfinden, hindert auch die Zunftverfaſſung ein raſches Anwachſen der Meiſterzahl ſelbſt über das reelle Bedürfniß hinaus (d. h. unter gleichzeitiger Abnahme des Hülfsperſonals) nicht.“
So viel iſt richtig, ſo viel beweiſen die ſächſiſchen Zahlen vor 1846, daß die anderen Urſachen wichtiger ſind, als die Gewerbeverfaſſung. Die praktiſche Hand- habung der Gewerbegeſetze war keine allzuſchroffe. Die induſtrielle Entwicklung Sachſens war eine günſtige; der Zuwachs an Handwerkern war natürlich, ſolange in dieſen Bahnen ſich die gewerbliche Thätigkeit über- haupt bewegte. Die große Verbreitung der Kleinge- werbe hatte ihre einfache Urſache darin, daß die gewerb- liche Blüthe Sachſens ſchon lange vor 1840 beginnt.
Mit den vierziger Jahren freilich und noch mehr mit den fünfziger wird Vieles anders. Mehr und mehr wächſt nur der große Betrieb. Die Eiſenbahnen und der große Verkehr vollenden die Leichtigkeit des Abſatzes,
1 Zeitſchrift für 1860. Nr. 9—12. Zur Statiſtik der Handwerke in Sachſen. S. 109.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0163"n="141"/><fwplace="top"type="header">Die ſächſiſche Gewerbegeſetzgebung.</fw><lb/>
eine geſchloſſene Zahl repräſentirten. Manche Uebelſtände<lb/>
ergaben ſich aus dieſer Geſetzgebung. Die gewerbliche<lb/>
Entwickelung im Ganzen aber wurde dadurch bis in die<lb/>
vierziger Jahre nicht gehemmt. Das ſächſiſche ſtatiſtiſche<lb/>
Bureau ſagt hieran anſchließend:<noteplace="foot"n="1">Zeitſchrift für 1860. Nr. 9—12. Zur Statiſtik der<lb/>
Handwerke in Sachſen. S. 109.</note>„Die Gewerbeverfaſ-<lb/>ſung hat auf die Zahl der Meiſter lange nicht den Ein-<lb/>
fluß, als man anzunehmen geneigt iſt. Wenn die übri-<lb/>
gen Bedingungen nicht gegeben ſind, vermehren ſich auch<lb/>
in gewerbefreien Ländern die Meiſter nicht raſch, und wo<lb/>ſich dieſe Bedingungen vorfinden, hindert auch die<lb/>
Zunftverfaſſung ein raſches Anwachſen der Meiſterzahl<lb/>ſelbſt über das reelle Bedürfniß hinaus (d. h. unter<lb/>
gleichzeitiger Abnahme des Hülfsperſonals) nicht.“</p><lb/><p>So viel iſt richtig, ſo viel beweiſen die ſächſiſchen<lb/>
Zahlen vor 1846, daß die anderen Urſachen wichtiger<lb/>ſind, als die Gewerbeverfaſſung. Die praktiſche Hand-<lb/>
habung der Gewerbegeſetze war keine allzuſchroffe. Die<lb/>
induſtrielle Entwicklung Sachſens war eine günſtige;<lb/>
der Zuwachs an Handwerkern war natürlich, ſolange<lb/>
in dieſen Bahnen ſich die gewerbliche Thätigkeit über-<lb/>
haupt bewegte. Die große Verbreitung der Kleinge-<lb/>
werbe hatte ihre einfache Urſache darin, daß die gewerb-<lb/>
liche Blüthe Sachſens ſchon lange vor 1840 beginnt.</p><lb/><p>Mit den vierziger Jahren freilich und noch mehr<lb/>
mit den fünfziger wird Vieles anders. Mehr und mehr<lb/>
wächſt nur der große Betrieb. Die Eiſenbahnen und<lb/>
der große Verkehr vollenden die Leichtigkeit des Abſatzes,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[141/0163]
Die ſächſiſche Gewerbegeſetzgebung.
eine geſchloſſene Zahl repräſentirten. Manche Uebelſtände
ergaben ſich aus dieſer Geſetzgebung. Die gewerbliche
Entwickelung im Ganzen aber wurde dadurch bis in die
vierziger Jahre nicht gehemmt. Das ſächſiſche ſtatiſtiſche
Bureau ſagt hieran anſchließend: 1 „Die Gewerbeverfaſ-
ſung hat auf die Zahl der Meiſter lange nicht den Ein-
fluß, als man anzunehmen geneigt iſt. Wenn die übri-
gen Bedingungen nicht gegeben ſind, vermehren ſich auch
in gewerbefreien Ländern die Meiſter nicht raſch, und wo
ſich dieſe Bedingungen vorfinden, hindert auch die
Zunftverfaſſung ein raſches Anwachſen der Meiſterzahl
ſelbſt über das reelle Bedürfniß hinaus (d. h. unter
gleichzeitiger Abnahme des Hülfsperſonals) nicht.“
So viel iſt richtig, ſo viel beweiſen die ſächſiſchen
Zahlen vor 1846, daß die anderen Urſachen wichtiger
ſind, als die Gewerbeverfaſſung. Die praktiſche Hand-
habung der Gewerbegeſetze war keine allzuſchroffe. Die
induſtrielle Entwicklung Sachſens war eine günſtige;
der Zuwachs an Handwerkern war natürlich, ſolange
in dieſen Bahnen ſich die gewerbliche Thätigkeit über-
haupt bewegte. Die große Verbreitung der Kleinge-
werbe hatte ihre einfache Urſache darin, daß die gewerb-
liche Blüthe Sachſens ſchon lange vor 1840 beginnt.
Mit den vierziger Jahren freilich und noch mehr
mit den fünfziger wird Vieles anders. Mehr und mehr
wächſt nur der große Betrieb. Die Eiſenbahnen und
der große Verkehr vollenden die Leichtigkeit des Abſatzes,
1 Zeitſchrift für 1860. Nr. 9—12. Zur Statiſtik der
Handwerke in Sachſen. S. 109.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/163>, abgerufen am 07.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.