Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
Umwälzungen unserer Zeit neben glänzenden, unerhör-
ten Fortschritten tiefe soziale und wirthschaftliche Miß-
stände sich ergeben; es verwandelte sich mir der Nihilis-
mus des "laissez faire et laissez passer" in die
Forderung positiver Reformen, wobei die Reformen
mir immer mehr als die Hauptsache erschienen, nicht
die Frage, ob sie der Staat oder die Gesellschaft in
die Hand zu nehmen habe.

Doch zunächst haben diese Untersuchungen für jene
tiefer liegenden Fragen nur das Material zu sammeln,
einen Theil des status quo festzustellen. Der erste
Zweck der Arbeit lag für mich darin, die so vielfach
mißbräuchlich benutzten statistischen Zahlen kritisch zu
untersuchen, nur vergleichbare Zahlen zusammen zu
stellen, durch richtige Anordnung der Zahlen die Fragen
zu stellen, welche sie beantworten können. Ich habe
daher auch nicht gescheut, selbst mit einer breiten und
hier und da ermüdenden Ausführlichkeit die Entstehung
und den Werth der einzelnen Zahlen klar zu legen,
durch zahlreiche Anmerkungen jedem Leser die eigene
Prüfung und Nachrechnung zu ermöglichen. Die Mehr-
zahl meiner Rechnungen habe ich durch einen ausge-
zeichneten Mathematiker, Herrn Ulrich, Beamten der
Versicherungsgesellschaft Iduna prüfen lassen; auch im
Druck sind die Zahlen mit möglichster Sorgfalt rektifizirt,
so daß hoffentlich die niemals ganz zu vermeidenden
Druck- und Rechenfehler unbedeutend sind. Daneben
habe ich angestrebt, die Zahlen so mitzutheilen, daß
auch der Nichtfachmann sie leicht versteht, d. h. ich habe
sie, durchaus in kleine Tabellen gruppirt, zwischen dem

Vorrede.
Umwälzungen unſerer Zeit neben glänzenden, unerhör-
ten Fortſchritten tiefe ſoziale und wirthſchaftliche Miß-
ſtände ſich ergeben; es verwandelte ſich mir der Nihilis-
mus des „laissez faire et laissez passer“ in die
Forderung poſitiver Reformen, wobei die Reformen
mir immer mehr als die Hauptſache erſchienen, nicht
die Frage, ob ſie der Staat oder die Geſellſchaft in
die Hand zu nehmen habe.

Doch zunächſt haben dieſe Unterſuchungen für jene
tiefer liegenden Fragen nur das Material zu ſammeln,
einen Theil des status quo feſtzuſtellen. Der erſte
Zweck der Arbeit lag für mich darin, die ſo vielfach
mißbräuchlich benutzten ſtatiſtiſchen Zahlen kritiſch zu
unterſuchen, nur vergleichbare Zahlen zuſammen zu
ſtellen, durch richtige Anordnung der Zahlen die Fragen
zu ſtellen, welche ſie beantworten können. Ich habe
daher auch nicht geſcheut, ſelbſt mit einer breiten und
hier und da ermüdenden Ausführlichkeit die Entſtehung
und den Werth der einzelnen Zahlen klar zu legen,
durch zahlreiche Anmerkungen jedem Leſer die eigene
Prüfung und Nachrechnung zu ermöglichen. Die Mehr-
zahl meiner Rechnungen habe ich durch einen ausge-
zeichneten Mathematiker, Herrn Ulrich, Beamten der
Verſicherungsgeſellſchaft Iduna prüfen laſſen; auch im
Druck ſind die Zahlen mit möglichſter Sorgfalt rektifizirt,
ſo daß hoffentlich die niemals ganz zu vermeidenden
Druck- und Rechenfehler unbedeutend ſind. Daneben
habe ich angeſtrebt, die Zahlen ſo mitzutheilen, daß
auch der Nichtfachmann ſie leicht verſteht, d. h. ich habe
ſie, durchaus in kleine Tabellen gruppirt, zwiſchen dem

<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0013" n="VII"/><fw place="top" type="header">Vorrede.</fw><lb/>
Umwälzungen un&#x017F;erer Zeit neben glänzenden, unerhör-<lb/>
ten Fort&#x017F;chritten tiefe &#x017F;oziale und wirth&#x017F;chaftliche Miß-<lb/>
&#x017F;tände &#x017F;ich ergeben; es verwandelte &#x017F;ich mir der Nihilis-<lb/>
mus des <hi rendition="#aq">&#x201E;laissez faire et laissez passer&#x201C;</hi> in die<lb/>
Forderung po&#x017F;itiver Reformen, wobei die Reformen<lb/>
mir immer mehr als die Haupt&#x017F;ache er&#x017F;chienen, nicht<lb/>
die Frage, ob &#x017F;ie der Staat oder die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft in<lb/>
die Hand zu nehmen habe.</p><lb/>
        <p>Doch zunäch&#x017F;t haben die&#x017F;e Unter&#x017F;uchungen für jene<lb/>
tiefer liegenden Fragen nur das Material zu &#x017F;ammeln,<lb/>
einen Theil des <hi rendition="#aq">status quo</hi> fe&#x017F;tzu&#x017F;tellen. Der er&#x017F;te<lb/>
Zweck der Arbeit lag für mich darin, die &#x017F;o vielfach<lb/>
mißbräuchlich benutzten &#x017F;tati&#x017F;ti&#x017F;chen Zahlen kriti&#x017F;ch zu<lb/>
unter&#x017F;uchen, nur vergleichbare Zahlen zu&#x017F;ammen zu<lb/>
&#x017F;tellen, durch richtige Anordnung der Zahlen die Fragen<lb/>
zu &#x017F;tellen, welche &#x017F;ie beantworten können. Ich habe<lb/>
daher auch nicht ge&#x017F;cheut, &#x017F;elb&#x017F;t mit einer breiten und<lb/>
hier und da ermüdenden Ausführlichkeit die Ent&#x017F;tehung<lb/>
und den Werth der einzelnen Zahlen klar zu legen,<lb/>
durch zahlreiche Anmerkungen jedem Le&#x017F;er die eigene<lb/>
Prüfung und Nachrechnung zu ermöglichen. Die Mehr-<lb/>
zahl meiner Rechnungen habe ich durch einen ausge-<lb/>
zeichneten Mathematiker, Herrn Ulrich, Beamten der<lb/>
Ver&#x017F;icherungsge&#x017F;ell&#x017F;chaft Iduna prüfen la&#x017F;&#x017F;en; auch im<lb/>
Druck &#x017F;ind die Zahlen mit möglich&#x017F;ter Sorgfalt rektifizirt,<lb/>
&#x017F;o daß hoffentlich die niemals ganz zu vermeidenden<lb/>
Druck- und Rechenfehler unbedeutend &#x017F;ind. Daneben<lb/>
habe ich ange&#x017F;trebt, die Zahlen &#x017F;o mitzutheilen, daß<lb/>
auch der Nichtfachmann &#x017F;ie leicht ver&#x017F;teht, d. h. ich habe<lb/>
&#x017F;ie, durchaus in kleine Tabellen gruppirt, zwi&#x017F;chen dem<lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[VII/0013] Vorrede. Umwälzungen unſerer Zeit neben glänzenden, unerhör- ten Fortſchritten tiefe ſoziale und wirthſchaftliche Miß- ſtände ſich ergeben; es verwandelte ſich mir der Nihilis- mus des „laissez faire et laissez passer“ in die Forderung poſitiver Reformen, wobei die Reformen mir immer mehr als die Hauptſache erſchienen, nicht die Frage, ob ſie der Staat oder die Geſellſchaft in die Hand zu nehmen habe. Doch zunächſt haben dieſe Unterſuchungen für jene tiefer liegenden Fragen nur das Material zu ſammeln, einen Theil des status quo feſtzuſtellen. Der erſte Zweck der Arbeit lag für mich darin, die ſo vielfach mißbräuchlich benutzten ſtatiſtiſchen Zahlen kritiſch zu unterſuchen, nur vergleichbare Zahlen zuſammen zu ſtellen, durch richtige Anordnung der Zahlen die Fragen zu ſtellen, welche ſie beantworten können. Ich habe daher auch nicht geſcheut, ſelbſt mit einer breiten und hier und da ermüdenden Ausführlichkeit die Entſtehung und den Werth der einzelnen Zahlen klar zu legen, durch zahlreiche Anmerkungen jedem Leſer die eigene Prüfung und Nachrechnung zu ermöglichen. Die Mehr- zahl meiner Rechnungen habe ich durch einen ausge- zeichneten Mathematiker, Herrn Ulrich, Beamten der Verſicherungsgeſellſchaft Iduna prüfen laſſen; auch im Druck ſind die Zahlen mit möglichſter Sorgfalt rektifizirt, ſo daß hoffentlich die niemals ganz zu vermeidenden Druck- und Rechenfehler unbedeutend ſind. Daneben habe ich angeſtrebt, die Zahlen ſo mitzutheilen, daß auch der Nichtfachmann ſie leicht verſteht, d. h. ich habe ſie, durchaus in kleine Tabellen gruppirt, zwiſchen dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/13
Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. VII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/13>, abgerufen am 22.11.2024.