Schmoller, Gustav: Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre. Bd. 1. Leipzig, 1900.Würdigung der socialistischen Litteratur. leben aller Individuen noch so falsch sein, mag seine letzte Wurzel in einer Überschätzungdes äußeren, irdischen Glückes, in einer Verkennung des wahren Wesens der menschlichen Natur, in einer rohen sinnlichen Weltanschauung liegen, es sind Lehren, die einen natur- gemäßen Rückschlag gegen die Überschätzung der freien Konkurrenz darstellen; sie haben den Interessen des vierten Standes gedient, wie die liberalen Lehren dem Mittelstande förderlich waren; sie haben große Bewegungen der Zeit, wie die fortschreitende Technik, den zunehmenden Großbetrieb, die sich vervielfältigende wirtschaftliche Kommunal- und Staatsthätigkeit in ihre Theorie geschickt aufgenommen, sie freilich zugleich maßlos über- trieben. In ihrer Ignorierung der Bevölkerungsfrage, in der Gleichgültigkeit gegenüber den letzten psychologischen und ethischen Fragen, wie in der Aufstellung absurder Trieb- lehren, in ihren Hoffnungen auf eine gänzliche Veränderung des menschlichen Seelenlebens und der gesamten gesellschaftlichen Einrichtungen zeigen sie eine kindliche, von wahrer Wissenschaftlichkeit noch ganz unberührte Naivetät; die entscheidenden Fragen, wie ein kommunistischer Riesenapparat ohne die furchtbarsten Mißbräuche der Verwaltung fun- gieren soll, haben sie sich noch gar nicht recht vorgelegt; ihre Ignorierung der Not- wendigkeit fester großer Staatsgewalten läßt sie auch auf wirtschaftlich-socialem Gebiete Fehlschluß auf Fehlschluß häufen; oberflächliche demokratische Vorstellungen über Volks- souveränität und ungeschichtlicher Monarchenhaß täuscht sie über die politische Schwierigkeit und Unmöglichkeit der Ausführung ihrer Pläne weg. Würden ihre utopischen Theorien zur Herrschaft in irgend einem Staate gelangen, vollends in der Hand von weltunkundigen Schwärmern oder wüsten Demagogen, so stellten sie eine unsagbare Gefahr dar; sie würden wahrscheinlich mit der Zerstörung der bestehenden Gesellschaftseinrichtungen die Kultur überhaupt auf lange vernichten. Aber als treibende Elemente der socialen Entwickelung, beherrscht von den bestehenden Gewalten, korrigiert von Wissenschaft, Vernunft und Moral, haben sie eine nicht zu verkennende, berechtigte Aufgabe in der Entwickelung der Geschichte und des socialen Fortschrittes. Es sind Lehren, welche in wissenschaftlichem Gewande die einseitigen praktischen Zeitideale der unteren Klassen darstellen, mit den Idealen der anderen Klassen sich vertragen müssen. Vom Ziele aller echten Wissenschaft, alle Menschen gleichmäßig zu überzeugen, sind sie noch weiter entfernt als die ihnen gegenüberstehenden individualistischen Manchesterlehren, weil sie nackter auf einem Klassenstandpunkt stehen, mehr von Gefühlen und Interessen, als von Verstand und ruhiger objektiver Überlegung beherrscht sind. 4. Die Methode der Volkswirtschaftslehre. Allgemeine Werke über Methode: John Stuart Mill, System der deduktiven und induk- tiven Logik. Erste englische Aufl. 1843, deutsche Übersetzung von J. Schiel nach der 5. Aufl. 2 Bde. 1862. -- Lotze, Logik, drei Bücher vom Denken, vom Untersuchen und Erkennen. 1874. -- Sigwart, Logik. 2 Bde. 1873 u. 1878. -- Euken, Die Grundbegriffe der Gegenwart. 1878 u. 1893. -- Wundt, Erkenntnislehre. 1880; -- Ders., Methodenlehre. 1883 (2. Aufl. beider Bände, die zus. als Logik bezeichnet sind, 1893). -- Dilthey, Einleitung in die Geisteswissenschaften 1. 1883. Specielle Litteratur. Englische: Jevons, Theory of pol. economy. 1871. The principles of science. 2 Bde. 1874. Studies in deductive logic. 1880 (dazu W. Böhmert, Jevons und seine Bedeutung für die Volkswirtschaftslehre in England. J. f. G.V. 1891. -- Caineß, The character and logical method of political economy. 1875 (dazu Weiß, Zur Logik der National- ökonomie. Z. f. St.W. 1875). -- David Syme, Outlines of an industrial science. 1876. -- John Ingram, The present position and prospects of political economy. 1878 (deutsch von Scheel, Die notwendige Reform der Volkswirtschaftslehre. 1879). -- Cliffe Leslie, Essays in moral and political philosophy. 1879 (neue Aufl. 1888 u. d. T.: Essays on pol. econ.). -- Ashley, What is political science? 1888. -- Keynes, The scope and method of political economy. 1891. Deutsche: K. Menger, Untersuchungen über die Methode der Socialwissenschaften und der politischen Ökonomie insbesondere. 1883. -- Schmoller, Zur Methodologie der Staats- und Social- wissenschaften. J. f. G.V. 1883 (wieder abgedr. Litt.-Gesch.). -- Heinrich Dietzel, Der Ausgangs- punkt der Socialwissenschaftslehre und ihr Grundbegriff. Z. f. St.W. 1883; -- Ders., Beiträge zur Methodik der Wirtschaftswissenschaft. J. f. N. 2. F. 9, 1884. -- Emil Sax, Das Wesen und die Aufgaben der Nationalökonomie. 1884. -- Hasbach, Ein Beitrag zur Methodologie der National- 7*
Würdigung der ſocialiſtiſchen Litteratur. leben aller Individuen noch ſo falſch ſein, mag ſeine letzte Wurzel in einer Überſchätzungdes äußeren, irdiſchen Glückes, in einer Verkennung des wahren Weſens der menſchlichen Natur, in einer rohen ſinnlichen Weltanſchauung liegen, es ſind Lehren, die einen natur- gemäßen Rückſchlag gegen die Überſchätzung der freien Konkurrenz darſtellen; ſie haben den Intereſſen des vierten Standes gedient, wie die liberalen Lehren dem Mittelſtande förderlich waren; ſie haben große Bewegungen der Zeit, wie die fortſchreitende Technik, den zunehmenden Großbetrieb, die ſich vervielfältigende wirtſchaftliche Kommunal- und Staatsthätigkeit in ihre Theorie geſchickt aufgenommen, ſie freilich zugleich maßlos über- trieben. In ihrer Ignorierung der Bevölkerungsfrage, in der Gleichgültigkeit gegenüber den letzten pſychologiſchen und ethiſchen Fragen, wie in der Aufſtellung abſurder Trieb- lehren, in ihren Hoffnungen auf eine gänzliche Veränderung des menſchlichen Seelenlebens und der geſamten geſellſchaftlichen Einrichtungen zeigen ſie eine kindliche, von wahrer Wiſſenſchaftlichkeit noch ganz unberührte Naivetät; die entſcheidenden Fragen, wie ein kommuniſtiſcher Rieſenapparat ohne die furchtbarſten Mißbräuche der Verwaltung fun- gieren ſoll, haben ſie ſich noch gar nicht recht vorgelegt; ihre Ignorierung der Not- wendigkeit feſter großer Staatsgewalten läßt ſie auch auf wirtſchaftlich-ſocialem Gebiete Fehlſchluß auf Fehlſchluß häufen; oberflächliche demokratiſche Vorſtellungen über Volks- ſouveränität und ungeſchichtlicher Monarchenhaß täuſcht ſie über die politiſche Schwierigkeit und Unmöglichkeit der Ausführung ihrer Pläne weg. Würden ihre utopiſchen Theorien zur Herrſchaft in irgend einem Staate gelangen, vollends in der Hand von weltunkundigen Schwärmern oder wüſten Demagogen, ſo ſtellten ſie eine unſagbare Gefahr dar; ſie würden wahrſcheinlich mit der Zerſtörung der beſtehenden Geſellſchaftseinrichtungen die Kultur überhaupt auf lange vernichten. Aber als treibende Elemente der ſocialen Entwickelung, beherrſcht von den beſtehenden Gewalten, korrigiert von Wiſſenſchaft, Vernunft und Moral, haben ſie eine nicht zu verkennende, berechtigte Aufgabe in der Entwickelung der Geſchichte und des ſocialen Fortſchrittes. Es ſind Lehren, welche in wiſſenſchaftlichem Gewande die einſeitigen praktiſchen Zeitideale der unteren Klaſſen darſtellen, mit den Idealen der anderen Klaſſen ſich vertragen müſſen. Vom Ziele aller echten Wiſſenſchaft, alle Menſchen gleichmäßig zu überzeugen, ſind ſie noch weiter entfernt als die ihnen gegenüberſtehenden individualiſtiſchen Mancheſterlehren, weil ſie nackter auf einem Klaſſenſtandpunkt ſtehen, mehr von Gefühlen und Intereſſen, als von Verſtand und ruhiger objektiver Überlegung beherrſcht ſind. 4. Die Methode der Volkswirtſchaftslehre. Allgemeine Werke über Methode: John Stuart Mill, Syſtem der deduktiven und induk- tiven Logik. Erſte engliſche Aufl. 1843, deutſche Überſetzung von J. Schiel nach der 5. Aufl. 2 Bde. 1862. — Lotze, Logik, drei Bücher vom Denken, vom Unterſuchen und Erkennen. 1874. — Sigwart, Logik. 2 Bde. 1873 u. 1878. — Euken, Die Grundbegriffe der Gegenwart. 1878 u. 1893. — Wundt, Erkenntnislehre. 1880; — Derſ., Methodenlehre. 1883 (2. Aufl. beider Bände, die zuſ. als Logik bezeichnet ſind, 1893). — Dilthey, Einleitung in die Geiſteswiſſenſchaften 1. 1883. Specielle Litteratur. Engliſche: Jevons, Theory of pol. economy. 1871. The principles of science. 2 Bde. 1874. Studies in deductive logic. 1880 (dazu W. Böhmert, Jevons und ſeine Bedeutung für die Volkswirtſchaftslehre in England. J. f. G.V. 1891. — Caineß, The character and logical method of political economy. 1875 (dazu Weiß, Zur Logik der National- ökonomie. Z. f. St.W. 1875). — David Syme, Outlines of an industrial science. 1876. — John Ingram, The present position and prospects of political economy. 1878 (deutſch von Scheel, Die notwendige Reform der Volkswirtſchaftslehre. 1879). — Cliffe Leslie, Essays in moral and political philosophy. 1879 (neue Aufl. 1888 u. d. T.: Essays on pol. econ.). — Aſhley, What is political science? 1888. — Keynes, The scope and method of political economy. 1891. Deutſche: K. Menger, Unterſuchungen über die Methode der Socialwiſſenſchaften und der politiſchen Ökonomie insbeſondere. 1883. — Schmoller, Zur Methodologie der Staats- und Social- wiſſenſchaften. J. f. G.V. 1883 (wieder abgedr. Litt.-Geſch.). — Heinrich Dietzel, Der Ausgangs- punkt der Socialwiſſenſchaftslehre und ihr Grundbegriff. Z. f. St.W. 1883; — Derſ., Beiträge zur Methodik der Wirtſchaftswiſſenſchaft. J. f. N. 2. F. 9, 1884. — Emil Sax, Das Weſen und die Aufgaben der Nationalökonomie. 1884. — Hasbach, Ein Beitrag zur Methodologie der National- 7*
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Würden ihre utopiſchen Theorien<lb/> zur Herrſchaft in irgend einem Staate gelangen, vollends in der Hand von weltunkundigen<lb/> Schwärmern oder wüſten Demagogen, ſo ſtellten ſie eine unſagbare Gefahr dar; ſie würden<lb/> wahrſcheinlich mit der Zerſtörung der beſtehenden Geſellſchaftseinrichtungen die Kultur<lb/> überhaupt auf lange vernichten. Aber als treibende Elemente der ſocialen Entwickelung,<lb/> beherrſcht von den beſtehenden Gewalten, korrigiert von Wiſſenſchaft, Vernunft und Moral,<lb/> haben ſie eine nicht zu verkennende, berechtigte Aufgabe in der Entwickelung der Geſchichte<lb/> und des ſocialen Fortſchrittes. Es ſind Lehren, welche in wiſſenſchaftlichem Gewande<lb/> die einſeitigen praktiſchen Zeitideale der unteren Klaſſen darſtellen, mit den Idealen der<lb/> anderen Klaſſen ſich vertragen müſſen. Vom Ziele aller echten Wiſſenſchaft, alle Menſchen<lb/> gleichmäßig zu überzeugen, ſind ſie noch weiter entfernt als die ihnen gegenüberſtehenden<lb/> individualiſtiſchen Mancheſterlehren, weil ſie nackter auf einem Klaſſenſtandpunkt ſtehen,<lb/> mehr von Gefühlen und Intereſſen, als von Verſtand und ruhiger objektiver Überlegung<lb/> beherrſcht ſind.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">4. Die Methode der Volkswirtſchaftslehre.</hi> </head><lb/> <listBibl> <bibl>Allgemeine Werke über Methode: <hi rendition="#g">John Stuart Mill</hi>, Syſtem der deduktiven und induk-<lb/> tiven Logik. Erſte engliſche Aufl. 1843, deutſche Überſetzung von J. Schiel nach der 5. 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Würdigung der ſocialiſtiſchen Litteratur.
leben aller Individuen noch ſo falſch ſein, mag ſeine letzte Wurzel in einer Überſchätzung
des äußeren, irdiſchen Glückes, in einer Verkennung des wahren Weſens der menſchlichen
Natur, in einer rohen ſinnlichen Weltanſchauung liegen, es ſind Lehren, die einen natur-
gemäßen Rückſchlag gegen die Überſchätzung der freien Konkurrenz darſtellen; ſie haben
den Intereſſen des vierten Standes gedient, wie die liberalen Lehren dem Mittelſtande
förderlich waren; ſie haben große Bewegungen der Zeit, wie die fortſchreitende Technik,
den zunehmenden Großbetrieb, die ſich vervielfältigende wirtſchaftliche Kommunal- und
Staatsthätigkeit in ihre Theorie geſchickt aufgenommen, ſie freilich zugleich maßlos über-
trieben. In ihrer Ignorierung der Bevölkerungsfrage, in der Gleichgültigkeit gegenüber
den letzten pſychologiſchen und ethiſchen Fragen, wie in der Aufſtellung abſurder Trieb-
lehren, in ihren Hoffnungen auf eine gänzliche Veränderung des menſchlichen Seelenlebens
und der geſamten geſellſchaftlichen Einrichtungen zeigen ſie eine kindliche, von wahrer
Wiſſenſchaftlichkeit noch ganz unberührte Naivetät; die entſcheidenden Fragen, wie ein
kommuniſtiſcher Rieſenapparat ohne die furchtbarſten Mißbräuche der Verwaltung fun-
gieren ſoll, haben ſie ſich noch gar nicht recht vorgelegt; ihre Ignorierung der Not-
wendigkeit feſter großer Staatsgewalten läßt ſie auch auf wirtſchaftlich-ſocialem Gebiete
Fehlſchluß auf Fehlſchluß häufen; oberflächliche demokratiſche Vorſtellungen über Volks-
ſouveränität und ungeſchichtlicher Monarchenhaß täuſcht ſie über die politiſche Schwierigkeit
und Unmöglichkeit der Ausführung ihrer Pläne weg. Würden ihre utopiſchen Theorien
zur Herrſchaft in irgend einem Staate gelangen, vollends in der Hand von weltunkundigen
Schwärmern oder wüſten Demagogen, ſo ſtellten ſie eine unſagbare Gefahr dar; ſie würden
wahrſcheinlich mit der Zerſtörung der beſtehenden Geſellſchaftseinrichtungen die Kultur
überhaupt auf lange vernichten. Aber als treibende Elemente der ſocialen Entwickelung,
beherrſcht von den beſtehenden Gewalten, korrigiert von Wiſſenſchaft, Vernunft und Moral,
haben ſie eine nicht zu verkennende, berechtigte Aufgabe in der Entwickelung der Geſchichte
und des ſocialen Fortſchrittes. Es ſind Lehren, welche in wiſſenſchaftlichem Gewande
die einſeitigen praktiſchen Zeitideale der unteren Klaſſen darſtellen, mit den Idealen der
anderen Klaſſen ſich vertragen müſſen. Vom Ziele aller echten Wiſſenſchaft, alle Menſchen
gleichmäßig zu überzeugen, ſind ſie noch weiter entfernt als die ihnen gegenüberſtehenden
individualiſtiſchen Mancheſterlehren, weil ſie nackter auf einem Klaſſenſtandpunkt ſtehen,
mehr von Gefühlen und Intereſſen, als von Verſtand und ruhiger objektiver Überlegung
beherrſcht ſind.
4. Die Methode der Volkswirtſchaftslehre.
Allgemeine Werke über Methode: John Stuart Mill, Syſtem der deduktiven und induk-
tiven Logik. Erſte engliſche Aufl. 1843, deutſche Überſetzung von J. Schiel nach der 5. Aufl. 2 Bde.
1862. — Lotze, Logik, drei Bücher vom Denken, vom Unterſuchen und Erkennen. 1874. — Sigwart,
Logik. 2 Bde. 1873 u. 1878. — Euken, Die Grundbegriffe der Gegenwart. 1878 u. 1893. — Wundt,
Erkenntnislehre. 1880; — Derſ., Methodenlehre. 1883 (2. Aufl. beider Bände, die zuſ. als Logik
bezeichnet ſind, 1893). — Dilthey, Einleitung in die Geiſteswiſſenſchaften 1. 1883.
Specielle Litteratur. Engliſche: Jevons, Theory of pol. economy. 1871. The principles
of science. 2 Bde. 1874. Studies in deductive logic. 1880 (dazu W. Böhmert, Jevons
und ſeine Bedeutung für die Volkswirtſchaftslehre in England. J. f. G.V. 1891. — Caineß, The
character and logical method of political economy. 1875 (dazu Weiß, Zur Logik der National-
ökonomie. Z. f. St.W. 1875). — David Syme, Outlines of an industrial science. 1876. — John
Ingram, The present position and prospects of political economy. 1878 (deutſch von Scheel,
Die notwendige Reform der Volkswirtſchaftslehre. 1879). — Cliffe Leslie, Essays in moral and
political philosophy. 1879 (neue Aufl. 1888 u. d. T.: Essays on pol. econ.). — Aſhley, What is
political science? 1888. — Keynes, The scope and method of political economy. 1891.
Deutſche: K. Menger, Unterſuchungen über die Methode der Socialwiſſenſchaften und der
politiſchen Ökonomie insbeſondere. 1883. — Schmoller, Zur Methodologie der Staats- und Social-
wiſſenſchaften. J. f. G.V. 1883 (wieder abgedr. Litt.-Geſch.). — Heinrich Dietzel, Der Ausgangs-
punkt der Socialwiſſenſchaftslehre und ihr Grundbegriff. Z. f. St.W. 1883; — Derſ., Beiträge zur
Methodik der Wirtſchaftswiſſenſchaft. J. f. N. 2. F. 9, 1884. — Emil Sax, Das Weſen und die
Aufgaben der Nationalökonomie. 1884. — Hasbach, Ein Beitrag zur Methodologie der National-
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