Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.

Bild:
<< vorherige Seite

Untersuchung/ derer von super-klugen
der Wiegen spiele. Aber/ ihr einfältigen Nar-
ren! wenn ihr nun gleich noch so viel dem so ge-
nannten Jüdel zu spielen gebet/ so werdet ihr
dennoch dem Kinde keine Hülffe thun/ sondern
ihr werdet das Kind eben noch/ wie vorhin/ la-
chen/ und mit denen Aeuglein spielen sehen. Sind
demnach eure angegebenen Jüdels-Beschwe-
rungen/ so wohl als eure Hülffs-Mittel/ lauter
albere Possen/ und ist weder Jüdel/ noch junges
Hebreergen bey eurem Kinde/ sondern das Lä-
cheln und Augenwenden rühret her von einem
innerlichen Fresel/ welchem ihr besser mit Marg-
grafen- oder rothem Hertz-Pulver abhelffen kön-
net.

Das 64. Capitel.

Wenn ein gantz Brod unauffge-
schnitten wieder vom Tische getragen
wird/ so müssen die Leute hun-
gerich vom Tische gehen.

WEnn die Leute von dem gantzen Brode es-
sen sollen/ und haben keines mehr darbey/
und wird doch gleich wohl gantz wieder hin-
weg getragen/ so kan es freylich nicht fehlen/ es
müssen die Leute auch wieder hungerig vom Ti-
sche gehen; und ist so viel/ als wenn ich einen
Durstigen ließ in einem Krug mit Bier gucken/
gäbe ihm aber nicht daraus zu trincken/ so würde

er

Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen
der Wiegen ſpiele. Aber/ ihr einfaͤltigen Nar-
ren! wenn ihr nun gleich noch ſo viel dem ſo ge-
nannten Juͤdel zu ſpielen gebet/ ſo werdet ihr
dennoch dem Kinde keine Huͤlffe thun/ ſondern
ihr werdet das Kind eben noch/ wie vorhin/ la-
chen/ und mit denen Aeuglein ſpielen ſehen. Sind
demnach eure angegebenen Juͤdels-Beſchwe-
rungen/ ſo wohl als eure Huͤlffs-Mittel/ lauter
albere Poſſen/ und iſt weder Juͤdel/ noch junges
Hebreergen bey eurem Kinde/ ſondern das Laͤ-
cheln und Augenwenden ruͤhret her von einem
innerlichen Freſel/ welchem ihr beſſer mit Marg-
grafen- oder rothem Hertz-Pulver abhelffen koͤn-
net.

Das 64. Capitel.

Wenn ein gantz Brod unauffge-
ſchnitten wieder vom Tiſche getragen
wird/ ſo muͤſſen die Leute hun-
gerich vom Tiſche gehen.

WEnn die Leute von dem gantzen Brode eſ-
ſen ſollen/ und haben keines mehr darbey/
und wiꝛd doch gleich wohl gantz wieder hin-
weg getragen/ ſo kan es freylich nicht fehlen/ es
muͤſſen die Leute auch wieder hungerig vom Ti-
ſche gehen; und iſt ſo viel/ als wenn ich einen
Durſtigen ließ in einem Krug mit Bier gucken/
gaͤbe ihm aber nicht daraus zu trincken/ ſo wuͤrde

er
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0132" n="110"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Unter&#x017F;uchung/ derer von</hi><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">&#x017F;uper-</hi></hi><hi rendition="#fr">klugen</hi></fw><lb/>
der Wiegen &#x017F;piele. Aber/ ihr einfa&#x0364;ltigen Nar-<lb/>
ren! wenn ihr nun gleich noch &#x017F;o viel dem &#x017F;o ge-<lb/>
nannten Ju&#x0364;del zu &#x017F;pielen gebet/ &#x017F;o werdet ihr<lb/>
dennoch dem Kinde keine Hu&#x0364;lffe thun/ &#x017F;ondern<lb/>
ihr werdet das Kind eben noch/ wie vorhin/ la-<lb/>
chen/ und mit denen Aeuglein &#x017F;pielen &#x017F;ehen. Sind<lb/>
demnach eure angegebenen Ju&#x0364;dels-Be&#x017F;chwe-<lb/>
rungen/ &#x017F;o wohl als eure Hu&#x0364;lffs-Mittel/ lauter<lb/>
albere Po&#x017F;&#x017F;en/ und i&#x017F;t weder Ju&#x0364;del/ noch junges<lb/>
Hebreergen bey eurem Kinde/ &#x017F;ondern das La&#x0364;-<lb/>
cheln und Augenwenden ru&#x0364;hret her von einem<lb/>
innerlichen Fre&#x017F;el/ welchem ihr be&#x017F;&#x017F;er mit Marg-<lb/>
grafen- oder rothem Hertz-Pulver abhelffen ko&#x0364;n-<lb/>
net.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Das 64. Capitel.</hi> </head><lb/>
        <argument>
          <p>Wenn ein gantz Brod unauffge-<lb/><hi rendition="#c">&#x017F;chnitten wieder vom Ti&#x017F;che getragen<lb/>
wird/ &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en die Leute hun-<lb/>
gerich vom Ti&#x017F;che gehen.</hi></p>
        </argument><lb/>
        <p><hi rendition="#in">W</hi>Enn die Leute von dem gantzen Brode e&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en &#x017F;ollen/ und haben keines mehr darbey/<lb/>
und wi&#xA75B;d doch gleich wohl gantz wieder hin-<lb/>
weg getragen/ &#x017F;o kan es freylich nicht fehlen/ es<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en die Leute auch wieder hungerig vom Ti-<lb/>
&#x017F;che gehen; und i&#x017F;t &#x017F;o viel/ als wenn ich einen<lb/>
Dur&#x017F;tigen ließ in einem Krug mit Bier gucken/<lb/>
ga&#x0364;be ihm aber nicht daraus zu trincken/ &#x017F;o wu&#x0364;rde<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">er</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[110/0132] Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen der Wiegen ſpiele. Aber/ ihr einfaͤltigen Nar- ren! wenn ihr nun gleich noch ſo viel dem ſo ge- nannten Juͤdel zu ſpielen gebet/ ſo werdet ihr dennoch dem Kinde keine Huͤlffe thun/ ſondern ihr werdet das Kind eben noch/ wie vorhin/ la- chen/ und mit denen Aeuglein ſpielen ſehen. Sind demnach eure angegebenen Juͤdels-Beſchwe- rungen/ ſo wohl als eure Huͤlffs-Mittel/ lauter albere Poſſen/ und iſt weder Juͤdel/ noch junges Hebreergen bey eurem Kinde/ ſondern das Laͤ- cheln und Augenwenden ruͤhret her von einem innerlichen Freſel/ welchem ihr beſſer mit Marg- grafen- oder rothem Hertz-Pulver abhelffen koͤn- net. Das 64. Capitel. Wenn ein gantz Brod unauffge- ſchnitten wieder vom Tiſche getragen wird/ ſo muͤſſen die Leute hun- gerich vom Tiſche gehen. WEnn die Leute von dem gantzen Brode eſ- ſen ſollen/ und haben keines mehr darbey/ und wiꝛd doch gleich wohl gantz wieder hin- weg getragen/ ſo kan es freylich nicht fehlen/ es muͤſſen die Leute auch wieder hungerig vom Ti- ſche gehen; und iſt ſo viel/ als wenn ich einen Durſtigen ließ in einem Krug mit Bier gucken/ gaͤbe ihm aber nicht daraus zu trincken/ ſo wuͤrde er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/132
Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/132>, abgerufen am 24.11.2024.