Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Töpffgen samt einem Qvirlgen gekaufft/ und sotheuer bezahlet werden/ als es gebotten wird/ darein wird von des Kindes Bade gegossen/ und also auff den Ofen gestellet/ damit soll das Jüdel spielen/ und das Wasser heraus fletzschern/ biß nichts mehr im Töpffgen sey. Die überklugen Weiber bedencken aber nicht/ daß erstlich ein gut Theil vom Wasser in das neue Töpffgen krie- che/ und das übrige auff den warmen Ofen bald verdrockene. Wenn sie denn über ein oder zwey Tage ihr eingegossen Bad nicht mehr finden/ ey was wird da für Wunderwerck draus ge- macht/ und muß es das Jüdel haben heraus ge- spielt; da sie doch leicht gedencken könten/ wie es zugegangen sey/ und daß sich auch das Wasser würde verlohren haben/ wenn gleich nicht ein- mahl ein Kind im Hause wäre. Ferner blasen die närrische Leute Eyer aus den Schaalen in des Kindes Brey/ und der Mutter Suppe/ und hencken solche hole Eyer-Schalen samt etlichen Karten-Blettern und andern leichten Sachen mehr/ an des Kindes Wiege mit Zwirn/ daß es fein frey schwebet/ wenn alsdenn die Thür auff- gemacht wird/ oder es gehet und bewegt sich ie- mand in der Stuben/ also/ daß diese am Faden schwebende Sachen durch die Lufft sich regen/ da sagen die Weiber stracks: Man solle nur Ach- tung geben wie das Jüdel mit den Sachen an der
Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Toͤpffgen ſamt einem Qvirlgen gekaufft/ und ſotheuer bezahlet werden/ als es gebotten wird/ darein wird von des Kindes Bade gegoſſen/ und alſo auff den Ofen geſtellet/ damit ſoll das Juͤdel ſpielen/ und das Waſſer heraus fletzſchern/ biß nichts mehr im Toͤpffgen ſey. Die uͤberklugen Weiber bedencken aber nicht/ daß erſtlich ein gut Theil vom Waſſer in das neue Toͤpffgen krie- che/ und das uͤbrige auff den warmen Ofen bald verdrockene. Wenn ſie denn uͤber ein oder zwey Tage ihr eingegoſſen Bad nicht mehr finden/ ey was wird da fuͤr Wunderwerck draus ge- macht/ und muß es das Juͤdel haben heraus ge- ſpielt; da ſie doch leicht gedencken koͤnten/ wie es zugegangen ſey/ und daß ſich auch das Waſſer wuͤrde verlohren haben/ wenn gleich nicht ein- mahl ein Kind im Hauſe waͤre. Ferner blaſen die naͤrriſche Leute Eyer aus den Schaalen in des Kindes Brey/ und der Mutter Suppe/ und hencken ſolche hole Eyer-Schalen ſamt etlichen Karten-Blettern und andern leichten Sachen mehr/ an des Kindes Wiege mit Zwirn/ daß es fein frey ſchwebet/ wenn alsdenn die Thuͤr auff- gemacht wird/ oder es gehet und bewegt ſich ie- mand in der Stuben/ alſo/ daß dieſe am Faden ſchwebende Sachen durch die Lufft ſich regen/ da ſagen die Weiber ſtracks: Man ſolle nur Ach- tung geben wie das Juͤdel mit den Sachen an der
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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Toͤpffgen ſamt einem Qvirlgen gekaufft/ und ſo
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darein wird von des Kindes Bade gegoſſen/ und
alſo auff den Ofen geſtellet/ damit ſoll das Juͤdel
ſpielen/ und das Waſſer heraus fletzſchern/ biß
nichts mehr im Toͤpffgen ſey. Die uͤberklugen
Weiber bedencken aber nicht/ daß erſtlich ein gut
Theil vom Waſſer in das neue Toͤpffgen krie-
che/ und das uͤbrige auff den warmen Ofen bald
verdrockene. Wenn ſie denn uͤber ein oder zwey
Tage ihr eingegoſſen Bad nicht mehr finden/
ey was wird da fuͤr Wunderwerck draus ge-
macht/ und muß es das Juͤdel haben heraus ge-
ſpielt; da ſie doch leicht gedencken koͤnten/ wie
es zugegangen ſey/ und daß ſich auch das Waſſer
wuͤrde verlohren haben/ wenn gleich nicht ein-
mahl ein Kind im Hauſe waͤre. Ferner blaſen
die naͤrriſche Leute Eyer aus den Schaalen in
des Kindes Brey/ und der Mutter Suppe/ und
hencken ſolche hole Eyer-Schalen ſamt etlichen
Karten-Blettern und andern leichten Sachen
mehr/ an des Kindes Wiege mit Zwirn/ daß es
fein frey ſchwebet/ wenn alsdenn die Thuͤr auff-
gemacht wird/ oder es gehet und bewegt ſich ie-
mand in der Stuben/ alſo/ daß dieſe am Faden
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ſagen die Weiber ſtracks: Man ſolle nur Ach-
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