Ueberdieß sind die oben aufgezählten Privat-Be- schäftigungen der Kinder zum Theil mit einer regel- mäßigen Besuchung und Benutzung des öf- fentlichen Gottesdienstes und Schul-Unter- richts unvereinbar, und wegen des Mangels an Aufsicht, welchem die Kinder dabey ausgesezt sind, zum Theil auch in anderer- besonders moralischer Hinsicht von der Art, daß sie zu Beförderung des Zweckes, die Kinder ihrer künftigen Bestimmung ge- mäß zu erziehen und auszubilden, keineswegs geeignet sind. Viele dieser Arbeiten werden zwar unter den Augen und der Aufsicht der Eltern, Dienstherrn etc. verrichtet, bey anderen aber ist das Gegentheil der Fall. So müssen z. B. bey dem Viehhüten die Kin- der, da sie dadurch den ganzen Sommer hindurch al- lem moralischen und intellectuellen Unterrichte, und al- ler ordentlichen Aufsicht entzogen, und auf die Gesell- schaft mit ihrem Vieh beschränkt werden, nothwendig verwildern, und sich, da dieses Hüten nur eine halbe Beschäftigung ist, bey weitem nicht ihre volle Auf- merksamkeit in Anspruch nimmt, und ihnen Zeit genug zu allem möglichen Neben-Unfug übrig läßt, je länger je mehr an den verderblichen Müssiggang, Bettel, und andere Unarten aller Art gewöhnen; -- deßgleichen werden die Kinder durch das Hinausschicken, um Holz zu sammeln und einzubringen, viel zu sehr zu Schul- Versäumnissen verleitet, von eigentlicher Arbeits- und Ordnungsliebe entwöhnt, und zu dem Feld- und Wald- diebstahl, wohl auch zum Verderben fruchtbarer Bäume verleitet; -- ähnliche Nachtheile entstehen aus dem Frohnen und Botengehen der Kinder, und selbst die häuslichen Geschäfte können ihnen, besonders vom
§. 21.
Ueberdieß ſind die oben aufgezaͤhlten Privat-Be- ſchaͤftigungen der Kinder zum Theil mit einer regel- maͤßigen Beſuchung und Benutzung des oͤf- fentlichen Gottesdienſtes und Schul-Unter- richts unvereinbar, und wegen des Mangels an Aufſicht, welchem die Kinder dabey ausgeſezt ſind, zum Theil auch in anderer- beſonders moraliſcher Hinſicht von der Art, daß ſie zu Befoͤrderung des Zweckes, die Kinder ihrer kuͤnftigen Beſtimmung ge- maͤß zu erziehen und auszubilden, keineswegs geeignet ſind. Viele dieſer Arbeiten werden zwar unter den Augen und der Aufſicht der Eltern, Dienſtherrn ꝛc. verrichtet, bey anderen aber iſt das Gegentheil der Fall. So muͤſſen z. B. bey dem Viehhuͤten die Kin- der, da ſie dadurch den ganzen Sommer hindurch al- lem moraliſchen und intellectuellen Unterrichte, und al- ler ordentlichen Aufſicht entzogen, und auf die Geſell- ſchaft mit ihrem Vieh beſchraͤnkt werden, nothwendig verwildern, und ſich, da dieſes Huͤten nur eine halbe Beſchaͤftigung iſt, bey weitem nicht ihre volle Auf- merkſamkeit in Anſpruch nimmt, und ihnen Zeit genug zu allem moͤglichen Neben-Unfug uͤbrig laͤßt, je laͤnger je mehr an den verderblichen Muͤſſiggang, Bettel, und andere Unarten aller Art gewoͤhnen; — deßgleichen werden die Kinder durch das Hinausſchicken, um Holz zu ſammeln und einzubringen, viel zu ſehr zu Schul- Verſaͤumniſſen verleitet, von eigentlicher Arbeits- und Ordnungsliebe entwoͤhnt, und zu dem Feld- und Wald- diebſtahl, wohl auch zum Verderben fruchtbarer Baͤume verleitet; — aͤhnliche Nachtheile entſtehen aus dem Frohnen und Botengehen der Kinder, und ſelbſt die haͤuslichen Geſchaͤfte koͤnnen ihnen, beſonders vom
<TEI><text><body><pbfacs="#f0033"n="23"/><divn="1"><head>§. 21.</head><lb/><p>Ueberdieß ſind die oben aufgezaͤhlten Privat-Be-<lb/>ſchaͤftigungen der Kinder zum Theil mit einer <hirendition="#g">regel-<lb/>
maͤßigen Beſuchung und Benutzung des oͤf-<lb/>
fentlichen Gottesdienſtes und Schul-Unter-<lb/>
richts unvereinbar,</hi> und wegen des <hirendition="#g">Mangels<lb/>
an Aufſicht</hi>, welchem die Kinder dabey ausgeſezt<lb/>ſind, zum Theil auch in anderer- beſonders moraliſcher<lb/>
Hinſicht von der Art, daß ſie zu Befoͤrderung des<lb/>
Zweckes, die Kinder ihrer kuͤnftigen Beſtimmung ge-<lb/>
maͤß zu erziehen und auszubilden, keineswegs geeignet<lb/>ſind. Viele dieſer Arbeiten werden zwar unter den<lb/>
Augen und der Aufſicht der Eltern, Dienſtherrn ꝛc.<lb/>
verrichtet, bey anderen aber iſt das Gegentheil der<lb/>
Fall. So muͤſſen z. B. bey dem Viehhuͤten die Kin-<lb/>
der, da ſie dadurch den ganzen Sommer hindurch al-<lb/>
lem moraliſchen und intellectuellen Unterrichte, und al-<lb/>
ler ordentlichen Aufſicht entzogen, und auf die Geſell-<lb/>ſchaft mit ihrem Vieh beſchraͤnkt werden, nothwendig<lb/>
verwildern, und ſich, da dieſes Huͤten nur eine halbe<lb/>
Beſchaͤftigung iſt, bey weitem nicht ihre volle Auf-<lb/>
merkſamkeit in Anſpruch nimmt, und ihnen Zeit genug<lb/>
zu allem moͤglichen Neben-Unfug uͤbrig laͤßt, je laͤnger<lb/>
je mehr an den verderblichen Muͤſſiggang, Bettel, und<lb/>
andere Unarten aller Art gewoͤhnen; — deßgleichen<lb/>
werden die Kinder durch das Hinausſchicken, um Holz<lb/>
zu ſammeln und einzubringen, viel zu ſehr zu Schul-<lb/>
Verſaͤumniſſen verleitet, von eigentlicher Arbeits- und<lb/>
Ordnungsliebe entwoͤhnt, und zu dem Feld- und Wald-<lb/>
diebſtahl, wohl auch zum Verderben fruchtbarer Baͤume<lb/>
verleitet; — aͤhnliche Nachtheile entſtehen aus dem<lb/>
Frohnen und Botengehen der Kinder, und ſelbſt die<lb/>
haͤuslichen Geſchaͤfte koͤnnen ihnen, beſonders vom<lb/></p></div></body></text></TEI>
[23/0033]
§. 21.
Ueberdieß ſind die oben aufgezaͤhlten Privat-Be-
ſchaͤftigungen der Kinder zum Theil mit einer regel-
maͤßigen Beſuchung und Benutzung des oͤf-
fentlichen Gottesdienſtes und Schul-Unter-
richts unvereinbar, und wegen des Mangels
an Aufſicht, welchem die Kinder dabey ausgeſezt
ſind, zum Theil auch in anderer- beſonders moraliſcher
Hinſicht von der Art, daß ſie zu Befoͤrderung des
Zweckes, die Kinder ihrer kuͤnftigen Beſtimmung ge-
maͤß zu erziehen und auszubilden, keineswegs geeignet
ſind. Viele dieſer Arbeiten werden zwar unter den
Augen und der Aufſicht der Eltern, Dienſtherrn ꝛc.
verrichtet, bey anderen aber iſt das Gegentheil der
Fall. So muͤſſen z. B. bey dem Viehhuͤten die Kin-
der, da ſie dadurch den ganzen Sommer hindurch al-
lem moraliſchen und intellectuellen Unterrichte, und al-
ler ordentlichen Aufſicht entzogen, und auf die Geſell-
ſchaft mit ihrem Vieh beſchraͤnkt werden, nothwendig
verwildern, und ſich, da dieſes Huͤten nur eine halbe
Beſchaͤftigung iſt, bey weitem nicht ihre volle Auf-
merkſamkeit in Anſpruch nimmt, und ihnen Zeit genug
zu allem moͤglichen Neben-Unfug uͤbrig laͤßt, je laͤnger
je mehr an den verderblichen Muͤſſiggang, Bettel, und
andere Unarten aller Art gewoͤhnen; — deßgleichen
werden die Kinder durch das Hinausſchicken, um Holz
zu ſammeln und einzubringen, viel zu ſehr zu Schul-
Verſaͤumniſſen verleitet, von eigentlicher Arbeits- und
Ordnungsliebe entwoͤhnt, und zu dem Feld- und Wald-
diebſtahl, wohl auch zum Verderben fruchtbarer Baͤume
verleitet; — aͤhnliche Nachtheile entſtehen aus dem
Frohnen und Botengehen der Kinder, und ſelbſt die
haͤuslichen Geſchaͤfte koͤnnen ihnen, beſonders vom
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidlin_kinderindustrie_1821/33>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.