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Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821.

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§. 18.

Als Verbesserung dieser Einrichtung ist zwar vor-
geschlagen worden, jeder Ort von einigem Belang sollte
in gewisse Bezirke, zu ungefähr 15 bis 20 Fami-
lien auf jeden, abgetheilt, und einem gutge-
sinnten Hausvater daraus
, der einiges Ansehen
hätte, die Aufsicht über sämmtliche Arme eines sol-
chen Bezirks übergeben werden; zur Erleichterung
sollten diese Bezirks-Aufseher abwechseln, und etwa, so
lange sie in Function wären; personalfrey seyn. -- An
anderen Orten ist den Ortsvorstehern, Schul-
lehrern,
und Policeydienern eine solche Aufsicht
zur besonderen Pflicht gemacht; -- und wieder an an-
deren Orten, besonders in solchen, welche eine bedeu-
tende Anzahl armer Kinder haben, sind eigene Auf-
seher
für die armen Kinder aufgestellt. -- Allein auch
diese Aufseher, wozu ohnehin oft schwer ganz taugliche
Männer zu finden seyn dürften, würden wohl aus ähn-
lichen Gründen, wie die Kirchen-Convente und Local-
leitungen, gewöhnlich zu schüchtern seyn, ihren Beruf
gehörig zu erfüllen, besonders wenn nicht zugleich der
geistliche und weltliche Ortsvorsteher, mit welchen sie
ohnehin in beständiger Communication stehen müßten,
thätig eingriffen, und sie mit Kraft und Beharrlichkeit
in ihrem Berufe unterstützten. -- Jn vielen Orten
wohnt aber nicht einmal ein Geistlicher, und mancher
Geistliche hat selbst nicht guten Willen, Kraft und Ge-
schicklichkeit genug, um sich einem Geschäfte zu unter-
ziehen, von dem er keine andere Belohnung, als das
Bewußtseyn treuer Berufs-Erfüllung vor sich sieht. Es
gibt zwar auch recht viele würdige Geistliche, welche
ihrem erhabenen Berufe folgend, mit Einsicht, Muth,
und Kraft diesem edeln Zwecke nachstreben würden,

§. 18.

Als Verbeſſerung dieſer Einrichtung iſt zwar vor-
geſchlagen worden, jeder Ort von einigem Belang ſollte
in gewiſſe Bezirke, zu ungefaͤhr 15 bis 20 Fami-
lien auf jeden, abgetheilt, und einem gutge-
ſinnten Hausvater daraus
, der einiges Anſehen
haͤtte, die Aufſicht uͤber ſaͤmmtliche Arme eines ſol-
chen Bezirks uͤbergeben werden; zur Erleichterung
ſollten dieſe Bezirks-Aufſeher abwechſeln, und etwa, ſo
lange ſie in Function waͤren; perſonalfrey ſeyn. — An
anderen Orten iſt den Ortsvorſtehern, Schul-
lehrern,
und Policeydienern eine ſolche Aufſicht
zur beſonderen Pflicht gemacht; — und wieder an an-
deren Orten, beſonders in ſolchen, welche eine bedeu-
tende Anzahl armer Kinder haben, ſind eigene Auf-
ſeher
fuͤr die armen Kinder aufgeſtellt. — Allein auch
dieſe Aufſeher, wozu ohnehin oft ſchwer ganz taugliche
Maͤnner zu finden ſeyn duͤrften, wuͤrden wohl aus aͤhn-
lichen Gruͤnden, wie die Kirchen-Convente und Local-
leitungen, gewoͤhnlich zu ſchuͤchtern ſeyn, ihren Beruf
gehoͤrig zu erfuͤllen, beſonders wenn nicht zugleich der
geiſtliche und weltliche Ortsvorſteher, mit welchen ſie
ohnehin in beſtaͤndiger Communication ſtehen muͤßten,
thaͤtig eingriffen, und ſie mit Kraft und Beharrlichkeit
in ihrem Berufe unterſtuͤtzten. — Jn vielen Orten
wohnt aber nicht einmal ein Geiſtlicher, und mancher
Geiſtliche hat ſelbſt nicht guten Willen, Kraft und Ge-
ſchicklichkeit genug, um ſich einem Geſchaͤfte zu unter-
ziehen, von dem er keine andere Belohnung, als das
Bewußtſeyn treuer Berufs-Erfuͤllung vor ſich ſieht. Es
gibt zwar auch recht viele wuͤrdige Geiſtliche, welche
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[18/0028] §. 18. Als Verbeſſerung dieſer Einrichtung iſt zwar vor- geſchlagen worden, jeder Ort von einigem Belang ſollte in gewiſſe Bezirke, zu ungefaͤhr 15 bis 20 Fami- lien auf jeden, abgetheilt, und einem gutge- ſinnten Hausvater daraus, der einiges Anſehen haͤtte, die Aufſicht uͤber ſaͤmmtliche Arme eines ſol- chen Bezirks uͤbergeben werden; zur Erleichterung ſollten dieſe Bezirks-Aufſeher abwechſeln, und etwa, ſo lange ſie in Function waͤren; perſonalfrey ſeyn. — An anderen Orten iſt den Ortsvorſtehern, Schul- lehrern, und Policeydienern eine ſolche Aufſicht zur beſonderen Pflicht gemacht; — und wieder an an- deren Orten, beſonders in ſolchen, welche eine bedeu- tende Anzahl armer Kinder haben, ſind eigene Auf- ſeher fuͤr die armen Kinder aufgeſtellt. — Allein auch dieſe Aufſeher, wozu ohnehin oft ſchwer ganz taugliche Maͤnner zu finden ſeyn duͤrften, wuͤrden wohl aus aͤhn- lichen Gruͤnden, wie die Kirchen-Convente und Local- leitungen, gewoͤhnlich zu ſchuͤchtern ſeyn, ihren Beruf gehoͤrig zu erfuͤllen, beſonders wenn nicht zugleich der geiſtliche und weltliche Ortsvorſteher, mit welchen ſie ohnehin in beſtaͤndiger Communication ſtehen muͤßten, thaͤtig eingriffen, und ſie mit Kraft und Beharrlichkeit in ihrem Berufe unterſtuͤtzten. — Jn vielen Orten wohnt aber nicht einmal ein Geiſtlicher, und mancher Geiſtliche hat ſelbſt nicht guten Willen, Kraft und Ge- ſchicklichkeit genug, um ſich einem Geſchaͤfte zu unter- ziehen, von dem er keine andere Belohnung, als das Bewußtſeyn treuer Berufs-Erfuͤllung vor ſich ſieht. Es gibt zwar auch recht viele wuͤrdige Geiſtliche, welche ihrem erhabenen Berufe folgend, mit Einſicht, Muth, und Kraft dieſem edeln Zwecke nachſtreben wuͤrden,

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Zitationshilfe: Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidlin_kinderindustrie_1821/28>, abgerufen am 20.04.2024.