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Schmid, Hermann: Mohrenfranzl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 88–178. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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aber sie brach plötzlich wieder ab, denn Hanney, dem schon beim bloßen Heraustreten Hören und Sehen vergangen war, hatte die Arme erkannt, wie sie nur den ersten Schritt vorwärts machte. Franzel! rief er, Franzel! mit überlauter Stimme, unbekümmert um all die Türkenköpfe, die sich nach ihm umwendeten und über die Störung zürnten. Franzel stand bei dem Rufe eine Secunde wie vesteinert; sie ließ dann die Kugeln auf die Bühne fallen und starrte, die zitternden Arme weit vorstreckend, nach dem Orte, woher der Laut gekommen war. Franzel! rief es wieder ... sie fand ihn aus; sie erkannte unter den Türken die liebe Tracht der Heimath . . . Hanney! rief sie entgegen und war mit Einem Sprunge über die Bühne herab und über die verblüfften Musikanten und Zuschauer weg. Nichts hielt sie zurück, und im nächsten Momente hing sie ausgelöst in Thränen und unfähig eines Wortes am Herzen des Jugendfreundes.

Ein unbeschreiblicher Tumult brach los; die Türken kreischten und drängten auf das Paar ein und fluchten, diesen unverständlich, über die Störung des Schauspiels, dessen Fortsetzung sie ungestüm verlangten. Auch der "Director" der Bude, der Mann im rothen Rock, kam heran, fluchte und wetterte und wollte Franzel mit sich fortreißen. Sie aber klammerte sich fest an den Freund und rief: Laß mich nicht los, Hanney, rief sie, um Gotteswillen -- laß mich nicht wieder zu den schrecklichen Menschen! Ich will thun, was

aber sie brach plötzlich wieder ab, denn Hanney, dem schon beim bloßen Heraustreten Hören und Sehen vergangen war, hatte die Arme erkannt, wie sie nur den ersten Schritt vorwärts machte. Franzel! rief er, Franzel! mit überlauter Stimme, unbekümmert um all die Türkenköpfe, die sich nach ihm umwendeten und über die Störung zürnten. Franzel stand bei dem Rufe eine Secunde wie vesteinert; sie ließ dann die Kugeln auf die Bühne fallen und starrte, die zitternden Arme weit vorstreckend, nach dem Orte, woher der Laut gekommen war. Franzel! rief es wieder ... sie fand ihn aus; sie erkannte unter den Türken die liebe Tracht der Heimath . . . Hanney! rief sie entgegen und war mit Einem Sprunge über die Bühne herab und über die verblüfften Musikanten und Zuschauer weg. Nichts hielt sie zurück, und im nächsten Momente hing sie ausgelöst in Thränen und unfähig eines Wortes am Herzen des Jugendfreundes.

Ein unbeschreiblicher Tumult brach los; die Türken kreischten und drängten auf das Paar ein und fluchten, diesen unverständlich, über die Störung des Schauspiels, dessen Fortsetzung sie ungestüm verlangten. Auch der „Director“ der Bude, der Mann im rothen Rock, kam heran, fluchte und wetterte und wollte Franzel mit sich fortreißen. Sie aber klammerte sich fest an den Freund und rief: Laß mich nicht los, Hanney, rief sie, um Gotteswillen — laß mich nicht wieder zu den schrecklichen Menschen! Ich will thun, was

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T11:20:55Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T11:20:55Z)

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Zitationshilfe: Schmid, Hermann: Mohrenfranzl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 88–178. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_mohrenfranzl_1910/86>, abgerufen am 22.11.2024.