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Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

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baustelle trojas.
von Troja noch in der Umgegend eine andere Stelle
gibt, welche im entferntesten denselben angepasst werden
könnte. Die Höhen von Bunarbaschi, als Baustelle
Trojas angesehen, widersprechen in jeglicher Hinsicht
allen Angaben Homer's und der Tradition. Meine Aus-
grabungen oberhalb Bunarbaschi sowie die Form der
Felsen beweisen, dass jene Höhen bis zu den drei Hel-
dengräbern nie von Menschen bewohnt sein können.
Wie bereits früher erwähnt, findet man hinter jenen
Gräbern die Trümmer einer ganz kleinen Stadt, deren
an zwei Seiten durch die Trümmer einer Ringmauer
und an den übrigen Seiten durch Abgründe umschlos-
sene Baustelle so geringfügig ist, dass sie nur aller-
höchstens 2000 Einwohner gehabt haben kann; die Ring-
mauer ihrer kleinen Akropolis ist kaum 1 Fuss dick
und deren Thor kaum 1 Meter breit, während dort die
Schuttaufhäufung nicht der Rede werth ist und man
auf vielen Stellen im Boden der Akropolis den nackten,
platten Felsen sieht. Hier in Ilium dagegen sind die
Verhältnisse ganz anders; hier ist die durch Lysimachos'
Ringmauern genau angegebene Baustelle der Stadt
gross genug für eine Bevölkerung von über 100000
Seelen, und dass eine solche Einwohnerzahl wirklich da
war, davon zeugt die 60 Meter oder 200 Fuss breite
Scene des Theaters. Hier ist die von Lysimachos ge-
baute Ringmauer 2 Meter dick, während in grosser
Tiefe unter ihr die vom Thurm auslaufende Mauer
eine fünfmal grössere Dicke zu haben scheint, und ge-
wiss hat Homer den Bau von Trojas Mauern nur wegen
ihrer kolossalen Proportionen dem Poseidon und Apollo
zugeschrieben. Was nun gar die Schuttaufhäufung

baustelle trojas.
von Troja noch in der Umgegend eine andere Stelle
gibt, welche im entferntesten denselben angepasst werden
könnte. Die Höhen von Bunarbaschi, als Baustelle
Trojas angesehen, widersprechen in jeglicher Hinsicht
allen Angaben Homer’s und der Tradition. Meine Aus-
grabungen oberhalb Bunarbaschi sowie die Form der
Felsen beweisen, dass jene Höhen bis zu den drei Hel-
dengräbern nie von Menschen bewohnt sein können.
Wie bereits früher erwähnt, findet man hinter jenen
Gräbern die Trümmer einer ganz kleinen Stadt, deren
an zwei Seiten durch die Trümmer einer Ringmauer
und an den übrigen Seiten durch Abgründe umschlos-
sene Baustelle so geringfügig ist, dass sie nur aller-
höchstens 2000 Einwohner gehabt haben kann; die Ring-
mauer ihrer kleinen Akropolis ist kaum 1 Fuss dick
und deren Thor kaum 1 Meter breit, während dort die
Schuttaufhäufung nicht der Rede werth ist und man
auf vielen Stellen im Boden der Akropolis den nackten,
platten Felsen sieht. Hier in Ilium dagegen sind die
Verhältnisse ganz anders; hier ist die durch Lysimachos’
Ringmauern genau angegebene Baustelle der Stadt
gross genug für eine Bevölkerung von über 100000
Seelen, und dass eine solche Einwohnerzahl wirklich da
war, davon zeugt die 60 Meter oder 200 Fuss breite
Scene des Theaters. Hier ist die von Lysimachos ge-
baute Ringmauer 2 Meter dick, während in grosser
Tiefe unter ihr die vom Thurm auslaufende Mauer
eine fünfmal grössere Dicke zu haben scheint, und ge-
wiss hat Homer den Bau von Trojas Mauern nur wegen
ihrer kolossalen Proportionen dem Poseidon und Apollo
zugeschrieben. Was nun gar die Schuttaufhäufung

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[176/0242] baustelle trojas. von Troja noch in der Umgegend eine andere Stelle gibt, welche im entferntesten denselben angepasst werden könnte. Die Höhen von Bunarbaschi, als Baustelle Trojas angesehen, widersprechen in jeglicher Hinsicht allen Angaben Homer’s und der Tradition. Meine Aus- grabungen oberhalb Bunarbaschi sowie die Form der Felsen beweisen, dass jene Höhen bis zu den drei Hel- dengräbern nie von Menschen bewohnt sein können. Wie bereits früher erwähnt, findet man hinter jenen Gräbern die Trümmer einer ganz kleinen Stadt, deren an zwei Seiten durch die Trümmer einer Ringmauer und an den übrigen Seiten durch Abgründe umschlos- sene Baustelle so geringfügig ist, dass sie nur aller- höchstens 2000 Einwohner gehabt haben kann; die Ring- mauer ihrer kleinen Akropolis ist kaum 1 Fuss dick und deren Thor kaum 1 Meter breit, während dort die Schuttaufhäufung nicht der Rede werth ist und man auf vielen Stellen im Boden der Akropolis den nackten, platten Felsen sieht. Hier in Ilium dagegen sind die Verhältnisse ganz anders; hier ist die durch Lysimachos’ Ringmauern genau angegebene Baustelle der Stadt gross genug für eine Bevölkerung von über 100000 Seelen, und dass eine solche Einwohnerzahl wirklich da war, davon zeugt die 60 Meter oder 200 Fuss breite Scene des Theaters. Hier ist die von Lysimachos ge- baute Ringmauer 2 Meter dick, während in grosser Tiefe unter ihr die vom Thurm auslaufende Mauer eine fünfmal grössere Dicke zu haben scheint, und ge- wiss hat Homer den Bau von Trojas Mauern nur wegen ihrer kolossalen Proportionen dem Poseidon und Apollo zugeschrieben. Was nun gar die Schuttaufhäufung

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Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/242>, abgerufen am 28.04.2024.