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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848.

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hervorrufen. (Taf. I. Fig. 2, 13 c.). -- Die prachtvolle Farbe
des Indigo ist nichts weiter als eine eigenthümliche Modification
dieses grünen Farbestoffs, welche sich besonders in den Indigoarten
(Indigofera tinctoria und anil), in dem Waid (Isatis tinctoria) und
im Färbeknötreich (Polygonum tinctorium) bildet.

In einigen Zellen finden wir höchst zierliche Krystalle ent-
weder einzeln oder als nadelförmige Krystalle in Bündeln verei-
nigt, oder zu mehreren in eine kleine Krystalldruse zusammengrup-
pirt (Taf. II. Fig. 1).

Interessanter aber für den Menschen ist derjenige Inhalt der
Pflanzenzellen, welcher ihm als nothwendige Nahrung, als wohl-
thuende Erquickung oder als anregendes Gewürz dient, und nicht
minder wichtig sind auch diejenigen Stoffe, welche dem kranken Or-
ganismus dargeboten, wieder die Fähigkeit herbeiführen der reichen
Gaben einer schöpferischen Natur auf's Neue ungestört sich freuen zu
können. -- Dieses Feld der Betrachtung ist außerordentlich ausge-
dehnt, aber noch lange nicht genügend angebaut; indeß zu einem inter-
essanten Gesetz haben die bisherigen Forschungen schon geführt, daß
nämlich Pflanzen, welche in ihren äußeren Formen nahe verwandt
sind, auch in ihren gleichnamigen Organen gleiche oder doch nahe
verwandte Stoffe erhalten. So giebt es ganze Pflanzenfamilien
in denen alle Pflanzen bald mehr bald weniger giftig sind wie die
Nachtschattenpflanzen, die Verwandten unserer Kartoffel und unseres
Tabaks, und wieder andere die durchweg fade, geschmacklos und
ohne irgend eigenthümliche Stoffe sind wie z. B. die Verwandten
unserer Gartennelken. Es würde hier zu weit führen alle einzelnen
Stoffe und ihr Vorkommen in der Pflanzenwelt durchzugehen und
es mag daher an einigen allgemeinen Bemerkungen und der genauen
Betrachtung einiger besonders interessanter Stoffe genügen.

Alle in den Pflanzenzellen vorkommenden Substanzen sind ent-
weder im Wasser auflöslich oder nicht. Im ersten Falle giebt uns das
Microscop keinen Aufschluß über dieselben, da sie im wässrigen Zell-
saft verschwinden, nur die Chemie kann dann ihre Gegenwart nach-

hervorrufen. (Taf. I. Fig. 2, 13 c.). — Die prachtvolle Farbe
des Indigo iſt nichts weiter als eine eigenthümliche Modification
dieſes grünen Farbeſtoffs, welche ſich beſonders in den Indigoarten
(Indigofera tinctoria und anil), in dem Waid (Isatis tinctoria) und
im Färbeknötreich (Polygonum tinctorium) bildet.

In einigen Zellen finden wir höchſt zierliche Kryſtalle ent-
weder einzeln oder als nadelförmige Kryſtalle in Bündeln verei-
nigt, oder zu mehreren in eine kleine Kryſtalldruſe zuſammengrup-
pirt (Taf. II. Fig. 1).

Intereſſanter aber für den Menſchen iſt derjenige Inhalt der
Pflanzenzellen, welcher ihm als nothwendige Nahrung, als wohl-
thuende Erquickung oder als anregendes Gewürz dient, und nicht
minder wichtig ſind auch diejenigen Stoffe, welche dem kranken Or-
ganismus dargeboten, wieder die Fähigkeit herbeiführen der reichen
Gaben einer ſchöpferiſchen Natur auf's Neue ungeſtört ſich freuen zu
können. — Dieſes Feld der Betrachtung iſt außerordentlich ausge-
dehnt, aber noch lange nicht genügend angebaut; indeß zu einem inter-
eſſanten Geſetz haben die bisherigen Forſchungen ſchon geführt, daß
nämlich Pflanzen, welche in ihren äußeren Formen nahe verwandt
ſind, auch in ihren gleichnamigen Organen gleiche oder doch nahe
verwandte Stoffe erhalten. So giebt es ganze Pflanzenfamilien
in denen alle Pflanzen bald mehr bald weniger giftig ſind wie die
Nachtſchattenpflanzen, die Verwandten unſerer Kartoffel und unſeres
Tabaks, und wieder andere die durchweg fade, geſchmacklos und
ohne irgend eigenthümliche Stoffe ſind wie z. B. die Verwandten
unſerer Gartennelken. Es würde hier zu weit führen alle einzelnen
Stoffe und ihr Vorkommen in der Pflanzenwelt durchzugehen und
es mag daher an einigen allgemeinen Bemerkungen und der genauen
Betrachtung einiger beſonders intereſſanter Stoffe genügen.

Alle in den Pflanzenzellen vorkommenden Subſtanzen ſind ent-
weder im Waſſer auflöslich oder nicht. Im erſten Falle giebt uns das
Microſcop keinen Aufſchluß über dieſelben, da ſie im wäſſrigen Zell-
ſaft verſchwinden, nur die Chemie kann dann ihre Gegenwart nach-

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[48/0064] hervorrufen. (Taf. I. Fig. 2, 13 c.). — Die prachtvolle Farbe des Indigo iſt nichts weiter als eine eigenthümliche Modification dieſes grünen Farbeſtoffs, welche ſich beſonders in den Indigoarten (Indigofera tinctoria und anil), in dem Waid (Isatis tinctoria) und im Färbeknötreich (Polygonum tinctorium) bildet. In einigen Zellen finden wir höchſt zierliche Kryſtalle ent- weder einzeln oder als nadelförmige Kryſtalle in Bündeln verei- nigt, oder zu mehreren in eine kleine Kryſtalldruſe zuſammengrup- pirt (Taf. II. Fig. 1). Intereſſanter aber für den Menſchen iſt derjenige Inhalt der Pflanzenzellen, welcher ihm als nothwendige Nahrung, als wohl- thuende Erquickung oder als anregendes Gewürz dient, und nicht minder wichtig ſind auch diejenigen Stoffe, welche dem kranken Or- ganismus dargeboten, wieder die Fähigkeit herbeiführen der reichen Gaben einer ſchöpferiſchen Natur auf's Neue ungeſtört ſich freuen zu können. — Dieſes Feld der Betrachtung iſt außerordentlich ausge- dehnt, aber noch lange nicht genügend angebaut; indeß zu einem inter- eſſanten Geſetz haben die bisherigen Forſchungen ſchon geführt, daß nämlich Pflanzen, welche in ihren äußeren Formen nahe verwandt ſind, auch in ihren gleichnamigen Organen gleiche oder doch nahe verwandte Stoffe erhalten. So giebt es ganze Pflanzenfamilien in denen alle Pflanzen bald mehr bald weniger giftig ſind wie die Nachtſchattenpflanzen, die Verwandten unſerer Kartoffel und unſeres Tabaks, und wieder andere die durchweg fade, geſchmacklos und ohne irgend eigenthümliche Stoffe ſind wie z. B. die Verwandten unſerer Gartennelken. Es würde hier zu weit führen alle einzelnen Stoffe und ihr Vorkommen in der Pflanzenwelt durchzugehen und es mag daher an einigen allgemeinen Bemerkungen und der genauen Betrachtung einiger beſonders intereſſanter Stoffe genügen. Alle in den Pflanzenzellen vorkommenden Subſtanzen ſind ent- weder im Waſſer auflöslich oder nicht. Im erſten Falle giebt uns das Microſcop keinen Aufſchluß über dieſelben, da ſie im wäſſrigen Zell- ſaft verſchwinden, nur die Chemie kann dann ihre Gegenwart nach-

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Zitationshilfe: Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/64>, abgerufen am 04.05.2024.