vermehrt, so bilden sich aus demselben in ihr mehrere neue Zellen, Tochterzellen; sie pflanzt sich fort und in der Regel wird dann die Mutterzelle allmälig aufgelöst und verschwindet und 2, 4, 8 und mehr junge von ihr gezeugte Zellen treten an ihre Stelle. -- Der ganze Vorgang, den wir bei den Pflanzen Wachsen nennen, besteht eben in seiner wesentlichen Grundlage aus einer solchen fortwährenden Fortpflanzung der Zellen, wodurch die Zahl der Zellen bis ins Un- glaubliche und Unzählbare vermehrt wird. Nach einer annäherungs- weise angestellten Berechnung bilden sich zum Beispiel an einem sehr schnell wachsenden Pilze, dem Riesenbovist (bovista gigantea), in jeder Minute 20,000 neuer Zellen.
Aber so zierlich auch die oben erwähnten Formen der Zellen sich unterm Microscop ausnehmen mögen, so interessant auch die Aufgabe für den Botaniker ist, die Gesetze zu erforschen, von denen die Bildung dieser zahllosen Verschiedenheiten abhängt, so haben sie doch zur Zeit für uns noch gar keine Bedeutung, wenn wir von dem Leben der ganzen Pflanze reden wollen und wir müssen hier, alle jene Unter- schiede völlig übersehend, ganz andere Abtheilungen des Gewebes der Pflanzen aufzustellen suchen, die zum Theil gar nicht, zum Theil nur sehr durchschnittlich mit bestimmten Zellenformen zusammenfallen.
Jede noch in der Bildung begriffene Pflanze und jeder noch un- entwickelte Pflanzentheil besteht ausschließlich aus kleinen, zarten, rund- lichen Zellen. So verschieden sich auch dies Zellgewebe im Einzelnen später modificiren mag so sind es doch nur zwei Portionen, welche sich durch ihre spätere Entwicklung und ihre Bedeutung für das ganze Pflanzenleben, wesentlich von jener Grundmasse, die auch späterhin in ausgebildetem Zustande das Hauptgewebe der Pflanzen bildet, unterscheiden. Die Eine ist die ganze äußere Zellenschicht der Pflanze, welche sich in Berührung mit Wasser oder Erde, besonders aber der Luft ausgesetzt entwickelt. Diese Zellen schließen sich so fest aneinander, daß man sie meistens als eine zusammenhängende Haut von der Pflanze abziehen kann. -- Sie bedeckt sich früher oder später mit einer dicken oder dünnen Schicht einer gleichartigen Substanz, welche
vermehrt, ſo bilden ſich aus demſelben in ihr mehrere neue Zellen, Tochterzellen; ſie pflanzt ſich fort und in der Regel wird dann die Mutterzelle allmälig aufgelöſt und verſchwindet und 2, 4, 8 und mehr junge von ihr gezeugte Zellen treten an ihre Stelle. — Der ganze Vorgang, den wir bei den Pflanzen Wachſen nennen, beſteht eben in ſeiner weſentlichen Grundlage aus einer ſolchen fortwährenden Fortpflanzung der Zellen, wodurch die Zahl der Zellen bis ins Un- glaubliche und Unzählbare vermehrt wird. Nach einer annäherungs- weiſe angeſtellten Berechnung bilden ſich zum Beiſpiel an einem ſehr ſchnell wachſenden Pilze, dem Rieſenboviſt (bovista gigantea), in jeder Minute 20,000 neuer Zellen.
Aber ſo zierlich auch die oben erwähnten Formen der Zellen ſich unterm Microſcop ausnehmen mögen, ſo intereſſant auch die Aufgabe für den Botaniker iſt, die Geſetze zu erforſchen, von denen die Bildung dieſer zahlloſen Verſchiedenheiten abhängt, ſo haben ſie doch zur Zeit für uns noch gar keine Bedeutung, wenn wir von dem Leben der ganzen Pflanze reden wollen und wir müſſen hier, alle jene Unter- ſchiede völlig überſehend, ganz andere Abtheilungen des Gewebes der Pflanzen aufzuſtellen ſuchen, die zum Theil gar nicht, zum Theil nur ſehr durchſchnittlich mit beſtimmten Zellenformen zuſammenfallen.
Jede noch in der Bildung begriffene Pflanze und jeder noch un- entwickelte Pflanzentheil beſteht ausſchließlich aus kleinen, zarten, rund- lichen Zellen. So verſchieden ſich auch dies Zellgewebe im Einzelnen ſpäter modificiren mag ſo ſind es doch nur zwei Portionen, welche ſich durch ihre ſpätere Entwicklung und ihre Bedeutung für das ganze Pflanzenleben, weſentlich von jener Grundmaſſe, die auch ſpäterhin in ausgebildetem Zuſtande das Hauptgewebe der Pflanzen bildet, unterſcheiden. Die Eine iſt die ganze äußere Zellenſchicht der Pflanze, welche ſich in Berührung mit Waſſer oder Erde, beſonders aber der Luft ausgeſetzt entwickelt. Dieſe Zellen ſchließen ſich ſo feſt aneinander, daß man ſie meiſtens als eine zuſammenhängende Haut von der Pflanze abziehen kann. — Sie bedeckt ſich früher oder ſpäter mit einer dicken oder dünnen Schicht einer gleichartigen Subſtanz, welche
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0059"n="43"/>
vermehrt, ſo bilden ſich aus demſelben in ihr mehrere neue Zellen,<lb/>
Tochterzellen; ſie pflanzt ſich fort und in der Regel wird dann die<lb/>
Mutterzelle allmälig aufgelöſt und verſchwindet und 2, 4, 8 und mehr<lb/>
junge von ihr gezeugte Zellen treten an ihre Stelle. — Der ganze<lb/>
Vorgang, den wir bei den Pflanzen Wachſen nennen, beſteht eben<lb/>
in ſeiner weſentlichen Grundlage aus einer ſolchen fortwährenden<lb/>
Fortpflanzung der Zellen, wodurch die Zahl der Zellen bis ins Un-<lb/>
glaubliche und Unzählbare vermehrt wird. Nach einer annäherungs-<lb/>
weiſe angeſtellten Berechnung bilden ſich zum Beiſpiel an einem ſehr<lb/>ſchnell wachſenden Pilze, dem Rieſenboviſt <hirendition="#aq">(bovista gigantea)</hi>, in<lb/>
jeder Minute 20,000 neuer Zellen.</p><lb/><p>Aber ſo zierlich auch die oben erwähnten Formen der Zellen ſich<lb/>
unterm Microſcop ausnehmen mögen, ſo intereſſant auch die Aufgabe<lb/>
für den Botaniker iſt, die Geſetze zu erforſchen, von denen die Bildung<lb/>
dieſer zahlloſen Verſchiedenheiten abhängt, ſo haben ſie doch zur Zeit<lb/>
für uns noch gar keine Bedeutung, wenn wir von dem Leben der<lb/>
ganzen Pflanze reden wollen und wir müſſen hier, alle jene Unter-<lb/>ſchiede völlig überſehend, ganz andere Abtheilungen des Gewebes der<lb/>
Pflanzen aufzuſtellen ſuchen, die zum Theil gar nicht, zum Theil nur<lb/>ſehr durchſchnittlich mit beſtimmten Zellenformen zuſammenfallen.</p><lb/><p>Jede noch in der Bildung begriffene Pflanze und jeder noch un-<lb/>
entwickelte Pflanzentheil beſteht ausſchließlich aus kleinen, zarten, rund-<lb/>
lichen Zellen. So verſchieden ſich auch dies Zellgewebe im Einzelnen<lb/>ſpäter modificiren mag ſo ſind es doch nur zwei Portionen, welche ſich<lb/>
durch ihre ſpätere Entwicklung und ihre Bedeutung für das ganze<lb/>
Pflanzenleben, weſentlich von jener Grundmaſſe, die auch ſpäterhin<lb/>
in ausgebildetem Zuſtande das Hauptgewebe der Pflanzen bildet,<lb/>
unterſcheiden. Die Eine iſt die ganze äußere Zellenſchicht der Pflanze,<lb/>
welche ſich in Berührung mit Waſſer oder Erde, beſonders aber der<lb/>
Luft ausgeſetzt entwickelt. Dieſe Zellen ſchließen ſich ſo feſt aneinander,<lb/>
daß man ſie meiſtens als eine zuſammenhängende Haut von der<lb/>
Pflanze abziehen kann. — Sie bedeckt ſich früher oder ſpäter mit einer<lb/>
dicken oder dünnen Schicht einer gleichartigen Subſtanz, welche<lb/></p></div></body></text></TEI>
[43/0059]
vermehrt, ſo bilden ſich aus demſelben in ihr mehrere neue Zellen,
Tochterzellen; ſie pflanzt ſich fort und in der Regel wird dann die
Mutterzelle allmälig aufgelöſt und verſchwindet und 2, 4, 8 und mehr
junge von ihr gezeugte Zellen treten an ihre Stelle. — Der ganze
Vorgang, den wir bei den Pflanzen Wachſen nennen, beſteht eben
in ſeiner weſentlichen Grundlage aus einer ſolchen fortwährenden
Fortpflanzung der Zellen, wodurch die Zahl der Zellen bis ins Un-
glaubliche und Unzählbare vermehrt wird. Nach einer annäherungs-
weiſe angeſtellten Berechnung bilden ſich zum Beiſpiel an einem ſehr
ſchnell wachſenden Pilze, dem Rieſenboviſt (bovista gigantea), in
jeder Minute 20,000 neuer Zellen.
Aber ſo zierlich auch die oben erwähnten Formen der Zellen ſich
unterm Microſcop ausnehmen mögen, ſo intereſſant auch die Aufgabe
für den Botaniker iſt, die Geſetze zu erforſchen, von denen die Bildung
dieſer zahlloſen Verſchiedenheiten abhängt, ſo haben ſie doch zur Zeit
für uns noch gar keine Bedeutung, wenn wir von dem Leben der
ganzen Pflanze reden wollen und wir müſſen hier, alle jene Unter-
ſchiede völlig überſehend, ganz andere Abtheilungen des Gewebes der
Pflanzen aufzuſtellen ſuchen, die zum Theil gar nicht, zum Theil nur
ſehr durchſchnittlich mit beſtimmten Zellenformen zuſammenfallen.
Jede noch in der Bildung begriffene Pflanze und jeder noch un-
entwickelte Pflanzentheil beſteht ausſchließlich aus kleinen, zarten, rund-
lichen Zellen. So verſchieden ſich auch dies Zellgewebe im Einzelnen
ſpäter modificiren mag ſo ſind es doch nur zwei Portionen, welche ſich
durch ihre ſpätere Entwicklung und ihre Bedeutung für das ganze
Pflanzenleben, weſentlich von jener Grundmaſſe, die auch ſpäterhin
in ausgebildetem Zuſtande das Hauptgewebe der Pflanzen bildet,
unterſcheiden. Die Eine iſt die ganze äußere Zellenſchicht der Pflanze,
welche ſich in Berührung mit Waſſer oder Erde, beſonders aber der
Luft ausgeſetzt entwickelt. Dieſe Zellen ſchließen ſich ſo feſt aneinander,
daß man ſie meiſtens als eine zuſammenhängende Haut von der
Pflanze abziehen kann. — Sie bedeckt ſich früher oder ſpäter mit einer
dicken oder dünnen Schicht einer gleichartigen Subſtanz, welche
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/59>, abgerufen am 05.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.