großen Blätter sind gefiedert oder fächerförmig zertheilt, die starken Blattstiele, welche man schon in Genua von der Dattelpalme als Spazierstöcke benutzt, sind bald glatt, bald scharf gezahnt. Das Grün der Blätter ist bald dunkelglänzend, bald auf der untern Seite silberfarben weiß. Bisweilen ist die Mitte des Fächerblattes mit concentrischen gelben und bläulichen Streifen pfauenschweifartig geschmückt.
In Tracht und Physiognomie der Palmen liegt überhaupt ein großer, schwer mit Worten auszudrückender Charakter, besonders durch die Richtung der Blätter selbst hervorgerufen. Die Theile der- selben, die Blättchen, sind theils kammartig in einer Fläche dicht aneinander gereiht mit steifem Zellgewebe, wie bei der Cocos und der Dattel, daher der herrliche Abglanz der Sonne auf der obern Blatt- fläche, welche frischeren Grüns in der Strandliebenden Cocos, matter und aschfarbiger in der Wüsten umsäumenden Dattel ist; bald er- scheint das Laub schilfartig, von dünneren, biegsamen Elementen ge- webt und nach der Spitze hin gekräuselt. Den Ausdruck hoher Ma- jestät gewährt den Palmen außer dem Stamme hauptsächlich die Richtung der Blätter. Je anstrebender, je spitziger der Winkel ist, den sie mit dem Stamme nach oben machen, desto großartiger und erhabener ist die Form. Welchen verschiedenen Anblick gewähren die herabhängenden Blätter der Palma de Covija am Orinoco, ja selbst der Cocos- und Dattelpalme und die himmelanstrebenden Zweige der Jagua und Pirijao! Alle Schönheiten der Form hat die Natur in der Jaguapalme, welche die Granitfelsen in den Kataracten des Atures und Maypure bekränzen, zusammen- gehäuft. Ihre schlanken glatten Stämme erheben sich 60 bis 70 Fuß hoch, so daß sie über das Dickicht des Laubholzes wie ein Säulen- gang hervorragen. Diese luftigen Gipfel contrastiren wundersam mit den dickbelaubten Ceibaarten, mit dem Walde von Lauri- neen- und Balsambäumen, welche sie umgeben. Ihre Blätter, kaum 7 bis 8, streben fast senkrecht 14 bis 16 Fuß hoch aufwärts. Die Spitzen des Laubes sind federbuschartig gekräuselt. Die Blättchen
großen Blätter ſind gefiedert oder fächerförmig zertheilt, die ſtarken Blattſtiele, welche man ſchon in Genua von der Dattelpalme als Spazierſtöcke benutzt, ſind bald glatt, bald ſcharf gezahnt. Das Grün der Blätter iſt bald dunkelglänzend, bald auf der untern Seite ſilberfarben weiß. Bisweilen iſt die Mitte des Fächerblattes mit concentriſchen gelben und bläulichen Streifen pfauenſchweifartig geſchmückt.
In Tracht und Phyſiognomie der Palmen liegt überhaupt ein großer, ſchwer mit Worten auszudrückender Charakter, beſonders durch die Richtung der Blätter ſelbſt hervorgerufen. Die Theile der- ſelben, die Blättchen, ſind theils kammartig in einer Fläche dicht aneinander gereiht mit ſteifem Zellgewebe, wie bei der Cocos und der Dattel, daher der herrliche Abglanz der Sonne auf der obern Blatt- fläche, welche friſcheren Grüns in der Strandliebenden Cocos, matter und aſchfarbiger in der Wüſten umſäumenden Dattel iſt; bald er- ſcheint das Laub ſchilfartig, von dünneren, biegſamen Elementen ge- webt und nach der Spitze hin gekräuſelt. Den Ausdruck hoher Ma- jeſtät gewährt den Palmen außer dem Stamme hauptſächlich die Richtung der Blätter. Je anſtrebender, je ſpitziger der Winkel iſt, den ſie mit dem Stamme nach oben machen, deſto großartiger und erhabener iſt die Form. Welchen verſchiedenen Anblick gewähren die herabhängenden Blätter der Palma de Covija am Orinoco, ja ſelbſt der Cocos- und Dattelpalme und die himmelanſtrebenden Zweige der Jagua und Pirijao! Alle Schönheiten der Form hat die Natur in der Jaguapalme, welche die Granitfelſen in den Kataracten des Atures und Maypure bekränzen, zuſammen- gehäuft. Ihre ſchlanken glatten Stämme erheben ſich 60 bis 70 Fuß hoch, ſo daß ſie über das Dickicht des Laubholzes wie ein Säulen- gang hervorragen. Dieſe luftigen Gipfel contraſtiren wunderſam mit den dickbelaubten Ceibaarten, mit dem Walde von Lauri- neen- und Balſambäumen, welche ſie umgeben. Ihre Blätter, kaum 7 bis 8, ſtreben faſt ſenkrecht 14 bis 16 Fuß hoch aufwärts. Die Spitzen des Laubes ſind federbuſchartig gekräuſelt. Die Blättchen
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großen Blätter ſind gefiedert oder fächerförmig zertheilt, die ſtarken
Blattſtiele, welche man ſchon in Genua von der Dattelpalme als
Spazierſtöcke benutzt, ſind bald glatt, bald ſcharf gezahnt. Das
Grün der Blätter iſt bald dunkelglänzend, bald auf der untern Seite
ſilberfarben weiß. Bisweilen iſt die Mitte des Fächerblattes mit
concentriſchen gelben und bläulichen Streifen pfauenſchweifartig
geſchmückt.
In Tracht und Phyſiognomie der Palmen liegt überhaupt ein
großer, ſchwer mit Worten auszudrückender Charakter, beſonders
durch die Richtung der Blätter ſelbſt hervorgerufen. Die Theile der-
ſelben, die Blättchen, ſind theils kammartig in einer Fläche dicht
aneinander gereiht mit ſteifem Zellgewebe, wie bei der Cocos und der
Dattel, daher der herrliche Abglanz der Sonne auf der obern Blatt-
fläche, welche friſcheren Grüns in der Strandliebenden Cocos, matter
und aſchfarbiger in der Wüſten umſäumenden Dattel iſt; bald er-
ſcheint das Laub ſchilfartig, von dünneren, biegſamen Elementen ge-
webt und nach der Spitze hin gekräuſelt. Den Ausdruck hoher Ma-
jeſtät gewährt den Palmen außer dem Stamme hauptſächlich die
Richtung der Blätter. Je anſtrebender, je ſpitziger der Winkel iſt,
den ſie mit dem Stamme nach oben machen, deſto großartiger und
erhabener iſt die Form. Welchen verſchiedenen Anblick gewähren die
herabhängenden Blätter der Palma de Covija am Orinoco, ja ſelbſt
der Cocos- und Dattelpalme und die himmelanſtrebenden
Zweige der Jagua und Pirijao! Alle Schönheiten der Form hat
die Natur in der Jaguapalme, welche die Granitfelſen in den
Kataracten des Atures und Maypure bekränzen, zuſammen-
gehäuft. Ihre ſchlanken glatten Stämme erheben ſich 60 bis 70 Fuß
hoch, ſo daß ſie über das Dickicht des Laubholzes wie ein Säulen-
gang hervorragen. Dieſe luftigen Gipfel contraſtiren wunderſam
mit den dickbelaubten Ceibaarten, mit dem Walde von Lauri-
neen- und Balſambäumen, welche ſie umgeben. Ihre Blätter,
kaum 7 bis 8, ſtreben faſt ſenkrecht 14 bis 16 Fuß hoch aufwärts.
Die Spitzen des Laubes ſind federbuſchartig gekräuſelt. Die Blättchen
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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/322>, abgerufen am 22.11.2024.
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