nischen Feige. Diese jetzt in ganz Südeuropa, Africa und einem Theil des Orients nach der Ansicht der Meisten nur durch Verwil- derung einheimische Pflanze Americas, soll nach den Forschungen An- derer mit größerer Wahrscheinlichkeit als völlig einheimisch in diesen Gegenden angesehen werden können. Diese durch die Einwirkungen der Menschen bewirkten Wanderungen der Pflanzen sind eine häufig gar nicht zu umschiffende Klippe, an welcher die genauesten Pflanzen- geographischen Untersuchungen scheitern, wenn uns nicht bestimmte historische Urkunden aufbewahrt sind.
Was von den Getreidearten gesagt ist, daß der Anfang ihrer Cultur weit über die historische Zeit hinausliegt, gilt auch von den meisten unserer Gemüsearten und Obstbäume. Ja man kann be- haupten, daß mit äußerst wenigen Ausnahmen alle wesentlichen Cul- turpflanzen schon seit undenklicher Zeit den Menschen bekannt ge- wesen sind, und daß, mit Ausnahme der Kartoffel, keine später dem wilden Zustande entrissene Pflanze eine irgend bedeutende Rolle in unserm Haushalte spielt.
Von allen Einflüssen der Menschen auf die Pflanzenwelt ist ohne Zweifel eine der segensreichsten die von ihm bewirkte Umwandlung wilder, oft fast ungenießbarer Vegetabilien in die köstlichsten Zierden unserer Tafel. Wenn auch in der That die Apfel-, Birn- und Kirschbäume ursprünglich besondere Arten ausmachen und nicht durch allmälige Veredlung aus den Holz-Aepfeln, Birnen und Kirschen entstanden sind, so bleiben doch immer noch genug Pflan- zen übrig, an welchen man nachweisen kann, welche große Macht in der That der Mensch hier über die Natur ausübt. Welche Aehnlich- keit hat denn der Blumenkohl, der krause grüne Kohl, der Kohlrabi mit der dürren, widrig bitter schmeckenden Kohlpflanze, die ohne Zweifel die Stammpflanze unserer köstlichen Gemüse ist, da wir diese durch Verwilderung leicht wieder in jene überführen kön- nen. Wer würde bei der Vergleichung der zuckersüßen, zarten, orange-
chenland ein ähnlicher (arabisches Korn) substituirt wird, weist auf einen orientalischen Ursprung hin.
niſchen Feige. Dieſe jetzt in ganz Südeuropa, Africa und einem Theil des Orients nach der Anſicht der Meiſten nur durch Verwil- derung einheimiſche Pflanze Americas, ſoll nach den Forſchungen An- derer mit größerer Wahrſcheinlichkeit als völlig einheimiſch in dieſen Gegenden angeſehen werden können. Dieſe durch die Einwirkungen der Menſchen bewirkten Wanderungen der Pflanzen ſind eine häufig gar nicht zu umſchiffende Klippe, an welcher die genaueſten Pflanzen- geographiſchen Unterſuchungen ſcheitern, wenn uns nicht beſtimmte hiſtoriſche Urkunden aufbewahrt ſind.
Was von den Getreidearten geſagt iſt, daß der Anfang ihrer Cultur weit über die hiſtoriſche Zeit hinausliegt, gilt auch von den meiſten unſerer Gemüſearten und Obſtbäume. Ja man kann be- haupten, daß mit äußerſt wenigen Ausnahmen alle weſentlichen Cul- turpflanzen ſchon ſeit undenklicher Zeit den Menſchen bekannt ge- weſen ſind, und daß, mit Ausnahme der Kartoffel, keine ſpäter dem wilden Zuſtande entriſſene Pflanze eine irgend bedeutende Rolle in unſerm Haushalte ſpielt.
Von allen Einflüſſen der Menſchen auf die Pflanzenwelt iſt ohne Zweifel eine der ſegensreichſten die von ihm bewirkte Umwandlung wilder, oft faſt ungenießbarer Vegetabilien in die köſtlichſten Zierden unſerer Tafel. Wenn auch in der That die Apfel-, Birn- und Kirſchbäume urſprünglich beſondere Arten ausmachen und nicht durch allmälige Veredlung aus den Holz-Aepfeln, Birnen und Kirſchen entſtanden ſind, ſo bleiben doch immer noch genug Pflan- zen übrig, an welchen man nachweiſen kann, welche große Macht in der That der Menſch hier über die Natur ausübt. Welche Aehnlich- keit hat denn der Blumenkohl, der krauſe grüne Kohl, der Kohlrabi mit der dürren, widrig bitter ſchmeckenden Kohlpflanze, die ohne Zweifel die Stammpflanze unſerer köſtlichen Gemüſe iſt, da wir dieſe durch Verwilderung leicht wieder in jene überführen kön- nen. Wer würde bei der Vergleichung der zuckerſüßen, zarten, orange-
chenland ein ähnlicher (arabiſches Korn) ſubſtituirt wird, weiſt auf einen orientaliſchen Urſprung hin.
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niſchen Feige. Dieſe jetzt in ganz Südeuropa, Africa und einem
Theil des Orients nach der Anſicht der Meiſten nur durch Verwil-
derung einheimiſche Pflanze Americas, ſoll nach den Forſchungen An-
derer mit größerer Wahrſcheinlichkeit als völlig einheimiſch in dieſen
Gegenden angeſehen werden können. Dieſe durch die Einwirkungen
der Menſchen bewirkten Wanderungen der Pflanzen ſind eine häufig
gar nicht zu umſchiffende Klippe, an welcher die genaueſten Pflanzen-
geographiſchen Unterſuchungen ſcheitern, wenn uns nicht beſtimmte
hiſtoriſche Urkunden aufbewahrt ſind.
Was von den Getreidearten geſagt iſt, daß der Anfang ihrer
Cultur weit über die hiſtoriſche Zeit hinausliegt, gilt auch von den
meiſten unſerer Gemüſearten und Obſtbäume. Ja man kann be-
haupten, daß mit äußerſt wenigen Ausnahmen alle weſentlichen Cul-
turpflanzen ſchon ſeit undenklicher Zeit den Menſchen bekannt ge-
weſen ſind, und daß, mit Ausnahme der Kartoffel, keine ſpäter dem
wilden Zuſtande entriſſene Pflanze eine irgend bedeutende Rolle in
unſerm Haushalte ſpielt.
Von allen Einflüſſen der Menſchen auf die Pflanzenwelt iſt ohne
Zweifel eine der ſegensreichſten die von ihm bewirkte Umwandlung
wilder, oft faſt ungenießbarer Vegetabilien in die köſtlichſten Zierden
unſerer Tafel. Wenn auch in der That die Apfel-, Birn- und
Kirſchbäume urſprünglich beſondere Arten ausmachen und nicht
durch allmälige Veredlung aus den Holz-Aepfeln, Birnen und
Kirſchen entſtanden ſind, ſo bleiben doch immer noch genug Pflan-
zen übrig, an welchen man nachweiſen kann, welche große Macht in
der That der Menſch hier über die Natur ausübt. Welche Aehnlich-
keit hat denn der Blumenkohl, der krauſe grüne Kohl, der
Kohlrabi mit der dürren, widrig bitter ſchmeckenden Kohlpflanze,
die ohne Zweifel die Stammpflanze unſerer köſtlichen Gemüſe iſt, da
wir dieſe durch Verwilderung leicht wieder in jene überführen kön-
nen. Wer würde bei der Vergleichung der zuckerſüßen, zarten, orange-
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*) chenland ein ähnlicher (arabiſches Korn) ſubſtituirt wird, weiſt auf einen
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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/292>, abgerufen am 16.02.2025.
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