gelben Carotte mit der spindligen und holzigen Wurzel der wil- den Möhre glauben, daß Beide einer und derselben Pflanzenart angehören? -- und gleichwohl ist es der Fall. Kurz der Mensch vermag hier wesentlich in die Entwicklung der einzelnen Naturkörper verän- dernd einzugreifen und wie er sich aus dem blutgierigen Raubthier, aus dem wilden Hund, den neckischen Pudel, den nützlichen Jagdgenossen und den rettenden Bernhardshund oder aus irgend einem struppigen Wollthier das edle Merinolamm erzogen, so gelingt es ihm auch in der Pflanzenwelt, das Nutzloseste was ihm die Natur anbietet zu einem werthvollen Gegenstand seiner Cultur zu erheben.
Weniger bedeutend als diese Eingriffe könnten die Veränderungen, die der Mensch in der Vertheilung der Gewächse hervorgerufen hat, erscheinen. Als ganz natürlich muß es uns vorkommen, daß wir die Nutz- und Nahrungspflanzen dem Menschen überall hin folgen sehen, wo die climatischen Bedingungen ihres Wachsthums sich noch vorfinden. Diese Pflanzenwanderungen sind vom Menschen mit Absicht und Bewußtseyn veranstaltet und geführt. Aber schon an diese Pflanzenzüge schließt sich, wie an große Völkerzüge das Gesindel der Nachzügler und Räu- ber, ganz untrennbar eine Menge von Pflanzen an, die der Mensch, der sich eine Naturpflanze holt, gleichsam als Zugabe in den Kauf nehmen muß, ich meine die Unkräuter. Mit Sicherheit kann man behaupten, daß ein Theil unserer Ackerunkräuter, die nie und nirgends bei uns gefunden werden als unter bestimmten Saaten, nicht in un- seren Gegenden einheimisch, sondern mit den Culturpflanzen, zwischen denen sie vorkommen, eingewandert sind. Zu solchen ungebetenen Gästen gehört sicher das niedliche Adonisröschen, die blaue Cyane, die Kornrade, der Ackermohn, der Feldrittersporn, der Leinlolch, der Hanfwürger und viele andere.
In noch höherem Grade, freiwillig und ohne bewußte Mitwir- kung des Menschen, schließt sich eine gewisse Anzahl von Pflanzen an den Herrn der Schöpfung an und folgt ihm, wohin er geht, wo irgend auf Erden er seine Wohnung aufschlägt, nicht an die von ihm mitgebrachten Culturgewächse gebunden, sondern sich in unmittelbarer
gelben Carotte mit der ſpindligen und holzigen Wurzel der wil- den Möhre glauben, daß Beide einer und derſelben Pflanzenart angehören? — und gleichwohl iſt es der Fall. Kurz der Menſch vermag hier weſentlich in die Entwicklung der einzelnen Naturkörper verän- dernd einzugreifen und wie er ſich aus dem blutgierigen Raubthier, aus dem wilden Hund, den neckiſchen Pudel, den nützlichen Jagdgenoſſen und den rettenden Bernhardshund oder aus irgend einem ſtruppigen Wollthier das edle Merinolamm erzogen, ſo gelingt es ihm auch in der Pflanzenwelt, das Nutzloſeſte was ihm die Natur anbietet zu einem werthvollen Gegenſtand ſeiner Cultur zu erheben.
Weniger bedeutend als dieſe Eingriffe könnten die Veränderungen, die der Menſch in der Vertheilung der Gewächſe hervorgerufen hat, erſcheinen. Als ganz natürlich muß es uns vorkommen, daß wir die Nutz- und Nahrungspflanzen dem Menſchen überall hin folgen ſehen, wo die climatiſchen Bedingungen ihres Wachsthums ſich noch vorfinden. Dieſe Pflanzenwanderungen ſind vom Menſchen mit Abſicht und Bewußtſeyn veranſtaltet und geführt. Aber ſchon an dieſe Pflanzenzüge ſchließt ſich, wie an große Völkerzüge das Geſindel der Nachzügler und Räu- ber, ganz untrennbar eine Menge von Pflanzen an, die der Menſch, der ſich eine Naturpflanze holt, gleichſam als Zugabe in den Kauf nehmen muß, ich meine die Unkräuter. Mit Sicherheit kann man behaupten, daß ein Theil unſerer Ackerunkräuter, die nie und nirgends bei uns gefunden werden als unter beſtimmten Saaten, nicht in un- ſeren Gegenden einheimiſch, ſondern mit den Culturpflanzen, zwiſchen denen ſie vorkommen, eingewandert ſind. Zu ſolchen ungebetenen Gäſten gehört ſicher das niedliche Adonisröschen, die blaue Cyane, die Kornrade, der Ackermohn, der Feldritterſporn, der Leinlolch, der Hanfwürger und viele andere.
In noch höherem Grade, freiwillig und ohne bewußte Mitwir- kung des Menſchen, ſchließt ſich eine gewiſſe Anzahl von Pflanzen an den Herrn der Schöpfung an und folgt ihm, wohin er geht, wo irgend auf Erden er ſeine Wohnung aufſchlägt, nicht an die von ihm mitgebrachten Culturgewächſe gebunden, ſondern ſich in unmittelbarer
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gelben Carotte mit der ſpindligen und holzigen Wurzel der wil-
den Möhre glauben, daß Beide einer und derſelben Pflanzenart
angehören? — und gleichwohl iſt es der Fall. Kurz der Menſch vermag
hier weſentlich in die Entwicklung der einzelnen Naturkörper verän-
dernd einzugreifen und wie er ſich aus dem blutgierigen Raubthier, aus
dem wilden Hund, den neckiſchen Pudel, den nützlichen Jagdgenoſſen
und den rettenden Bernhardshund oder aus irgend einem ſtruppigen
Wollthier das edle Merinolamm erzogen, ſo gelingt es ihm auch in
der Pflanzenwelt, das Nutzloſeſte was ihm die Natur anbietet zu
einem werthvollen Gegenſtand ſeiner Cultur zu erheben.
Weniger bedeutend als dieſe Eingriffe könnten die Veränderungen,
die der Menſch in der Vertheilung der Gewächſe hervorgerufen hat,
erſcheinen. Als ganz natürlich muß es uns vorkommen, daß wir die Nutz-
und Nahrungspflanzen dem Menſchen überall hin folgen ſehen, wo die
climatiſchen Bedingungen ihres Wachsthums ſich noch vorfinden. Dieſe
Pflanzenwanderungen ſind vom Menſchen mit Abſicht und Bewußtſeyn
veranſtaltet und geführt. Aber ſchon an dieſe Pflanzenzüge ſchließt
ſich, wie an große Völkerzüge das Geſindel der Nachzügler und Räu-
ber, ganz untrennbar eine Menge von Pflanzen an, die der Menſch,
der ſich eine Naturpflanze holt, gleichſam als Zugabe in den Kauf
nehmen muß, ich meine die Unkräuter. Mit Sicherheit kann man
behaupten, daß ein Theil unſerer Ackerunkräuter, die nie und nirgends
bei uns gefunden werden als unter beſtimmten Saaten, nicht in un-
ſeren Gegenden einheimiſch, ſondern mit den Culturpflanzen, zwiſchen
denen ſie vorkommen, eingewandert ſind. Zu ſolchen ungebetenen Gäſten
gehört ſicher das niedliche Adonisröschen, die blaue Cyane,
die Kornrade, der Ackermohn, der Feldritterſporn, der
Leinlolch, der Hanfwürger und viele andere.
In noch höherem Grade, freiwillig und ohne bewußte Mitwir-
kung des Menſchen, ſchließt ſich eine gewiſſe Anzahl von Pflanzen
an den Herrn der Schöpfung an und folgt ihm, wohin er geht, wo
irgend auf Erden er ſeine Wohnung aufſchlägt, nicht an die von ihm
mitgebrachten Culturgewächſe gebunden, ſondern ſich in unmittelbarer
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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/293>, abgerufen am 22.11.2024.
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