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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848.

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kohle hin und wieder so mächtig, daß man es der Mühe werth ge-
achtet, sie bergmännisch zu gewinnen. Bestand das Eigenthümliche
der Steinkohlenflora in dem Ueberwiegen baumartiger Kryptogamen,
zu denen sich nur einzelne Coniferen und Cycadeen hinzugesellt, so
werden diese dagegen für die Periode der secundären Formationen
die eigentlich den Character bestimmenden Pflanzen, während sich
einzelne monocotyledone Formen einfinden. Aber schon gegen das
Ende der secundären Periode ändert sich der Character der Vegeta-
tion, indem wahrscheinlich ein großer Theil des schon gebildeten Landes
abermals langsam in das Meer versank, umrandet von mächtigen Coral-
lenbänken, während anderwärts sich mächtigere Continente, zum Theil
schon den jetzt noch vorhandenen entsprechend, erhoben. Wir finden
daher aus den letzten Formationen der secundären Gebirge fast nur
einige Algen und monocotyledone Wasserpflanzen und nur Andeu-
tungen, daß Cycadeen und Nadelhölzer nicht ausgestorben waren.

Die nun auftretende neue Ordnung, von den Geognosten als
tertiäre Bildungen bezeichnet, beginnt zwar noch mit einem weit
auf der Erde verbreiteten tropischen Character, wir finden selbst in
hohen Breiten, so in England noch reiche Palmenvegetation,
die überhaupt jetzt auffallend hervortritt und die Physiognomie der
Landschaft bestimmt zu haben scheint, während Coniferen und
Cycadeen allmälig sich mehr auf bestimmte Localitäten, vielleicht
jene auf kühlere Höhen, diese auf trockene sonnige Hügel, zurückziehen.
Zwischen Pandaneen und mächtigen Rohrkolben weiden riesen-
mäßige Tapire und die schon von dicotyledonen Laubhöl-
zern
gebildeten Wälder werden durch Vögel und kleinere Landthiere
belebt. Wale, Walrosse und Robben durchziehen die Meere. --

Während von den Polen her die Erde allmälig bis zu ihrer
gegenwärtigen Temperatur abzukühlen beginnt, werden Pflanzen und
Thierwelt immer bestimmter localisirt, es bilden sich Faunen und
Floren bestimmter Zonen. Schon gegen das Ende dieser Periode be-
darf das Mammuth in den Steppen Sibiriens des wärmenden
Wollhaares gegen die eindringende Kälte und stiefmütterlicher von der

kohle hin und wieder ſo mächtig, daß man es der Mühe werth ge-
achtet, ſie bergmänniſch zu gewinnen. Beſtand das Eigenthümliche
der Steinkohlenflora in dem Ueberwiegen baumartiger Kryptogamen,
zu denen ſich nur einzelne Coniferen und Cycadeen hinzugeſellt, ſo
werden dieſe dagegen für die Periode der ſecundären Formationen
die eigentlich den Character beſtimmenden Pflanzen, während ſich
einzelne monocotyledone Formen einfinden. Aber ſchon gegen das
Ende der ſecundären Periode ändert ſich der Character der Vegeta-
tion, indem wahrſcheinlich ein großer Theil des ſchon gebildeten Landes
abermals langſam in das Meer verſank, umrandet von mächtigen Coral-
lenbänken, während anderwärts ſich mächtigere Continente, zum Theil
ſchon den jetzt noch vorhandenen entſprechend, erhoben. Wir finden
daher aus den letzten Formationen der ſecundären Gebirge faſt nur
einige Algen und monocotyledone Waſſerpflanzen und nur Andeu-
tungen, daß Cycadeen und Nadelhölzer nicht ausgeſtorben waren.

Die nun auftretende neue Ordnung, von den Geognoſten als
tertiäre Bildungen bezeichnet, beginnt zwar noch mit einem weit
auf der Erde verbreiteten tropiſchen Character, wir finden ſelbſt in
hohen Breiten, ſo in England noch reiche Palmenvegetation,
die überhaupt jetzt auffallend hervortritt und die Phyſiognomie der
Landſchaft beſtimmt zu haben ſcheint, während Coniferen und
Cycadeen allmälig ſich mehr auf beſtimmte Localitäten, vielleicht
jene auf kühlere Höhen, dieſe auf trockene ſonnige Hügel, zurückziehen.
Zwiſchen Pandaneen und mächtigen Rohrkolben weiden rieſen-
mäßige Tapire und die ſchon von dicotyledonen Laubhöl-
zern
gebildeten Wälder werden durch Vögel und kleinere Landthiere
belebt. Wale, Walroſſe und Robben durchziehen die Meere. —

Während von den Polen her die Erde allmälig bis zu ihrer
gegenwärtigen Temperatur abzukühlen beginnt, werden Pflanzen und
Thierwelt immer beſtimmter localiſirt, es bilden ſich Faunen und
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[263/0279] kohle hin und wieder ſo mächtig, daß man es der Mühe werth ge- achtet, ſie bergmänniſch zu gewinnen. Beſtand das Eigenthümliche der Steinkohlenflora in dem Ueberwiegen baumartiger Kryptogamen, zu denen ſich nur einzelne Coniferen und Cycadeen hinzugeſellt, ſo werden dieſe dagegen für die Periode der ſecundären Formationen die eigentlich den Character beſtimmenden Pflanzen, während ſich einzelne monocotyledone Formen einfinden. Aber ſchon gegen das Ende der ſecundären Periode ändert ſich der Character der Vegeta- tion, indem wahrſcheinlich ein großer Theil des ſchon gebildeten Landes abermals langſam in das Meer verſank, umrandet von mächtigen Coral- lenbänken, während anderwärts ſich mächtigere Continente, zum Theil ſchon den jetzt noch vorhandenen entſprechend, erhoben. Wir finden daher aus den letzten Formationen der ſecundären Gebirge faſt nur einige Algen und monocotyledone Waſſerpflanzen und nur Andeu- tungen, daß Cycadeen und Nadelhölzer nicht ausgeſtorben waren. Die nun auftretende neue Ordnung, von den Geognoſten als tertiäre Bildungen bezeichnet, beginnt zwar noch mit einem weit auf der Erde verbreiteten tropiſchen Character, wir finden ſelbſt in hohen Breiten, ſo in England noch reiche Palmenvegetation, die überhaupt jetzt auffallend hervortritt und die Phyſiognomie der Landſchaft beſtimmt zu haben ſcheint, während Coniferen und Cycadeen allmälig ſich mehr auf beſtimmte Localitäten, vielleicht jene auf kühlere Höhen, dieſe auf trockene ſonnige Hügel, zurückziehen. Zwiſchen Pandaneen und mächtigen Rohrkolben weiden rieſen- mäßige Tapire und die ſchon von dicotyledonen Laubhöl- zern gebildeten Wälder werden durch Vögel und kleinere Landthiere belebt. Wale, Walroſſe und Robben durchziehen die Meere. — Während von den Polen her die Erde allmälig bis zu ihrer gegenwärtigen Temperatur abzukühlen beginnt, werden Pflanzen und Thierwelt immer beſtimmter localiſirt, es bilden ſich Faunen und Floren beſtimmter Zonen. Schon gegen das Ende dieſer Periode be- darf das Mammuth in den Steppen Sibiriens des wärmenden Wollhaares gegen die eindringende Kälte und ſtiefmütterlicher von der

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Zitationshilfe: Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/279>, abgerufen am 22.11.2024.