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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848.

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lichen Haushaltes geworden sind, werden aber hervorgerufen durch
einen eigenthümlichen, der Pflanze ursprünglich fremdartigen chemi-
schen Proceß, den nicht die überall für alle Pflanzen gleichen und
fast gleichmäßig vertheilten organischen Elemente, sondern die im
Boden vorhandenen und durch die Wurzeln aufgenommenen unor-
ganischen Bestandtheile bedingen. Sobald ein Boden reich ist an
den verschiedenen den Pflanzen überhaupt zukommenden Salzen, so
ändern sich die Charactere der Pflanzen, es entstehen Varietäten,
Monstrositäten u. s. w., was im wilden Zustande der Pflanze, wo
sie sich immer nur auf dem genau ihr zusagenden Boden hält, nie-
mals Statt findet. Die Pflanzen zeigen aber eine sehr verschiedene
Geneigtheit, durch solche äußere Einflüsse in ihrer eigenthümlichen
Natur abgeändert zu werden. Während einige unter den verschieden-
sten Verhältnissen bis in die geringsten Einzelnheiten hinein genau
ihre Merkmale beibehalten, gehen andere leicht in unzählige Spiel-
arten über. Während bei einigen die Spielarten nur wenig Be-
ständigkeit zeigen, leicht wieder in die wilde Form oder in neue
Spielarten übergehen, bilden andere Pflanzen mannigfaltige Ab-
änderungen, die nach der Cultur einiger Jahre schon mit völliger
Sicherheit durch den Saamen fortgepflanzt werden können und auf
diese Weise sogenannte Unterarten bilden. Gerade diese Eigenschaft
der Pflanzen aber ist es, welche sie geeignet macht, zu einem vor-
theilhaften Gegenstand der Cultur zu werden, daß sie nämlich leicht
sehr verschiedene und beständige Spielarten bilden, aus denen der
Mensch sich dann die für seine Zwecke vortheilhaften aussucht und
sie in die Zahl seiner vegetabilischen Unterthanen aufnimmt.

Hier haben wir nun drei sich gegenüberstehende Verhältnisse,
den gemeinen Boden, den Moorboden und den Gartenboden. Der
erste nährt einen Reichthum verschiedener Pflanzenformen, die sich
aber in starrer Consequenz durch Jahrtausende gleich bleiben. Der
Moorboden ist außerordentlich arm an Gewächsen, nur die form-
losesten und unbrauchbarsten Pflanzen bringt er hervor. Endlich der
Gartenboden ernährt nicht nur üppig jede Pflanze, die ihm über-

lichen Haushaltes geworden ſind, werden aber hervorgerufen durch
einen eigenthümlichen, der Pflanze urſprünglich fremdartigen chemi-
ſchen Proceß, den nicht die überall für alle Pflanzen gleichen und
faſt gleichmäßig vertheilten organiſchen Elemente, ſondern die im
Boden vorhandenen und durch die Wurzeln aufgenommenen unor-
ganiſchen Beſtandtheile bedingen. Sobald ein Boden reich iſt an
den verſchiedenen den Pflanzen überhaupt zukommenden Salzen, ſo
ändern ſich die Charactere der Pflanzen, es entſtehen Varietäten,
Monſtroſitäten u. ſ. w., was im wilden Zuſtande der Pflanze, wo
ſie ſich immer nur auf dem genau ihr zuſagenden Boden hält, nie-
mals Statt findet. Die Pflanzen zeigen aber eine ſehr verſchiedene
Geneigtheit, durch ſolche äußere Einflüſſe in ihrer eigenthümlichen
Natur abgeändert zu werden. Während einige unter den verſchieden-
ſten Verhältniſſen bis in die geringſten Einzelnheiten hinein genau
ihre Merkmale beibehalten, gehen andere leicht in unzählige Spiel-
arten über. Während bei einigen die Spielarten nur wenig Be-
ſtändigkeit zeigen, leicht wieder in die wilde Form oder in neue
Spielarten übergehen, bilden andere Pflanzen mannigfaltige Ab-
änderungen, die nach der Cultur einiger Jahre ſchon mit völliger
Sicherheit durch den Saamen fortgepflanzt werden können und auf
dieſe Weiſe ſogenannte Unterarten bilden. Gerade dieſe Eigenſchaft
der Pflanzen aber iſt es, welche ſie geeignet macht, zu einem vor-
theilhaften Gegenſtand der Cultur zu werden, daß ſie nämlich leicht
ſehr verſchiedene und beſtändige Spielarten bilden, aus denen der
Menſch ſich dann die für ſeine Zwecke vortheilhaften ausſucht und
ſie in die Zahl ſeiner vegetabiliſchen Unterthanen aufnimmt.

Hier haben wir nun drei ſich gegenüberſtehende Verhältniſſe,
den gemeinen Boden, den Moorboden und den Gartenboden. Der
erſte nährt einen Reichthum verſchiedener Pflanzenformen, die ſich
aber in ſtarrer Conſequenz durch Jahrtauſende gleich bleiben. Der
Moorboden iſt außerordentlich arm an Gewächſen, nur die form-
loſeſten und unbrauchbarſten Pflanzen bringt er hervor. Endlich der
Gartenboden ernährt nicht nur üppig jede Pflanze, die ihm über-

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[158/0174] lichen Haushaltes geworden ſind, werden aber hervorgerufen durch einen eigenthümlichen, der Pflanze urſprünglich fremdartigen chemi- ſchen Proceß, den nicht die überall für alle Pflanzen gleichen und faſt gleichmäßig vertheilten organiſchen Elemente, ſondern die im Boden vorhandenen und durch die Wurzeln aufgenommenen unor- ganiſchen Beſtandtheile bedingen. Sobald ein Boden reich iſt an den verſchiedenen den Pflanzen überhaupt zukommenden Salzen, ſo ändern ſich die Charactere der Pflanzen, es entſtehen Varietäten, Monſtroſitäten u. ſ. w., was im wilden Zuſtande der Pflanze, wo ſie ſich immer nur auf dem genau ihr zuſagenden Boden hält, nie- mals Statt findet. Die Pflanzen zeigen aber eine ſehr verſchiedene Geneigtheit, durch ſolche äußere Einflüſſe in ihrer eigenthümlichen Natur abgeändert zu werden. Während einige unter den verſchieden- ſten Verhältniſſen bis in die geringſten Einzelnheiten hinein genau ihre Merkmale beibehalten, gehen andere leicht in unzählige Spiel- arten über. Während bei einigen die Spielarten nur wenig Be- ſtändigkeit zeigen, leicht wieder in die wilde Form oder in neue Spielarten übergehen, bilden andere Pflanzen mannigfaltige Ab- änderungen, die nach der Cultur einiger Jahre ſchon mit völliger Sicherheit durch den Saamen fortgepflanzt werden können und auf dieſe Weiſe ſogenannte Unterarten bilden. Gerade dieſe Eigenſchaft der Pflanzen aber iſt es, welche ſie geeignet macht, zu einem vor- theilhaften Gegenſtand der Cultur zu werden, daß ſie nämlich leicht ſehr verſchiedene und beſtändige Spielarten bilden, aus denen der Menſch ſich dann die für ſeine Zwecke vortheilhaften ausſucht und ſie in die Zahl ſeiner vegetabiliſchen Unterthanen aufnimmt. Hier haben wir nun drei ſich gegenüberſtehende Verhältniſſe, den gemeinen Boden, den Moorboden und den Gartenboden. Der erſte nährt einen Reichthum verſchiedener Pflanzenformen, die ſich aber in ſtarrer Conſequenz durch Jahrtauſende gleich bleiben. Der Moorboden iſt außerordentlich arm an Gewächſen, nur die form- loſeſten und unbrauchbarſten Pflanzen bringt er hervor. Endlich der Gartenboden ernährt nicht nur üppig jede Pflanze, die ihm über-

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Zitationshilfe: Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/174>, abgerufen am 22.11.2024.