Hier wirft sich aber ganz von selbst ein Einwurf auf, der der ganzen Theorie sehr ungünstig zu seyn scheint. Wir sehen doch nun einmal unzweifelhaft, daß in humusreichem Boden, auf gutgedüngtem Felde die Culturpflanzen besser gedeihen, als auf ungedüngtem. Wenn aber die Pflanze Kohlensäure, Ammoniak und Wasser aus der Luft bezieht, wenn das ihre einzige Nahrung ist, wozu nützt dann der Dünger, warum müssen wir ihn anwenden, wenn wir nicht auf jedes Gedeihen der Culturpflanzen verzichten wollen? Diese Frage kann nur durch eine doppelte Antwort erledigt werden, die Eine aus der Physik, die Andere aus der Chemie entlehnte, die Eine die Wirkung des Humus im Allgemeinen, die Andere insbesondere die Nothwen- digkeit oder Vortheilhaftigkeit des Düngers erklärend.
Kohlensäure, Ammoniak und Wasserdunst der Atmosphäre sind allerdings die Nahrungsmittel der Pflanzen, aber die Frage ist, durch welche Organe sie dieselben aufnehmen. Beim Wasser leidet es keinen Zweifel, daß es ganz oder doch zu 99 Procenten durch die Wurzeln aufgenommen werden muß. Aus den Versuchen des Engländers Hales und des Deutschen Schübler scheint hervorzugehen, daß die Pflanzen bedeutend größere Quantitäten von Wasser verbrauchen, als mit dem Regen herabfällt. Eine Sonnenblume verbraucht täglich 11/4 Pfund Wasser; also wenn jede Pflanze 4 Quadratfuß einnimmt, bedürfen die Pflanzen eines Morgens in den vier Sommermonaten 1,500,000 Pfund. Der Boden zwischen ihnen ist aber mit Gras und Unkraut bewachsen und auch dieses verzehrt Wasser, welches man noch zu 1,500,000 Pfund veranschlagen kann. Im Ganzen verlangt also ein Morgen Landes mit Sonnenblumen besetzt 3 Millionen Pfd. Wasser.
Durch ähnliche Berechnungen findet man für den Bedarf eines mit Kohl bepflanzten Morgens 5 Millionen Pfund; für einen Obst- garten mit Zwergbirnbäumen besetzt ebensoviel; für einen Morgen, der mit Hopfen bepflanzt ist, sogar 6 bis 7 Millionen Pfund.
Die diesen Berechnungen zu Grunde liegenden Versuche wurden in England angestellt, wo während der vier Sommermonate höchstens 1,600,000 Pfund Regen auf den Morgen Landes fällt. Man würde
Hier wirft ſich aber ganz von ſelbſt ein Einwurf auf, der der ganzen Theorie ſehr ungünſtig zu ſeyn ſcheint. Wir ſehen doch nun einmal unzweifelhaft, daß in humusreichem Boden, auf gutgedüngtem Felde die Culturpflanzen beſſer gedeihen, als auf ungedüngtem. Wenn aber die Pflanze Kohlenſäure, Ammoniak und Waſſer aus der Luft bezieht, wenn das ihre einzige Nahrung iſt, wozu nützt dann der Dünger, warum müſſen wir ihn anwenden, wenn wir nicht auf jedes Gedeihen der Culturpflanzen verzichten wollen? Dieſe Frage kann nur durch eine doppelte Antwort erledigt werden, die Eine aus der Phyſik, die Andere aus der Chemie entlehnte, die Eine die Wirkung des Humus im Allgemeinen, die Andere insbeſondere die Nothwen- digkeit oder Vortheilhaftigkeit des Düngers erklärend.
Kohlenſäure, Ammoniak und Waſſerdunſt der Atmoſphäre ſind allerdings die Nahrungsmittel der Pflanzen, aber die Frage iſt, durch welche Organe ſie dieſelben aufnehmen. Beim Waſſer leidet es keinen Zweifel, daß es ganz oder doch zu 99 Procenten durch die Wurzeln aufgenommen werden muß. Aus den Verſuchen des Engländers Hales und des Deutſchen Schübler ſcheint hervorzugehen, daß die Pflanzen bedeutend größere Quantitäten von Waſſer verbrauchen, als mit dem Regen herabfällt. Eine Sonnenblume verbraucht täglich 1¼ Pfund Waſſer; alſo wenn jede Pflanze 4 Quadratfuß einnimmt, bedürfen die Pflanzen eines Morgens in den vier Sommermonaten 1,500,000 Pfund. Der Boden zwiſchen ihnen iſt aber mit Gras und Unkraut bewachſen und auch dieſes verzehrt Waſſer, welches man noch zu 1,500,000 Pfund veranſchlagen kann. Im Ganzen verlangt alſo ein Morgen Landes mit Sonnenblumen beſetzt 3 Millionen Pfd. Waſſer.
Durch ähnliche Berechnungen findet man für den Bedarf eines mit Kohl bepflanzten Morgens 5 Millionen Pfund; für einen Obſt- garten mit Zwergbirnbäumen beſetzt ebenſoviel; für einen Morgen, der mit Hopfen bepflanzt iſt, ſogar 6 bis 7 Millionen Pfund.
Die dieſen Berechnungen zu Grunde liegenden Verſuche wurden in England angeſtellt, wo während der vier Sommermonate höchſtens 1,600,000 Pfund Regen auf den Morgen Landes fällt. Man würde
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Hier wirft ſich aber ganz von ſelbſt ein Einwurf auf, der der
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einmal unzweifelhaft, daß in humusreichem Boden, auf gutgedüngtem
Felde die Culturpflanzen beſſer gedeihen, als auf ungedüngtem. Wenn
aber die Pflanze Kohlenſäure, Ammoniak und Waſſer aus der Luft
bezieht, wenn das ihre einzige Nahrung iſt, wozu nützt dann der
Dünger, warum müſſen wir ihn anwenden, wenn wir nicht auf jedes
Gedeihen der Culturpflanzen verzichten wollen? Dieſe Frage kann
nur durch eine doppelte Antwort erledigt werden, die Eine aus der
Phyſik, die Andere aus der Chemie entlehnte, die Eine die Wirkung
des Humus im Allgemeinen, die Andere insbeſondere die Nothwen-
digkeit oder Vortheilhaftigkeit des Düngers erklärend.
Kohlenſäure, Ammoniak und Waſſerdunſt der Atmoſphäre ſind
allerdings die Nahrungsmittel der Pflanzen, aber die Frage iſt, durch
welche Organe ſie dieſelben aufnehmen. Beim Waſſer leidet es keinen
Zweifel, daß es ganz oder doch zu 99 Procenten durch die Wurzeln
aufgenommen werden muß. Aus den Verſuchen des Engländers
Hales und des Deutſchen Schübler ſcheint hervorzugehen, daß
die Pflanzen bedeutend größere Quantitäten von Waſſer verbrauchen,
als mit dem Regen herabfällt. Eine Sonnenblume verbraucht täglich
1¼ Pfund Waſſer; alſo wenn jede Pflanze 4 Quadratfuß einnimmt,
bedürfen die Pflanzen eines Morgens in den vier Sommermonaten
1,500,000 Pfund. Der Boden zwiſchen ihnen iſt aber mit Gras und
Unkraut bewachſen und auch dieſes verzehrt Waſſer, welches man noch zu
1,500,000 Pfund veranſchlagen kann. Im Ganzen verlangt alſo ein
Morgen Landes mit Sonnenblumen beſetzt 3 Millionen Pfd. Waſſer.
Durch ähnliche Berechnungen findet man für den Bedarf eines
mit Kohl bepflanzten Morgens 5 Millionen Pfund; für einen Obſt-
garten mit Zwergbirnbäumen beſetzt ebenſoviel; für einen Morgen,
der mit Hopfen bepflanzt iſt, ſogar 6 bis 7 Millionen Pfund.
Die dieſen Berechnungen zu Grunde liegenden Verſuche wurden
in England angeſtellt, wo während der vier Sommermonate höchſtens
1,600,000 Pfund Regen auf den Morgen Landes fällt. Man würde
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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/165>, abgerufen am 25.11.2024.
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