Cub. Zoll Kohlensäure aus und ganz derselbe Tausch findet bei den Ver- brennungsprocessen Statt. Nach den obigen Annahmen müßten also im Verlauf von 5000 Jahren ungefähr 12,500 Cub. Meilen Kohlensäure in die Luft gehaucht seyn, wenn wir die großen Quantitäten, die den Vulcanen alljährlich entströmen, noch ganz unberücksichtigt lassen. Es müßte folglich die Kohlensäure in der Luft sich zum Sauerstoff wie 1:500 verhalten, während sie in der That doch nur den vierten Theil davon ausmacht. Es ergiebt sich daraus, daß es irgendwo einen Proceß geben muß, durch welchen der Atmosphäre die Kohlen- säure wieder entzogen und in andere Verbindungen übergeführt wird.
Der Sauerstoff hat die Eigenschaft, sich leicht mit andern Stof- fen, besonders mit Kohlenstoff und Wasserstoff zu verbinden, ein Vor- gang, den der Chemiker Verbrennen nennt, wenn auch nicht gerade Lichterscheinungen dabei Statt finden; bei welchem aber stets eine im Verhältniß zum verbrauchten Sauerstoffe ganz bestimmte Menge von Wärme entbunden wird. Der Stickstoff dagegen hat nur sehr geringe Verwandtschaft zu andern Stoffen, er verbrennt fast gar nicht, aber verbindet sich leicht mit dem Wasserstoffe zu Ammoniak.
Die vier genannten Elemente bilden nun durch ihre Verbindun- gen unter einander zahlreiche Stoffe, aber für die organische Welt haben nur zwei Reihen eine durchgreifendere Bedeutung. Die eine Reihe umfaßt Stoffe, die aus allen vier Elementen zusammengesetzt sind. Hierher gehören Eiweiß, Faserstoff, Käsestoff und Leim. Aus diesen Stoffen ist der ganze thierische Körper gebildet, und wenn sie von demselben getrennt, vom Leben verlassen werden, gehen sie alle in kurzer Zeit durch Verwesung in Wasser, Ammoniak und Kohlen- säure über, welche sich in der Luft verbreiten. Die zweite Reihe enthält dagegen Stoffe, welche stickstofffrei sind, nämlich Gummi, Zucker, Stärkemehl, die daraus bereiteten Getränke, wie Spiritus, Wein, Bier, und endlich die Fettarten. Diese gehen sämmtlich nur durch den thierischen Körper durch, indem ihr Kohlenstoff und Wasserstoff durch den beim Athmen aufgenommenen Sauerstoff verbrannt und als Kohlensäure und Wasser wieder ausgehaucht werden. Durch diesen
Schleiden, Pflanze. 9
Cub. Zoll Kohlenſäure aus und ganz derſelbe Tauſch findet bei den Ver- brennungsproceſſen Statt. Nach den obigen Annahmen müßten alſo im Verlauf von 5000 Jahren ungefähr 12,500 Cub. Meilen Kohlenſäure in die Luft gehaucht ſeyn, wenn wir die großen Quantitäten, die den Vulcanen alljährlich entſtrömen, noch ganz unberückſichtigt laſſen. Es müßte folglich die Kohlenſäure in der Luft ſich zum Sauerſtoff wie 1:500 verhalten, während ſie in der That doch nur den vierten Theil davon ausmacht. Es ergiebt ſich daraus, daß es irgendwo einen Proceß geben muß, durch welchen der Atmoſphäre die Kohlen- ſäure wieder entzogen und in andere Verbindungen übergeführt wird.
Der Sauerſtoff hat die Eigenſchaft, ſich leicht mit andern Stof- fen, beſonders mit Kohlenſtoff und Waſſerſtoff zu verbinden, ein Vor- gang, den der Chemiker Verbrennen nennt, wenn auch nicht gerade Lichterſcheinungen dabei Statt finden; bei welchem aber ſtets eine im Verhältniß zum verbrauchten Sauerſtoffe ganz beſtimmte Menge von Wärme entbunden wird. Der Stickſtoff dagegen hat nur ſehr geringe Verwandtſchaft zu andern Stoffen, er verbrennt faſt gar nicht, aber verbindet ſich leicht mit dem Waſſerſtoffe zu Ammoniak.
Die vier genannten Elemente bilden nun durch ihre Verbindun- gen unter einander zahlreiche Stoffe, aber für die organiſche Welt haben nur zwei Reihen eine durchgreifendere Bedeutung. Die eine Reihe umfaßt Stoffe, die aus allen vier Elementen zuſammengeſetzt ſind. Hierher gehören Eiweiß, Faſerſtoff, Käſeſtoff und Leim. Aus dieſen Stoffen iſt der ganze thieriſche Körper gebildet, und wenn ſie von demſelben getrennt, vom Leben verlaſſen werden, gehen ſie alle in kurzer Zeit durch Verweſung in Waſſer, Ammoniak und Kohlen- ſäure über, welche ſich in der Luft verbreiten. Die zweite Reihe enthält dagegen Stoffe, welche ſtickſtofffrei ſind, nämlich Gummi, Zucker, Stärkemehl, die daraus bereiteten Getränke, wie Spiritus, Wein, Bier, und endlich die Fettarten. Dieſe gehen ſämmtlich nur durch den thieriſchen Körper durch, indem ihr Kohlenſtoff und Waſſerſtoff durch den beim Athmen aufgenommenen Sauerſtoff verbrannt und als Kohlenſäure und Waſſer wieder ausgehaucht werden. Durch dieſen
Schleiden, Pflanze. 9
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Cub. Zoll Kohlenſäure aus und ganz derſelbe Tauſch findet bei den Ver-
brennungsproceſſen Statt. Nach den obigen Annahmen müßten alſo im
Verlauf von 5000 Jahren ungefähr 12,500 Cub. Meilen Kohlenſäure
in die Luft gehaucht ſeyn, wenn wir die großen Quantitäten, die den
Vulcanen alljährlich entſtrömen, noch ganz unberückſichtigt laſſen.
Es müßte folglich die Kohlenſäure in der Luft ſich zum Sauerſtoff
wie 1:500 verhalten, während ſie in der That doch nur den vierten
Theil davon ausmacht. Es ergiebt ſich daraus, daß es irgendwo
einen Proceß geben muß, durch welchen der Atmoſphäre die Kohlen-
ſäure wieder entzogen und in andere Verbindungen übergeführt wird.
Der Sauerſtoff hat die Eigenſchaft, ſich leicht mit andern Stof-
fen, beſonders mit Kohlenſtoff und Waſſerſtoff zu verbinden, ein Vor-
gang, den der Chemiker Verbrennen nennt, wenn auch nicht gerade
Lichterſcheinungen dabei Statt finden; bei welchem aber ſtets eine im
Verhältniß zum verbrauchten Sauerſtoffe ganz beſtimmte Menge von
Wärme entbunden wird. Der Stickſtoff dagegen hat nur ſehr geringe
Verwandtſchaft zu andern Stoffen, er verbrennt faſt gar nicht, aber
verbindet ſich leicht mit dem Waſſerſtoffe zu Ammoniak.
Die vier genannten Elemente bilden nun durch ihre Verbindun-
gen unter einander zahlreiche Stoffe, aber für die organiſche Welt
haben nur zwei Reihen eine durchgreifendere Bedeutung. Die eine
Reihe umfaßt Stoffe, die aus allen vier Elementen zuſammengeſetzt
ſind. Hierher gehören Eiweiß, Faſerſtoff, Käſeſtoff und Leim.
Aus dieſen Stoffen iſt der ganze thieriſche Körper gebildet, und wenn ſie
von demſelben getrennt, vom Leben verlaſſen werden, gehen ſie alle
in kurzer Zeit durch Verweſung in Waſſer, Ammoniak und Kohlen-
ſäure über, welche ſich in der Luft verbreiten. Die zweite Reihe enthält
dagegen Stoffe, welche ſtickſtofffrei ſind, nämlich Gummi, Zucker,
Stärkemehl, die daraus bereiteten Getränke, wie Spiritus, Wein,
Bier, und endlich die Fettarten. Dieſe gehen ſämmtlich nur durch
den thieriſchen Körper durch, indem ihr Kohlenſtoff und Waſſerſtoff
durch den beim Athmen aufgenommenen Sauerſtoff verbrannt und als
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Schleiden, Pflanze. 9
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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/145>, abgerufen am 16.02.2025.
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