Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862.

Bild:
<< vorherige Seite

Persönl. pron. Dat. sing.
§. 265.minalen declination und die dativform auf -mma der pronomi-
nalen declination des gotischen dafür, daß die formen I. mi-s,
II. thu-s, reflex. si-s reste von ursprünglichen locativen ma-smin,
tu-smin, sva-smin
sind (auß dativen wie ma-smai, tu-smai würde
ein *mamma, *thumma geworden sein).

Dativ sing. Urspr. I. ma-bhiam, II. tu-bhiam, reflex.
sva-bhiam. Über das dativsuffix -bhiam, -bhjam, eine weiterbil-
dung von bhi, das im singular sich nur bei disen pronominibus
erhalten hat, wärend es im plural -bhiam-s algemeine anwen-
dung fand, s. §. 259. 261.

Altind. I. ma-hjam, durch dissimilation für *ma-bhjam,
II. tu-bhjam, vedisch auch tu-bhja.

Altbaktr. I. maibja (auß lautendes a in dem dialecte des
zweiten teiles des Jacna = a) und maibjo (Spiegel, Beitr. II,
230), o = a (§. 27, 5) = urspr. mabhjam, II. tai-bja, tai-bjo
nach diser analogie auß tva-bhjam; vgl. das vedische tu-bhja,
dem ebenfals das m felt. Spiegel fürt (Beitr. II, 32) mavoja
oder mavaja an, welches er auß *ma-bja, *ma-vja (mit er-
weichung von b zu v) erklärt, mit einschiebung von a zwischen
v und j (vo = va §. 27, 5).

Griech. I. dor. emin, II. Hom. teIn, dor. tin (refl. in ist
unsicher) mit langem i sind sicher durch den bei dem casus-
elemente ursprüngl. -bhi häufigen verlust des anlautes (§. 260.
261. 262.) zunächst auß *eme-phin, *te-phin hervor gegangen.
Die länge des i in teIn zeugt gegen die gleichstellung mit
dem bhi des instrumentals, es ligt vilmer hier ein echtes dativ-
suffix vor und -in = *-phin ist auß *-phien = bhiam entstanden.

Ital. Latein. I. mi-hei, umbr. me-he, durch dissimilation
für *mi-bei, *me-fe; II. ti-bei, umbr. te-fe; reflex. si-bei (umbr.
seso ist dunkel und seltsam). Die stämme mi, ti für tvi, si
für svi sind auß ma, tva, sva geschwächt; das casussuffix -bei,
-bei
(später auch bi) findet sich auch noch in u-bi (= quo-bei),
i-bi; ei
ist hier auß ie oder io geworden (vgl. o. s. 475); zunächst
hätte man für urspr. *bhjam im lateinischen *biom oder villeicht
*biem erwartet. Der abfall d. m ist nicht auffallend; vgl. altind. -bhja.

Slawisch felt; der dativ wird durch den locativ ersezt.

Persönl. pron. Dat. sing.
§. 265.minalen declination und die dativform auf -mma der pronomi-
nalen declination des gotischen dafür, daß die formen I. mi-s,
II. thu-s, reflex. si-s reste von ursprünglichen locativen ma-smin,
tu-smin, sva-smin
sind (auß dativen wie ma-smâi, tu-smâi würde
ein *mamma, *thumma geworden sein).

Dativ sing. Urspr. I. ma-bhiam, II. tu-bhiam, reflex.
sva-bhiam. Über das dativsuffix -bhiam, -bhjam, eine weiterbil-
dung von bhi, das im singular sich nur bei disen pronominibus
erhalten hat, wärend es im plural -bhiam-s algemeine anwen-
dung fand, s. §. 259. 261.

Altind. I. má-hjam, durch dissimilation für *ma-bhjam,
II. tú-bhjam, vêdisch auch tú-bhja.

Altbaktr. I. maibjâ (auß lautendes â in dem dialecte des
zweiten teiles des Jaçna = a) und maibjô (Spiegel, Beitr. II,
230), ô = a (§. 27, 5) = urspr. mabhjam, II. tai-bjâ, tai-bjô
nach diser analogie auß tva-bhjam; vgl. das vêdische tu-bhja,
dem ebenfals das m felt. Spiegel fürt (Beitr. II, 32) mâvôja
oder mâvaja an, welches er auß *mâ-bja, *mâ-vja (mit er-
weichung von b zu v) erklärt, mit einschiebung von a zwischen
v und j (vô = va §. 27, 5).

Griech. I. dor. ἐμίν, II. Hom. τεΐν, dor. τίν (refl. ἵν ist
unsicher) mit langem ι sind sicher durch den bei dem casus-
elemente ursprüngl. -bhi häufigen verlust des anlautes (§. 260.
261. 262.) zunächst auß *ἐμε-φιν, *τε-φιν hervor gegangen.
Die länge des ι in τεΐν zeugt gegen die gleichstellung mit
dem bhĭ des instrumentals, es ligt vilmer hier ein echtes dativ-
suffix vor und -ῑν = *-φῑν ist auß *-φιεν = bhiam entstanden.

Ital. Latein. I. mi-hei, umbr. me-hê, durch dissimilation
für *mi-bei, *me-fê; II. ti-bei, umbr. te-fê; reflex. si-bei (umbr.
seso ist dunkel und seltsam). Die stämme mi, ti für tvi, si
für svi sind auß ma, tva, sva geschwächt; das casussuffix -bei,
-bî
(später auch bĭ) findet sich auch noch in u-bi (= quo-bei),
i-bi; ei
ist hier auß ie oder io geworden (vgl. o. s. 475); zunächst
hätte man für urspr. *bhjam im lateinischen *biom oder villeicht
*biem erwartet. Der abfall d. m ist nicht auffallend; vgl. altind. -bhja.

Slawisch felt; der dativ wird durch den locativ ersezt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0220" n="494"/><fw place="top" type="header">Persönl. pron. Dat. sing.</fw><lb/><note place="left">§. 265.</note>minalen declination und die dativform auf <hi rendition="#i">-mma</hi> der pronomi-<lb/>
nalen declination des gotischen dafür, daß die formen I. <hi rendition="#i">mi-s,</hi><lb/>
II. <hi rendition="#i">thu-s,</hi> reflex. <hi rendition="#i">si-s</hi> reste von ursprünglichen locativen <hi rendition="#i">ma-smin,<lb/>
tu-smin, sva-smin</hi> sind (auß dativen wie <hi rendition="#i">ma-smâi, tu-smâi</hi> würde<lb/>
ein *<hi rendition="#i">mamma,</hi> *<hi rendition="#i">thumma</hi> geworden sein).</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Dativ sing. Urspr</hi>. I. <hi rendition="#i">ma-bhiam,</hi> II. <hi rendition="#i">tu-bhiam,</hi> reflex.<lb/><hi rendition="#i">sva-bhiam</hi>. Über das dativsuffix <hi rendition="#i">-bhiam, -bhjam,</hi> eine weiterbil-<lb/>
dung von <hi rendition="#i">bhi,</hi> das im singular sich nur bei disen pronominibus<lb/>
erhalten hat, wärend es im plural <hi rendition="#i">-bhiam-s</hi> algemeine anwen-<lb/>
dung fand, s. §. 259. 261.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Altind</hi>. I. <hi rendition="#i">má-hjam,</hi> durch dissimilation für *<hi rendition="#i">ma-bhjam,</hi><lb/>
II. <hi rendition="#i">tú-bhjam,</hi> vêdisch auch <hi rendition="#i">tú-bhja</hi>.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Altbaktr</hi>. I. <hi rendition="#i">maibjâ</hi> (auß lautendes <hi rendition="#i">â</hi> in dem dialecte des<lb/>
zweiten teiles des Jaçna = <hi rendition="#i">a)</hi> und <hi rendition="#i">maibjô</hi> (<hi rendition="#g">Spiegel</hi>, Beitr. II,<lb/>
230), <hi rendition="#i">ô</hi> = <hi rendition="#i">a</hi> (§. 27, 5) = urspr. <hi rendition="#i">mabhjam</hi>, II. <hi rendition="#i">tai-bjâ, tai-bjô</hi><lb/>
nach diser analogie auß <hi rendition="#i">tva-bhjam;</hi> vgl. das vêdische <hi rendition="#i">tu-bhja,</hi><lb/>
dem ebenfals das <hi rendition="#i">m</hi> felt. <hi rendition="#g">Spiegel</hi> fürt (Beitr. II, 32) <hi rendition="#i">mâvôja</hi><lb/>
oder <hi rendition="#i">mâvaja</hi> an, welches er auß *<hi rendition="#i">mâ-bja,</hi> *<hi rendition="#i">mâ-vja</hi> (mit er-<lb/>
weichung von <hi rendition="#i">b</hi> zu <hi rendition="#i">v)</hi> erklärt, mit einschiebung von <hi rendition="#i">a</hi> zwischen<lb/><hi rendition="#i">v</hi> und <hi rendition="#i">j (vô</hi> = <hi rendition="#i">va</hi> §. 27, 5).</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Griech</hi>. I. dor. <hi rendition="#i">&#x1F10;&#x03BC;&#x03AF;&#x03BD;</hi>, II. Hom. <hi rendition="#i">&#x03C4;&#x03B5;&#x0390;&#x03BD;</hi>, dor. <hi rendition="#i">&#x03C4;&#x03AF;&#x03BD;</hi> (refl. <hi rendition="#i">&#x1F35;&#x03BD;</hi> ist<lb/>
unsicher) mit langem <hi rendition="#i">&#x03B9;</hi> sind sicher durch den bei dem casus-<lb/>
elemente ursprüngl. <hi rendition="#i">-bhi</hi> häufigen verlust des anlautes (§. 260.<lb/>
261. 262.) zunächst auß *<hi rendition="#i">&#x1F10;&#x03BC;&#x03B5;-&#x03C6;&#x03B9;&#x03BD;</hi>, *<hi rendition="#i">&#x03C4;&#x03B5;-&#x03C6;&#x03B9;&#x03BD;</hi> hervor gegangen.<lb/>
Die länge des <hi rendition="#i">&#x03B9;</hi> in <hi rendition="#i">&#x03C4;&#x03B5;&#x0390;&#x03BD;</hi> zeugt gegen die gleichstellung mit<lb/>
dem <hi rendition="#i">bh&#x012D;</hi> des instrumentals, es ligt vilmer hier ein echtes dativ-<lb/>
suffix vor und <hi rendition="#i">-&#x1FD1;&#x03BD;</hi> = *<hi rendition="#i">-&#x03C6;&#x1FD1;&#x03BD;</hi> ist auß *<hi rendition="#i">-&#x03C6;&#x03B9;&#x03B5;&#x03BD;</hi> = <hi rendition="#i">bhiam</hi> entstanden.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Ital. Latein</hi>. I. <hi rendition="#i">mi-hei,</hi> umbr. <hi rendition="#i">me-hê,</hi> durch dissimilation<lb/>
für *<hi rendition="#i">mi-bei,</hi> *<hi rendition="#i">me-fê;</hi> II. <hi rendition="#i">ti-bei,</hi> umbr. <hi rendition="#i">te-fê;</hi> reflex. <hi rendition="#i">si-bei</hi> (umbr.<lb/><hi rendition="#i">seso</hi> ist dunkel und seltsam). Die stämme <hi rendition="#i">mi, ti</hi> für <hi rendition="#i">tvi, si</hi><lb/>
für <hi rendition="#i">svi</hi> sind auß <hi rendition="#i">ma, tva, sva</hi> geschwächt; das casussuffix <hi rendition="#i">-bei,<lb/>
-bî</hi> (später auch <hi rendition="#i">b&#x012D;)</hi> findet sich auch noch in <hi rendition="#i">u-bi (</hi>= <hi rendition="#i">quo-bei),<lb/>
i-bi; ei</hi> ist hier auß <hi rendition="#i">ie</hi> oder <hi rendition="#i">io</hi> geworden (vgl. o. s. 475); zunächst<lb/>
hätte man für urspr. *<hi rendition="#i">bhjam</hi> im lateinischen *<hi rendition="#i">biom</hi> oder villeicht<lb/>
*<hi rendition="#i">biem</hi> erwartet. Der abfall d. <hi rendition="#i">m</hi> ist nicht auffallend; vgl. altind. <hi rendition="#i">-bhja</hi>.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Slawisch</hi> felt; der dativ wird durch den locativ ersezt.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[494/0220] Persönl. pron. Dat. sing. minalen declination und die dativform auf -mma der pronomi- nalen declination des gotischen dafür, daß die formen I. mi-s, II. thu-s, reflex. si-s reste von ursprünglichen locativen ma-smin, tu-smin, sva-smin sind (auß dativen wie ma-smâi, tu-smâi würde ein *mamma, *thumma geworden sein). §. 265. Dativ sing. Urspr. I. ma-bhiam, II. tu-bhiam, reflex. sva-bhiam. Über das dativsuffix -bhiam, -bhjam, eine weiterbil- dung von bhi, das im singular sich nur bei disen pronominibus erhalten hat, wärend es im plural -bhiam-s algemeine anwen- dung fand, s. §. 259. 261. Altind. I. má-hjam, durch dissimilation für *ma-bhjam, II. tú-bhjam, vêdisch auch tú-bhja. Altbaktr. I. maibjâ (auß lautendes â in dem dialecte des zweiten teiles des Jaçna = a) und maibjô (Spiegel, Beitr. II, 230), ô = a (§. 27, 5) = urspr. mabhjam, II. tai-bjâ, tai-bjô nach diser analogie auß tva-bhjam; vgl. das vêdische tu-bhja, dem ebenfals das m felt. Spiegel fürt (Beitr. II, 32) mâvôja oder mâvaja an, welches er auß *mâ-bja, *mâ-vja (mit er- weichung von b zu v) erklärt, mit einschiebung von a zwischen v und j (vô = va §. 27, 5). Griech. I. dor. ἐμίν, II. Hom. τεΐν, dor. τίν (refl. ἵν ist unsicher) mit langem ι sind sicher durch den bei dem casus- elemente ursprüngl. -bhi häufigen verlust des anlautes (§. 260. 261. 262.) zunächst auß *ἐμε-φιν, *τε-φιν hervor gegangen. Die länge des ι in τεΐν zeugt gegen die gleichstellung mit dem bhĭ des instrumentals, es ligt vilmer hier ein echtes dativ- suffix vor und -ῑν = *-φῑν ist auß *-φιεν = bhiam entstanden. Ital. Latein. I. mi-hei, umbr. me-hê, durch dissimilation für *mi-bei, *me-fê; II. ti-bei, umbr. te-fê; reflex. si-bei (umbr. seso ist dunkel und seltsam). Die stämme mi, ti für tvi, si für svi sind auß ma, tva, sva geschwächt; das casussuffix -bei, -bî (später auch bĭ) findet sich auch noch in u-bi (= quo-bei), i-bi; ei ist hier auß ie oder io geworden (vgl. o. s. 475); zunächst hätte man für urspr. *bhjam im lateinischen *biom oder villeicht *biem erwartet. Der abfall d. m ist nicht auffallend; vgl. altind. -bhja. Slawisch felt; der dativ wird durch den locativ ersezt.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862/220
Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862, S. 494. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862/220>, abgerufen am 06.05.2024.