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Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862.

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Persönl. pron. Locat. sing.
tonlose form diser casus, ursprünglich aber ist es ein locativ§. 265.
vgl. d. griech.; II. tva-j-i, wie ma-j-i; ved. noch tve, welches,
zu te ab geschwächt, in der classischen sprache als enklitische
form in der function des dativs und genitivs erscheint.

Altbaktr. I. die dativformen me, moi = urspr. ma-i sind
locative; eben so II. thwoi, toi, te = urspr. tva-i. Ferner
thwa-hmi, grundform *tva-smin, also nach art der pronomina-
len declination (§. 264, pag. 487).

Griech. I. e-mo-i, mo-i, II. soi = *swoi auß *two-i; reflex.
oi, eoi, grundform *sava-i.

Ital. felt.

Slaw. Außer im nom. acc. sg. zeigt das slawische die
stämme I. muna, mena, II. teba oder toba, reflex. seba oder
soba. Zu I. vgl. den accus. sing. des litauischen; das b in den
stämmen der II. pers. und des reflexivs ist dagegen schwer zu
erklären, da eine verhärtung von v zu b im slaw. unerhört ist.
Die anname, daß das b durch die alte casusendung urspr. bhi,
bhi-am
bedingt sei, ist schon deshalb unhaltbar, da diß suffix
im slawogermanischen sein bh stäts in m wandelt. Eine form
mag zuerst entstanden sein und sodann die analogie für die
übrigen ab gegeben haben, villeicht stamm taba, auß *tvatva
(tv
= b, wie im latein. oft dv = b). Der locativ, der zu-
gleich auch als dativ gilt, wird nach art der weibl. a-stämme
gebildet, I. mune, II. tebe, reflex. sebe (wie race von raka ma-
nus). Alt sind die enklitischen formen I. mi, II. ti, reflex. si,
deren i = e zu setzen ist (§. 88, 8), also = *me, *te, *se,
grundform ma-i, tva-i, sva-i und dem griech. und altind. völlig
entsprechend.

Litauisch I. many-je, many, II. tavy-je, tavy, reflex. savyje
savy,
wie von weiblichen i-stämmen, in der älteren sprache auch
mit steigerung des i taveje, saveje (geschriben tawieje, sawieie;
Smith in Beitr. II, 339).

Gotisch. Obwol man nicht entscheiden kann ob die als
dative fungierenden formen des gotischen personalpronomen
urspr. dative oder locative gewesen seien, so spricht doch der
fast außschließliche gebrauch des locativs als dativ in der no-

Schleicher, vergl. gramm. d. indog. spr. 32

Persönl. pron. Locat. sing.
tonlose form diser casus, ursprünglich aber ist es ein locativ§. 265.
vgl. d. griech.; II. tvá-j-i, wie má-j-i; vêd. noch tvê, welches,
zu ab geschwächt, in der classischen sprache als enklitische
form in der function des dativs und genitivs erscheint.

Altbaktr. I. die dativformen mê, môi = urspr. ma-i sind
locative; eben so II. thwôi, tôi, tê = urspr. tva-i. Ferner
thwa-hmi, grundform *tva-smin, also nach art der pronomina-
len declination (§. 264, pag. 487).

Griech. I. ἐ-μο-ί, μο-ί, II. σοί = *σϝοι auß *τϝο-ι; reflex.
οἷ, ἑοῖ, grundform *sava-i.

Ital. felt.

Slaw. Außer im nom. acc. sg. zeigt das slawische die
stämme I. mŭna, mena, II. teba oder toba, reflex. seba oder
soba. Zu I. vgl. den accus. sing. des litauischen; das b in den
stämmen der II. pers. und des reflexivs ist dagegen schwer zu
erklären, da eine verhärtung von v zu b im slaw. unerhört ist.
Die anname, daß das b durch die alte casusendung urspr. bhi,
bhi-am
bedingt sei, ist schon deshalb unhaltbar, da diß suffix
im slawogermanischen sein bh stäts in m wandelt. Eine form
mag zuerst entstanden sein und sodann die analogie für die
übrigen ab gegeben haben, villeicht stamm taba, auß *tvatva
(tv
= b, wie im latein. oft dv = b). Der locativ, der zu-
gleich auch als dativ gilt, wird nach art der weibl. a-stämme
gebildet, I. muně, II. tebě, reflex. sebě (wie rącě von rąka ma-
nus). Alt sind die enklitischen formen I. mi, II. ti, reflex. si,
deren i = ě zu setzen ist (§. 88, 8), also = *mě, *tě, *sě,
grundform ma-i, tva-i, sva-i und dem griech. und altind. völlig
entsprechend.

Litauisch I. many-jè, maný, II. tavy-jè, tavý, reflex. savyjè
savý,
wie von weiblichen i-stämmen, in der älteren sprache auch
mit steigerung des i tavëje, savëje (geschriben tawieje, sawieie;
Smith in Beitr. II, 339).

Gotisch. Obwol man nicht entscheiden kann ob die als
dative fungierenden formen des gotischen personalpronomen
urspr. dative oder locative gewesen seien, so spricht doch der
fast außschließliche gebrauch des locativs als dativ in der no-

Schleicher, vergl. gramm. d. indog. spr. 32
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[493/0219] Persönl. pron. Locat. sing. tonlose form diser casus, ursprünglich aber ist es ein locativ vgl. d. griech.; II. tvá-j-i, wie má-j-i; vêd. noch tvê, welches, zu tê ab geschwächt, in der classischen sprache als enklitische form in der function des dativs und genitivs erscheint. §. 265. Altbaktr. I. die dativformen mê, môi = urspr. ma-i sind locative; eben so II. thwôi, tôi, tê = urspr. tva-i. Ferner thwa-hmi, grundform *tva-smin, also nach art der pronomina- len declination (§. 264, pag. 487). Griech. I. ἐ-μο-ί, μο-ί, II. σοί = *σϝοι auß *τϝο-ι; reflex. οἷ, ἑοῖ, grundform *sava-i. Ital. felt. Slaw. Außer im nom. acc. sg. zeigt das slawische die stämme I. mŭna, mena, II. teba oder toba, reflex. seba oder soba. Zu I. vgl. den accus. sing. des litauischen; das b in den stämmen der II. pers. und des reflexivs ist dagegen schwer zu erklären, da eine verhärtung von v zu b im slaw. unerhört ist. Die anname, daß das b durch die alte casusendung urspr. bhi, bhi-am bedingt sei, ist schon deshalb unhaltbar, da diß suffix im slawogermanischen sein bh stäts in m wandelt. Eine form mag zuerst entstanden sein und sodann die analogie für die übrigen ab gegeben haben, villeicht stamm taba, auß *tvatva (tv = b, wie im latein. oft dv = b). Der locativ, der zu- gleich auch als dativ gilt, wird nach art der weibl. a-stämme gebildet, I. muně, II. tebě, reflex. sebě (wie rącě von rąka ma- nus). Alt sind die enklitischen formen I. mi, II. ti, reflex. si, deren i = ě zu setzen ist (§. 88, 8), also = *mě, *tě, *sě, grundform ma-i, tva-i, sva-i und dem griech. und altind. völlig entsprechend. Litauisch I. many-jè, maný, II. tavy-jè, tavý, reflex. savyjè savý, wie von weiblichen i-stämmen, in der älteren sprache auch mit steigerung des i tavëje, savëje (geschriben tawieje, sawieie; Smith in Beitr. II, 339). Gotisch. Obwol man nicht entscheiden kann ob die als dative fungierenden formen des gotischen personalpronomen urspr. dative oder locative gewesen seien, so spricht doch der fast außschließliche gebrauch des locativs als dativ in der no- Schleicher, vergl. gramm. d. indog. spr. 32

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Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862/219>, abgerufen am 06.05.2024.