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Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862.

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Suffix -as. Altbulgarisch, Litauisch, Gotsich. Suff. -ana.
§. 229.

So lägen denn auch in den lateinischen infinitiven des pas-
sivs nur infinitive auf -se vor, da sie sämtlich mit den beiden
infinitiven fiere grundf. dhajas-ai und *siere grundf. (a)sjas-ai
zusammen gesezt sind. Wir kennen keine beßere erklärung
diser schwirigen formen.

Altbulgarisch. Neutra auf urspr. -as finden sich hier
noch in der alten consonantischen form, wärend sie in den bei-
den andern sprachen der nordöstlichen gruppe der indogerma-
nischen sprachen fast völlig geschwunden sind; z. b. stamm
slov-es nom. sg. slovo (verbum), urspr. krav-as, altind. und alt-
baktrisch crau-as, griech. klew-os, wurz. slaw. slu ursprünglich
kru (audire); oc-es d. i. *ok-es (§. 182, A, 3, b), nom. sg.
ok-o (oculus) wurz. ak (vgl. oc-ulus, griech. osse = *okje, alt-
ind. ak-si); neb-es, nom. sg. nebo (coelum), altind. und urspr.
nabh-as u. a.

Im Litauischen sind nur reste des suffixes -as, das hier
zu as-ja weiter gebildet ward, erhalten, z. b. stamm ed-esja,
nom. sg. ed-esi-s (msc. pabulum), wurz. ed (edere) urspr. ad;
kalb-esja
, nom. sg. kalbesi-s (msc. proverbium), vgl. kalb-eti (lo-
qui); deg-esja, nom. sg. degesi-s (mensis sextilis), wurz. deg
(deg-ti
ardere); debesi s (nubes) als msc. stamm debesja, als
fem. stamm debesi, vgl. urspr. und altind. nabh-as, slaw. stamm
neb-es, im litauischen ist im anlaute d für urspr. n ein getreten
(vgl. §. 189, 1 anm.).

Gotisch. Auch hier finden sich nur reste und zwar ist
das suffix -as in die analogie der a-stämme über getreten, als
wäre -asa die grundform. Das suffix lautet im gotischen -isa,
mit schwächung von as zu is. Das genus neutr. ist gebliben.
So die stämme hat-isa, nom. sg. hatis (odium), wurz. hat (hat-ands
osor); ag-isa, nom. sg. ag-is (timor), wurz. ag (vgl. das perf.
og timeo); rim-isa, nom. sg. rim-is (quies), wurz. altind. und
urspr. ram (requiescere); riq-isa, nom. sg. riqis (tenebrae),
altind. rag-as (pulvis, urspr. wol tenebrae; vgl. rag-anei nox).

§. 230.

Suffix urspr. -ana. Es bildet infinitive im altindischen,
griechischen, gotischen.

Das suffix gehörte sicher der indog. ursprache bereits

Suffix -as. Altbulgarisch, Litauisch, Gotsich. Suff. -ana.
§. 229.

So lägen denn auch in den lateinischen infinitiven des pas-
sivs nur infinitive auf -se vor, da sie sämtlich mit den beiden
infinitiven fiere grundf. dhajas-ai und *siere grundf. (a)sjas-ai
zusammen gesezt sind. Wir kennen keine beßere erklärung
diser schwirigen formen.

Altbulgarisch. Neutra auf urspr. -as finden sich hier
noch in der alten consonantischen form, wärend sie in den bei-
den andern sprachen der nordöstlichen gruppe der indogerma-
nischen sprachen fast völlig geschwunden sind; z. b. stamm
slov-es nom. sg. slovo (verbum), urspr. krav-as, altind. und alt-
baktrisch çrau-as, griech. ϰλέϝ-ος, wurz. slaw. slu ursprünglich
kru (audire); oč-es d. i. *ok-es (§. 182, A, 3, b), nom. sg.
ok-o (oculus) wurz. ak (vgl. oc-ulus, griech. ὄσσε = *ὀϰϳε, alt-
ind. ák-śi); neb-es, nom. sg. nebo (coelum), altind. und urspr.
nábh-as u. a.

Im Litauischen sind nur reste des suffixes -as, das hier
zu as-ja weiter gebildet ward, erhalten, z. b. stamm ėd-esja,
nom. sg. ė́d-esi-s (msc. pabulum), wurz. ėd (edere) urspr. ad;
kalb-esja
, nom. sg. kàlbesi-s (msc. proverbium), vgl. kalb-ė́ti (lo-
qui); deg-esja, nom. sg. degési-s (mensis sextilis), wurz. deg
(dèg-ti
ardere); debesì s (nubes) als msc. stamm debesja, als
fem. stamm debesi, vgl. urspr. und altind. nabh-as, slaw. stamm
neb-es, im litauischen ist im anlaute d für urspr. n ein getreten
(vgl. §. 189, 1 anm.).

Gotisch. Auch hier finden sich nur reste und zwar ist
das suffix -as in die analogie der a-stämme über getreten, als
wäre -asa die grundform. Das suffix lautet im gotischen -isa,
mit schwächung von as zu is. Das genus neutr. ist gebliben.
So die stämme hat-isa, nom. sg. hatis (odium), wurz. hat (hat-ands
osor); ag-isa, nom. sg. ag-is (timor), wurz. ag (vgl. das perf.
og timeo); rim-isa, nom. sg. rim-is (quies), wurz. altind. und
urspr. ram (requiescere); riq-isa, nom. sg. riqis (tenebrae),
altind. raǵ-as (pulvis, urspr. wol tenebrae; vgl. raǵ-anî nox).

§. 230.

Suffix urspr. -ana. Es bildet infinitive im altindischen,
griechischen, gotischen.

Das suffix gehörte sicher der indog. ursprache bereits

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[378/0104] Suffix -as. Altbulgarisch, Litauisch, Gotsich. Suff. -ana. So lägen denn auch in den lateinischen infinitiven des pas- sivs nur infinitive auf -se vor, da sie sämtlich mit den beiden infinitiven fiere grundf. dhajas-ai und *siere grundf. (a)sjas-ai zusammen gesezt sind. Wir kennen keine beßere erklärung diser schwirigen formen. Altbulgarisch. Neutra auf urspr. -as finden sich hier noch in der alten consonantischen form, wärend sie in den bei- den andern sprachen der nordöstlichen gruppe der indogerma- nischen sprachen fast völlig geschwunden sind; z. b. stamm slov-es nom. sg. slovo (verbum), urspr. krav-as, altind. und alt- baktrisch çrau-as, griech. ϰλέϝ-ος, wurz. slaw. slu ursprünglich kru (audire); oč-es d. i. *ok-es (§. 182, A, 3, b), nom. sg. ok-o (oculus) wurz. ak (vgl. oc-ulus, griech. ὄσσε = *ὀϰϳε, alt- ind. ák-śi); neb-es, nom. sg. nebo (coelum), altind. und urspr. nábh-as u. a. Im Litauischen sind nur reste des suffixes -as, das hier zu as-ja weiter gebildet ward, erhalten, z. b. stamm ėd-esja, nom. sg. ė́d-esi-s (msc. pabulum), wurz. ėd (edere) urspr. ad; kalb-esja, nom. sg. kàlbesi-s (msc. proverbium), vgl. kalb-ė́ti (lo- qui); deg-esja, nom. sg. degési-s (mensis sextilis), wurz. deg (dèg-ti ardere); debesì s (nubes) als msc. stamm debesja, als fem. stamm debesi, vgl. urspr. und altind. nabh-as, slaw. stamm neb-es, im litauischen ist im anlaute d für urspr. n ein getreten (vgl. §. 189, 1 anm.). Gotisch. Auch hier finden sich nur reste und zwar ist das suffix -as in die analogie der a-stämme über getreten, als wäre -asa die grundform. Das suffix lautet im gotischen -isa, mit schwächung von as zu is. Das genus neutr. ist gebliben. So die stämme hat-isa, nom. sg. hatis (odium), wurz. hat (hat-ands osor); ag-isa, nom. sg. ag-is (timor), wurz. ag (vgl. das perf. og timeo); rim-isa, nom. sg. rim-is (quies), wurz. altind. und urspr. ram (requiescere); riq-isa, nom. sg. riqis (tenebrae), altind. raǵ-as (pulvis, urspr. wol tenebrae; vgl. raǵ-anî nox). Suffix urspr. -ana. Es bildet infinitive im altindischen, griechischen, gotischen. Das suffix gehörte sicher der indog. ursprache bereits

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Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862/104>, abgerufen am 03.05.2024.