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Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808.

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Grammatik folgen. Eben so übereinstimmend ist
die Bildung des Imperfectums durch Verände-
rung des Vokals in einer Gattung der deutschen
Zeitwörter. Wird in einer andern das Imper-
fectum durch ein eingefügtes t gebildet, so ist
dieß freilich eine besondre Eigenthümlichkeit, eben
so wie das b im römischen Imperfectum; das
Princip aber ist immer noch dasselbe, daß nehm-
lich die Nebenbestimmung der Bedeutung nach
der Zeit und andern Verhältnissen nicht durch
besondre Worte oder von außen angehängte Par-
tikeln geschieht, sondern durch innre Modification
der Wurzel.

Nehmen wir vollends die Grammatik der
ältern Mundarten hinzu, des Gothischen und
Angelsächsischen für den Deutschen, des Islän-
dischen für den skandinavischen Zweig unsrer
Sprache; so finden wir nicht nur ein Perfectum
mit einem Augment, wie im Griechischen und
Indischen, einen Dualis, genauere Geschlechts-
und Verhältnißbestimmungen der Participien und
der Declination, die jetzt verlohren, sondern auch
viele andre Flexionen, die jetzt schon etwas abge-
stumpft und weniger kenntlich sind; die dritte

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Grammatik folgen. Eben ſo uͤbereinſtimmend iſt
die Bildung des Imperfectums durch Veraͤnde-
rung des Vokals in einer Gattung der deutſchen
Zeitwoͤrter. Wird in einer andern das Imper-
fectum durch ein eingefuͤgtes t gebildet, ſo iſt
dieß freilich eine beſondre Eigenthuͤmlichkeit, eben
ſo wie das b im roͤmiſchen Imperfectum; das
Princip aber iſt immer noch daſſelbe, daß nehm-
lich die Nebenbeſtimmung der Bedeutung nach
der Zeit und andern Verhaͤltniſſen nicht durch
beſondre Worte oder von außen angehaͤngte Par-
tikeln geſchieht, ſondern durch innre Modification
der Wurzel.

Nehmen wir vollends die Grammatik der
aͤltern Mundarten hinzu, des Gothiſchen und
Angelſaͤchſiſchen fuͤr den Deutſchen, des Islaͤn-
diſchen fuͤr den ſkandinaviſchen Zweig unſrer
Sprache; ſo finden wir nicht nur ein Perfectum
mit einem Augment, wie im Griechiſchen und
Indiſchen, einen Dualis, genauere Geſchlechts-
und Verhaͤltnißbeſtimmungen der Participien und
der Declination, die jetzt verlohren, ſondern auch
viele andre Flexionen, die jetzt ſchon etwas abge-
ſtumpft und weniger kenntlich ſind; die dritte

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[33/0052] Grammatik folgen. Eben ſo uͤbereinſtimmend iſt die Bildung des Imperfectums durch Veraͤnde- rung des Vokals in einer Gattung der deutſchen Zeitwoͤrter. Wird in einer andern das Imper- fectum durch ein eingefuͤgtes t gebildet, ſo iſt dieß freilich eine beſondre Eigenthuͤmlichkeit, eben ſo wie das b im roͤmiſchen Imperfectum; das Princip aber iſt immer noch daſſelbe, daß nehm- lich die Nebenbeſtimmung der Bedeutung nach der Zeit und andern Verhaͤltniſſen nicht durch beſondre Worte oder von außen angehaͤngte Par- tikeln geſchieht, ſondern durch innre Modification der Wurzel. Nehmen wir vollends die Grammatik der aͤltern Mundarten hinzu, des Gothiſchen und Angelſaͤchſiſchen fuͤr den Deutſchen, des Islaͤn- diſchen fuͤr den ſkandinaviſchen Zweig unſrer Sprache; ſo finden wir nicht nur ein Perfectum mit einem Augment, wie im Griechiſchen und Indiſchen, einen Dualis, genauere Geſchlechts- und Verhaͤltnißbeſtimmungen der Participien und der Declination, die jetzt verlohren, ſondern auch viele andre Flexionen, die jetzt ſchon etwas abge- ſtumpft und weniger kenntlich ſind; die dritte 3

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Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/52>, abgerufen am 22.11.2024.