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Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808.

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schaftliches System auftritt, so ist es nie etwas
anders als ein solches nach einem bloßen Mecha-
nismus der Vernunft fortschreitendes Combina-
tionsspiel aus Einem Positiven und Negativen,
welches eine solche Zahlensymbolik wie diese im
Grunde besser darstellt, als Worte es können. Da
dieß nun schon in dieser ältesten Form des Pan-
theismus Statt findet, so wird es sehr wahrschein-
lich, daß derselbe aus dem Dualismus entstanden
sei, durch spätere Umdeutung und Ausartung des-
selben. Sobald die Lehre von den zwei Principien
nicht mehr Religion, sondern System war, konnte
der Gedanke die beiden Grundkräfte in ein Höhe-
res zu vereinigen und aufzulösen kaum ausbleiben.

Der ursprüngliche Sinn des Yang nach
de Guignes ist Licht und Bewegung; des Yn Fin-
sterniß und Ruhe. Sehr vieles in der chinesischen
Lehre und Tradition vor Kon--fu--tse hat eine
unverkennbare Uebereinstimmung mit den persischen
Begriffen, wie man sie auch in einigem mit der
mosaischen Urkunde bemerkt hat. Die Entfernung
der Länder ist nicht so groß als es anfangs scheint;
die alte Cultur China's hatte ihren Hauptsitz in
der Nordwestlichen Provinz Shen -- st und in

ſchaftliches Syſtem auftritt, ſo iſt es nie etwas
anders als ein ſolches nach einem bloßen Mecha-
nismus der Vernunft fortſchreitendes Combina-
tionsſpiel aus Einem Poſitiven und Negativen,
welches eine ſolche Zahlenſymbolik wie dieſe im
Grunde beſſer darſtellt, als Worte es koͤnnen. Da
dieß nun ſchon in dieſer aͤlteſten Form des Pan-
theismus Statt findet, ſo wird es ſehr wahrſchein-
lich, daß derſelbe aus dem Dualismus entſtanden
ſei, durch ſpaͤtere Umdeutung und Ausartung deſ-
ſelben. Sobald die Lehre von den zwei Principien
nicht mehr Religion, ſondern Syſtem war, konnte
der Gedanke die beiden Grundkraͤfte in ein Hoͤhe-
res zu vereinigen und aufzuloͤſen kaum ausbleiben.

Der urſpruͤngliche Sinn des Yang nach
de Guignes iſt Licht und Bewegung; des Yn Fin-
ſterniß und Ruhe. Sehr vieles in der chineſiſchen
Lehre und Tradition vor Kon—fu—tſe hat eine
unverkennbare Uebereinſtimmung mit den perſiſchen
Begriffen, wie man ſie auch in einigem mit der
moſaiſchen Urkunde bemerkt hat. Die Entfernung
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[146/0165] ſchaftliches Syſtem auftritt, ſo iſt es nie etwas anders als ein ſolches nach einem bloßen Mecha- nismus der Vernunft fortſchreitendes Combina- tionsſpiel aus Einem Poſitiven und Negativen, welches eine ſolche Zahlenſymbolik wie dieſe im Grunde beſſer darſtellt, als Worte es koͤnnen. Da dieß nun ſchon in dieſer aͤlteſten Form des Pan- theismus Statt findet, ſo wird es ſehr wahrſchein- lich, daß derſelbe aus dem Dualismus entſtanden ſei, durch ſpaͤtere Umdeutung und Ausartung deſ- ſelben. Sobald die Lehre von den zwei Principien nicht mehr Religion, ſondern Syſtem war, konnte der Gedanke die beiden Grundkraͤfte in ein Hoͤhe- res zu vereinigen und aufzuloͤſen kaum ausbleiben. Der urſpruͤngliche Sinn des Yang nach de Guignes iſt Licht und Bewegung; des Yn Fin- ſterniß und Ruhe. Sehr vieles in der chineſiſchen Lehre und Tradition vor Kon—fu—tſe hat eine unverkennbare Uebereinſtimmung mit den perſiſchen Begriffen, wie man ſie auch in einigem mit der moſaiſchen Urkunde bemerkt hat. Die Entfernung der Laͤnder iſt nicht ſo groß als es anfangs ſcheint; die alte Cultur China’s hatte ihren Hauptſitz in der Nordweſtlichen Provinz Shen — ſt und in

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Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/165>, abgerufen am 07.05.2024.