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Schlegel, Johann Elias: Canut. Kopenhagen, 1746.

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Canut,
Ulfo.
Du bist die einzige, die ich zu sprechen scheue.
Nein! fodre nur von mir nicht Demuth oder Reue.
Mein Herz, das, wer ich bin, auch sterbend nicht ver-
gißt,
Weiß, welchen Schluß es nun sich selber schuldig ist.
Das Glück haßt meinen Ruhm, und will mich nicht er-
heben:
Was dieses mir versagt, will ich mir selber geben,
Und zeigen, was es mir für Unrecht angethan,
Und daß man auch durch Muth das Schicksal trutzen
kann.
Estrithe.
So trutze das Geschick, trutz es durch dein Verderben.
Jst denn der Ruhm so groß, als ein Verbrecher ster-
ben?
Daß er des Glückes Gunst, das dich zu schlecht ge-
schätzt,
Dein Leben und auch mich, wenn du mich liebst, er-
setzt?
Doch hätte dieses Glück dich, wie du willst, geehret,
Und deinen schändlichen, verfluchten Wunsch erhöret;
Hätt es dir den Canut in Ketten vorgestellt:
Dann wär es erst gerecht, dann priese dich die Welt.
Erkenn, Undankbarer, die Gunst von deinem Glücke.
So vielmal hält es dich vom Frevel schon zurücke,
Läßt dich nicht lasterhaft, als nur im Willen, seyn,
Und stürzet mit Gewalt der Bosheit Anschlag ein.
Es läßt dich, da dein Herz sich selbst zum Schaden
wütet,
Stets einen König sehn, der dir Vergebung bietet.
Wie
Canut,
Ulfo.
Du biſt die einzige, die ich zu ſprechen ſcheue.
Nein! fodre nur von mir nicht Demuth oder Reue.
Mein Herz, das, wer ich bin, auch ſterbend nicht ver-
gißt,
Weiß, welchen Schluß es nun ſich ſelber ſchuldig iſt.
Das Gluͤck haßt meinen Ruhm, und will mich nicht er-
heben:
Was dieſes mir verſagt, will ich mir ſelber geben,
Und zeigen, was es mir fuͤr Unrecht angethan,
Und daß man auch durch Muth das Schickſal trutzen
kann.
Eſtrithe.
So trutze das Geſchick, trutz es durch dein Verderben.
Jſt denn der Ruhm ſo groß, als ein Verbrecher ſter-
ben?
Daß er des Gluͤckes Gunſt, das dich zu ſchlecht ge-
ſchaͤtzt,
Dein Leben und auch mich, wenn du mich liebſt, er-
ſetzt?
Doch haͤtte dieſes Gluͤck dich, wie du willſt, geehret,
Und deinen ſchaͤndlichen, verfluchten Wunſch erhoͤret;
Haͤtt es dir den Canut in Ketten vorgeſtellt:
Dann waͤr es erſt gerecht, dann prieſe dich die Welt.
Erkenn, Undankbarer, die Gunſt von deinem Gluͤcke.
So vielmal haͤlt es dich vom Frevel ſchon zuruͤcke,
Laͤßt dich nicht laſterhaft, als nur im Willen, ſeyn,
Und ſtuͤrzet mit Gewalt der Bosheit Anſchlag ein.
Es laͤßt dich, da dein Herz ſich ſelbſt zum Schaden
wuͤtet,
Stets einen Koͤnig ſehn, der dir Vergebung bietet.
Wie
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[68/0082] Canut, Ulfo. Du biſt die einzige, die ich zu ſprechen ſcheue. Nein! fodre nur von mir nicht Demuth oder Reue. Mein Herz, das, wer ich bin, auch ſterbend nicht ver- gißt, Weiß, welchen Schluß es nun ſich ſelber ſchuldig iſt. Das Gluͤck haßt meinen Ruhm, und will mich nicht er- heben: Was dieſes mir verſagt, will ich mir ſelber geben, Und zeigen, was es mir fuͤr Unrecht angethan, Und daß man auch durch Muth das Schickſal trutzen kann. Eſtrithe. So trutze das Geſchick, trutz es durch dein Verderben. Jſt denn der Ruhm ſo groß, als ein Verbrecher ſter- ben? Daß er des Gluͤckes Gunſt, das dich zu ſchlecht ge- ſchaͤtzt, Dein Leben und auch mich, wenn du mich liebſt, er- ſetzt? Doch haͤtte dieſes Gluͤck dich, wie du willſt, geehret, Und deinen ſchaͤndlichen, verfluchten Wunſch erhoͤret; Haͤtt es dir den Canut in Ketten vorgeſtellt: Dann waͤr es erſt gerecht, dann prieſe dich die Welt. Erkenn, Undankbarer, die Gunſt von deinem Gluͤcke. So vielmal haͤlt es dich vom Frevel ſchon zuruͤcke, Laͤßt dich nicht laſterhaft, als nur im Willen, ſeyn, Und ſtuͤrzet mit Gewalt der Bosheit Anſchlag ein. Es laͤßt dich, da dein Herz ſich ſelbſt zum Schaden wuͤtet, Stets einen Koͤnig ſehn, der dir Vergebung bietet. Wie

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Zitationshilfe: Schlegel, Johann Elias: Canut. Kopenhagen, 1746, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_canut_1746/82>, abgerufen am 03.05.2024.