Schlegel, Johann Elias: Canut. Kopenhagen, 1746.ein Trauerspiel. Wie lange suchst du Ruhm auf einer falschen Bahn?Wähl einen Weg, wo dich das Glück nicht hindern kann. Was klagst du um das Lob, das dir so oft entgangen? Durch Tugend würdest du es ohne Müh erlangen. Ulfo. So hör ich denn von dir erst, was die Ehre sey? Estrithe. Jhr Grund ist Redlichkeit, und nicht verletzte Treu. Ulfo. Mein Ruhm kennt seinen Grund, er ruht auf kühnen Werken, Durch Reue schwächt ich ihn, mein Tod soll ihn be- stärken. Godewin. Die Reu erniedrigt nicht. Nim doch dein Leben an. Ulfo. Glaub, wär ich Godewin, ich hätt es schon gethan. Godewin. Vielleicht, ohn daß du sprichst, schenkt dir Canut das Leben. Ulfo. Doch wer wird mir Vertraun, Gewalt und Völker geben. Godewin. Verlösch durch deine Treu, was dich darum gebracht: So hat Canut für dich Vertrauen, Volk und Macht. Estri- E 3
ein Trauerſpiel. Wie lange ſuchſt du Ruhm auf einer falſchen Bahn?Waͤhl einen Weg, wo dich das Gluͤck nicht hindern kann. Was klagſt du um das Lob, das dir ſo oft entgangen? Durch Tugend wuͤrdeſt du es ohne Muͤh erlangen. Ulfo. So hoͤr ich denn von dir erſt, was die Ehre ſey? Eſtrithe. Jhr Grund iſt Redlichkeit, und nicht verletzte Treu. Ulfo. Mein Ruhm kennt ſeinen Grund, er ruht auf kuͤhnen Werken, Durch Reue ſchwaͤcht ich ihn, mein Tod ſoll ihn be- ſtaͤrken. Godewin. Die Reu erniedrigt nicht. Nim doch dein Leben an. Ulfo. Glaub, waͤr ich Godewin, ich haͤtt es ſchon gethan. Godewin. Vielleicht, ohn daß du ſprichſt, ſchenkt dir Canut das Leben. Ulfo. Doch wer wird mir Vertraun, Gewalt und Voͤlker geben. Godewin. Verloͤſch durch deine Treu, was dich darum gebracht: So hat Canut fuͤr dich Vertrauen, Volk und Macht. Eſtri- E 3
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Wie lange ſuchſt du Ruhm auf einer falſchen Bahn?
Waͤhl einen Weg, wo dich das Gluͤck nicht hindern
kann.
Was klagſt du um das Lob, das dir ſo oft entgangen?
Durch Tugend wuͤrdeſt du es ohne Muͤh erlangen.
Ulfo.
So hoͤr ich denn von dir erſt, was die Ehre ſey?
Eſtrithe.
Jhr Grund iſt Redlichkeit, und nicht verletzte Treu.
Ulfo.
Mein Ruhm kennt ſeinen Grund, er ruht auf kuͤhnen
Werken,
Durch Reue ſchwaͤcht ich ihn, mein Tod ſoll ihn be-
ſtaͤrken.
Godewin.
Die Reu erniedrigt nicht. Nim doch dein Leben an.
Ulfo.
Glaub, waͤr ich Godewin, ich haͤtt es ſchon gethan.
Godewin.
Vielleicht, ohn daß du ſprichſt, ſchenkt dir Canut das
Leben.
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Doch wer wird mir Vertraun, Gewalt und Voͤlker
geben.
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So hat Canut fuͤr dich Vertrauen, Volk und Macht.
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Zitationshilfe: | Schlegel, Johann Elias: Canut. Kopenhagen, 1746, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_canut_1746/83>, abgerufen am 19.07.2024. |