Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Johann Elias: Canut. Kopenhagen, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
ein Trauerspiel.
Getrost! laß dich von mir bey iedem Schritt re-
gieren.
Jch will dich bey der Hand bis zu dem Throne führen.
Halbträumend, eh du selbst begreiffst, wie dir geschehn,
Sollst du dies Reich besiegt und dich gekrönet sehn.
Jch suche nichts für mich, und find ein wahr Ergötzen,
Nicht König selbst zu seyn, nur Könige zu setzen.
Reitzt dich die Macht, der Ruhm, die Krone des
Canut,
Zu werden, was er ist, brauchst du nichts mehr als
Muth.
Die Bahn ist kurz und leicht dieß alles zu erlangen.
Er wird ins Lager gehn; behalt ihn da gefangen.
Es hat dein Heer und dich ein Vaterland erzeugt.
Wen liebte sonst dieß Heer, wär es nicht dir geneigt?
Es wird, lehrst du es nur sein wahres Wohl ermessen,
Wem es bisher gedient, im Augenblick vergessen.
Mit Recht erbeutet es nun an des Lohnes statt
Dieß Reich, für das es oft sein Blut gewaget hat.
Godschalk.
Was hör ich? Jst nun dieß der Weg mich zu erheben?
Geh! du kannst diesen Rath nur trägern Seelen
geben.
Ulfo.
Wie? scheint dir der Entschluß, den solch ein Werk
begehrt,
Die Klugheit, die Gefahr nicht edler Seelen werth?
Jst dir es denn so klein, ein ganzes Reich erbeuten,
Mit einer Hand voll Volks so manches Heer bestreiten?
Sich überall umringt auf fremdem Boden sehn?
Der überlegnen Zahl doch selbst entgegen gehn,
Und
D 4
ein Trauerſpiel.
Getroſt! laß dich von mir bey iedem Schritt re-
gieren.
Jch will dich bey der Hand bis zu dem Throne fuͤhren.
Halbtraͤumend, eh du ſelbſt begreiffſt, wie dir geſchehn,
Sollſt du dies Reich beſiegt und dich gekroͤnet ſehn.
Jch ſuche nichts fuͤr mich, und find ein wahr Ergoͤtzen,
Nicht Koͤnig ſelbſt zu ſeyn, nur Koͤnige zu ſetzen.
Reitzt dich die Macht, der Ruhm, die Krone des
Canut,
Zu werden, was er iſt, brauchſt du nichts mehr als
Muth.
Die Bahn iſt kurz und leicht dieß alles zu erlangen.
Er wird ins Lager gehn; behalt ihn da gefangen.
Es hat dein Heer und dich ein Vaterland erzeugt.
Wen liebte ſonſt dieß Heer, waͤr es nicht dir geneigt?
Es wird, lehrſt du es nur ſein wahres Wohl ermeſſen,
Wem es bisher gedient, im Augenblick vergeſſen.
Mit Recht erbeutet es nun an des Lohnes ſtatt
Dieß Reich, fuͤr das es oft ſein Blut gewaget hat.
Godſchalk.
Was hoͤr ich? Jſt nun dieß der Weg mich zu erheben?
Geh! du kannſt dieſen Rath nur traͤgern Seelen
geben.
Ulfo.
Wie? ſcheint dir der Entſchluß, den ſolch ein Werk
begehrt,
Die Klugheit, die Gefahr nicht edler Seelen werth?
Jſt dir es denn ſo klein, ein ganzes Reich erbeuten,
Mit einer Hand voll Volks ſo manches Heer beſtreiten?
Sich uͤberall umringt auf fremdem Boden ſehn?
Der uͤberlegnen Zahl doch ſelbſt entgegen gehn,
Und
D 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#ULF">
            <p><pb facs="#f0069" n="55"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">ein Trauer&#x017F;piel.</hi></fw><lb/>
Getro&#x017F;t! laß dich von mir bey iedem Schritt re-<lb/><hi rendition="#et">gieren.</hi><lb/>
Jch will dich bey der Hand bis zu dem Throne fu&#x0364;hren.<lb/>
Halbtra&#x0364;umend, eh du &#x017F;elb&#x017F;t begreiff&#x017F;t, wie dir ge&#x017F;chehn,<lb/>
Soll&#x017F;t du dies Reich be&#x017F;iegt und dich gekro&#x0364;net &#x017F;ehn.<lb/>
Jch &#x017F;uche nichts fu&#x0364;r mich, und find ein wahr Ergo&#x0364;tzen,<lb/>
Nicht Ko&#x0364;nig &#x017F;elb&#x017F;t zu &#x017F;eyn, nur Ko&#x0364;nige zu &#x017F;etzen.<lb/>
Reitzt dich die Macht, der Ruhm, die Krone des<lb/><hi rendition="#et">Canut,</hi><lb/>
Zu werden, was er i&#x017F;t, brauch&#x017F;t du nichts mehr als<lb/><hi rendition="#et">Muth.</hi><lb/>
Die Bahn i&#x017F;t kurz und leicht dieß alles zu erlangen.<lb/>
Er wird ins Lager gehn; behalt ihn da gefangen.<lb/>
Es hat dein Heer und dich ein Vaterland erzeugt.<lb/>
Wen liebte &#x017F;on&#x017F;t dieß Heer, wa&#x0364;r es nicht dir geneigt<choice><sic>&#x2E2E;</sic><corr>?</corr></choice><lb/>
Es wird, lehr&#x017F;t du es nur &#x017F;ein wahres Wohl erme&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
Wem es bisher gedient, im Augenblick verge&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Mit Recht erbeutet es nun an des Lohnes &#x017F;tatt<lb/>
Dieß Reich, fu&#x0364;r das es oft &#x017F;ein Blut gewaget hat.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GOT">
            <speaker> <hi rendition="#fr">God&#x017F;chalk.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Was ho&#x0364;r ich? J&#x017F;t nun dieß der Weg mich zu erheben<choice><sic>&#x2E2E;</sic><corr>?</corr></choice><lb/>
Geh! du kann&#x017F;t die&#x017F;en Rath nur tra&#x0364;gern Seelen<lb/><hi rendition="#et">geben.</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ULF">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Ulfo.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Wie? &#x017F;cheint dir der Ent&#x017F;chluß, den &#x017F;olch ein Werk<lb/><hi rendition="#et">begehrt,</hi><lb/>
Die Klugheit, die Gefahr nicht edler Seelen werth<choice><sic>&#x2E2E;</sic><corr>?</corr></choice><lb/>
J&#x017F;t dir es denn &#x017F;o klein, ein ganzes Reich erbeuten,<lb/>
Mit einer Hand voll Volks &#x017F;o manches Heer be&#x017F;treiten?<lb/>
Sich u&#x0364;berall umringt auf fremdem Boden &#x017F;ehn?<lb/>
Der u&#x0364;berlegnen Zahl doch &#x017F;elb&#x017F;t entgegen gehn,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[55/0069] ein Trauerſpiel. Getroſt! laß dich von mir bey iedem Schritt re- gieren. Jch will dich bey der Hand bis zu dem Throne fuͤhren. Halbtraͤumend, eh du ſelbſt begreiffſt, wie dir geſchehn, Sollſt du dies Reich beſiegt und dich gekroͤnet ſehn. Jch ſuche nichts fuͤr mich, und find ein wahr Ergoͤtzen, Nicht Koͤnig ſelbſt zu ſeyn, nur Koͤnige zu ſetzen. Reitzt dich die Macht, der Ruhm, die Krone des Canut, Zu werden, was er iſt, brauchſt du nichts mehr als Muth. Die Bahn iſt kurz und leicht dieß alles zu erlangen. Er wird ins Lager gehn; behalt ihn da gefangen. Es hat dein Heer und dich ein Vaterland erzeugt. Wen liebte ſonſt dieß Heer, waͤr es nicht dir geneigt? Es wird, lehrſt du es nur ſein wahres Wohl ermeſſen, Wem es bisher gedient, im Augenblick vergeſſen. Mit Recht erbeutet es nun an des Lohnes ſtatt Dieß Reich, fuͤr das es oft ſein Blut gewaget hat. Godſchalk. Was hoͤr ich? Jſt nun dieß der Weg mich zu erheben? Geh! du kannſt dieſen Rath nur traͤgern Seelen geben. Ulfo. Wie? ſcheint dir der Entſchluß, den ſolch ein Werk begehrt, Die Klugheit, die Gefahr nicht edler Seelen werth? Jſt dir es denn ſo klein, ein ganzes Reich erbeuten, Mit einer Hand voll Volks ſo manches Heer beſtreiten? Sich uͤberall umringt auf fremdem Boden ſehn? Der uͤberlegnen Zahl doch ſelbſt entgegen gehn, Und D 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_canut_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_canut_1746/69
Zitationshilfe: Schlegel, Johann Elias: Canut. Kopenhagen, 1746, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_canut_1746/69>, abgerufen am 03.05.2024.