Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.woraus die Aerme hervorgehen, am Halse schlägt es sich um wie zu einem Kragen, fügt sich auf der Brust zusammen, und ist nach hinten zu hinaufgeschürzt. Die Beine zeichnen sich durch die graue Kleidung, vom Knie an sind sie bloß, und die Füße in Sandalen. Der Knabe ist nackt. Er kniet mit dem linken Beine auf dem Altar, mit dem rechten steht er auf der Erde. Das Gesicht dreht sich nach vorn, mit dem angstvollen Auge schaut er grade aus. Da die ganze Handlung hinter seinem Rücken vorgeht, ahndet er mehr als daß er es wüßte. Zwar ist der Mund vom Schrecken weit geöffnet, und die Augenbraunen spannen sich in der Ecke nach der Nase zu stark hinauf: aber das Edle der Züge bleibt völlig erkennbar. Der Unterleib ist von der Furcht eingezogen, ohne krampfhafte Zuckung: da er die Hände auf dem Rücken hat, wird der schöne Körper in weichen Schatten völlig sichtbar. Die vorgedrängten Schultern sind von einem unbeschreiblich lieblichen und wehmüthigen Ausdruck; der Rücken steht in dieser Lage ein wenig über den vordern Arm hervor, und dieß vollendet gleichsam die Todesangst. Keine kalte vollkommne Zeichnung nur: sie ist in das warme Leben übergegangen. Schmerz und Schönheit halten sich rührend die Wage, und der himmlische Knabe zerreißt das Herz nicht, da der Bote von oben her schon als ein rettender jüngerer Bruder in der Luft schwebt, und das Ohr und Auge des Vaters nun erreicht. Noch hat Abraham die Worte nicht verstanden. Er blickt in die Höhe, wie von dem Werk aufgeschreckt, das er mit Kraft und Verzweiflung woraus die Aerme hervorgehen, am Halse schlaͤgt es sich um wie zu einem Kragen, fuͤgt sich auf der Brust zusammen, und ist nach hinten zu hinaufgeschuͤrzt. Die Beine zeichnen sich durch die graue Kleidung, vom Knie an sind sie bloß, und die Fuͤße in Sandalen. Der Knabe ist nackt. Er kniet mit dem linken Beine auf dem Altar, mit dem rechten steht er auf der Erde. Das Gesicht dreht sich nach vorn, mit dem angstvollen Auge schaut er grade aus. Da die ganze Handlung hinter seinem Ruͤcken vorgeht, ahndet er mehr als daß er es wuͤßte. Zwar ist der Mund vom Schrecken weit geoͤffnet, und die Augenbraunen spannen sich in der Ecke nach der Nase zu stark hinauf: aber das Edle der Zuͤge bleibt voͤllig erkennbar. Der Unterleib ist von der Furcht eingezogen, ohne krampfhafte Zuckung: da er die Haͤnde auf dem Ruͤcken hat, wird der schoͤne Koͤrper in weichen Schatten voͤllig sichtbar. Die vorgedraͤngten Schultern sind von einem unbeschreiblich lieblichen und wehmuͤthigen Ausdruck; der Ruͤcken steht in dieser Lage ein wenig uͤber den vordern Arm hervor, und dieß vollendet gleichsam die Todesangst. Keine kalte vollkommne Zeichnung nur: sie ist in das warme Leben uͤbergegangen. Schmerz und Schoͤnheit halten sich ruͤhrend die Wage, und der himmlische Knabe zerreißt das Herz nicht, da der Bote von oben her schon als ein rettender juͤngerer Bruder in der Luft schwebt, und das Ohr und Auge des Vaters nun erreicht. Noch hat Abraham die Worte nicht verstanden. Er blickt in die Hoͤhe, wie von dem Werk aufgeschreckt, das er mit Kraft und Verzweiflung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0092" n="84"/> woraus die Aerme hervorgehen, am Halse schlaͤgt es sich um wie zu einem Kragen, fuͤgt sich auf der Brust zusammen, und ist nach hinten zu hinaufgeschuͤrzt. Die Beine zeichnen sich durch die graue Kleidung, vom Knie an sind sie bloß, und die Fuͤße in Sandalen. Der Knabe ist nackt. Er kniet mit dem linken Beine auf dem Altar, mit dem rechten steht er auf der Erde. Das Gesicht dreht sich nach vorn, mit dem angstvollen Auge schaut er grade aus. Da die ganze Handlung hinter seinem Ruͤcken vorgeht, ahndet er mehr als daß er es wuͤßte. Zwar ist der Mund vom Schrecken weit geoͤffnet, und die Augenbraunen spannen sich in der Ecke nach der Nase zu stark hinauf: aber das Edle der Zuͤge bleibt voͤllig erkennbar. Der Unterleib ist von der Furcht eingezogen, ohne krampfhafte Zuckung: da er die Haͤnde auf dem Ruͤcken hat, wird der schoͤne Koͤrper in weichen Schatten voͤllig sichtbar. Die vorgedraͤngten Schultern sind von einem unbeschreiblich lieblichen und wehmuͤthigen Ausdruck; der Ruͤcken steht in dieser Lage ein wenig uͤber den vordern Arm hervor, und dieß vollendet gleichsam die Todesangst. Keine kalte vollkommne Zeichnung nur: sie ist in das warme Leben uͤbergegangen. Schmerz und Schoͤnheit halten sich ruͤhrend die Wage, und der himmlische Knabe zerreißt das Herz nicht, da der Bote von oben her schon als ein rettender juͤngerer Bruder in der Luft schwebt, und das Ohr und Auge des Vaters nun erreicht. Noch hat Abraham die Worte nicht verstanden. Er blickt in die Hoͤhe, wie von dem Werk aufgeschreckt, das er mit Kraft und Verzweiflung </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [84/0092]
woraus die Aerme hervorgehen, am Halse schlaͤgt es sich um wie zu einem Kragen, fuͤgt sich auf der Brust zusammen, und ist nach hinten zu hinaufgeschuͤrzt. Die Beine zeichnen sich durch die graue Kleidung, vom Knie an sind sie bloß, und die Fuͤße in Sandalen. Der Knabe ist nackt. Er kniet mit dem linken Beine auf dem Altar, mit dem rechten steht er auf der Erde. Das Gesicht dreht sich nach vorn, mit dem angstvollen Auge schaut er grade aus. Da die ganze Handlung hinter seinem Ruͤcken vorgeht, ahndet er mehr als daß er es wuͤßte. Zwar ist der Mund vom Schrecken weit geoͤffnet, und die Augenbraunen spannen sich in der Ecke nach der Nase zu stark hinauf: aber das Edle der Zuͤge bleibt voͤllig erkennbar. Der Unterleib ist von der Furcht eingezogen, ohne krampfhafte Zuckung: da er die Haͤnde auf dem Ruͤcken hat, wird der schoͤne Koͤrper in weichen Schatten voͤllig sichtbar. Die vorgedraͤngten Schultern sind von einem unbeschreiblich lieblichen und wehmuͤthigen Ausdruck; der Ruͤcken steht in dieser Lage ein wenig uͤber den vordern Arm hervor, und dieß vollendet gleichsam die Todesangst. Keine kalte vollkommne Zeichnung nur: sie ist in das warme Leben uͤbergegangen. Schmerz und Schoͤnheit halten sich ruͤhrend die Wage, und der himmlische Knabe zerreißt das Herz nicht, da der Bote von oben her schon als ein rettender juͤngerer Bruder in der Luft schwebt, und das Ohr und Auge des Vaters nun erreicht. Noch hat Abraham die Worte nicht verstanden. Er blickt in die Hoͤhe, wie von dem Werk aufgeschreckt, das er mit Kraft und Verzweiflung
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |