Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.Vorlesung des Hrn Hirt einschläft, aus welcher der drey Quellen mag diese angenehme Empfindung wohl herfließen?): so wird er eine vollständige Geschichte der bildenden Künste bey den Alten geben, worin er zeigen wird, daß die Charakteristik der Hauptgrundsatz derselben gewesen sey. Dieses merkwürdige Prinzip, welches er während seines vieljährigen Aufenthalts in Jtalien entdeckt, und bis jetzt nur noch in drey Abhandlungen eingeschärft hat, besteht darin, daß in der alten Kunst ein Pferd völlig wie ein Pferd, ein Centaur wie ein Centaur abgebildet wurde; dazu kam noch "die Jndividuellheit der Attitüde:" (Archiv 98. St. XI. S. 439.) eine Venus nahm "den gewöhnlichen Akt der jungfräulichen Schamhaftigkeit" vor, (Horen 97. St.X.S. 19.) u. s. w. Dem zufolge hätten wir in den Bemerkungen über Hrn Hirts Kunstkennerschaft, ganz unverhoffter Weise ein Kunstwerk im Griechischen Styl geliefert, welches uns sehr erfreulich ist. Wir sind auch darin dem Beyspiel der alten Künstler gefolgt, daß wir uns bey der Wahl des Gegenstandes nicht durch das Wohlgefällige haben bestimmen lassen, (ebend. S. 24.) da uns vielmehr jene alten Medusenköpfe "mit vorreckender Zunge und gewaltigen Verzerrungen (Archiv S. 449) vorschwebten. Hr. Hirt (S. 437) "wollte sich auch in die Reihe der Aesthetiker stellen, und ein Wort zu Männern als Mann sprechen"; ein Widerspruch war ihm daher äußerst befremdlich und störend. Er muß sich nur ja nicht aus der Fassung bringen lassen, sondern im beredten Vortrage seiner geschmackvollen Lehren über die alte Kunst fortfahren, so wird die Tugend (welche "schön machet", und beyläufig zu bemerken, "in Ausübung bestehet", Horen St. VII. S. 12) am Ende "eine Lichtkrone um das Haupt des unerschütterten Tugendhaften formiren." Der Verfasser der Borussias ist eben am hundert zwey und funfzigsten Gesange seiner Jenischias, eines Heldengedichtes in Hexekontametern, das fortgesetzt wird. Jn diesem Gesange beschreibt er, wie er einmal als Studium zur Borussias alle seit Vorlesung des Hrn Hirt einschlaͤft, aus welcher der drey Quellen mag diese angenehme Empfindung wohl herfließen?): so wird er eine vollstaͤndige Geschichte der bildenden Kuͤnste bey den Alten geben, worin er zeigen wird, daß die Charakteristik der Hauptgrundsatz derselben gewesen sey. Dieses merkwuͤrdige Prinzip, welches er waͤhrend seines vieljaͤhrigen Aufenthalts in Jtalien entdeckt, und bis jetzt nur noch in drey Abhandlungen eingeschaͤrft hat, besteht darin, daß in der alten Kunst ein Pferd voͤllig wie ein Pferd, ein Centaur wie ein Centaur abgebildet wurde; dazu kam noch “die Jndividuellheit der Attituͤde:” (Archiv 98. St. XI. S. 439.) eine Venus nahm “den gewoͤhnlichen Akt der jungfraͤulichen Schamhaftigkeit” vor, (Horen 97. St.X.S. 19.) u. s. w. Dem zufolge haͤtten wir in den Bemerkungen uͤber Hrn Hirts Kunstkennerschaft, ganz unverhoffter Weise ein Kunstwerk im Griechischen Styl geliefert, welches uns sehr erfreulich ist. Wir sind auch darin dem Beyspiel der alten Kuͤnstler gefolgt, daß wir uns bey der Wahl des Gegenstandes nicht durch das Wohlgefaͤllige haben bestimmen lassen, (ebend. S. 24.) da uns vielmehr jene alten Medusenkoͤpfe “mit vorreckender Zunge und gewaltigen Verzerrungen (Archiv S. 449) vorschwebten. Hr. Hirt (S. 437) “wollte sich auch in die Reihe der Aesthetiker stellen, und ein Wort zu Maͤnnern als Mann sprechen”; ein Widerspruch war ihm daher aͤußerst befremdlich und stoͤrend. Er muß sich nur ja nicht aus der Fassung bringen lassen, sondern im beredten Vortrage seiner geschmackvollen Lehren uͤber die alte Kunst fortfahren, so wird die Tugend (welche “schoͤn machet”, und beylaͤufig zu bemerken, “in Ausuͤbung bestehet”, Horen St. VII. S. 12) am Ende “eine Lichtkrone um das Haupt des unerschuͤtterten Tugendhaften formiren.” Der Verfasser der Borussias ist eben am hundert zwey und funfzigsten Gesange seiner Jenischias, eines Heldengedichtes in Hexekontametern, das fortgesetzt wird. Jn diesem Gesange beschreibt er, wie er einmal als Studium zur Borussias alle seit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0342" n="332"/> Vorlesung des Hrn Hirt einschlaͤft, aus welcher der drey Quellen mag diese angenehme Empfindung wohl herfließen?): so wird er eine vollstaͤndige <hi rendition="#g">Geschichte der bildenden Kuͤnste bey den Alten</hi> geben, worin er zeigen wird, daß die Charakteristik der Hauptgrundsatz derselben gewesen sey. 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Vorlesung des Hrn Hirt einschlaͤft, aus welcher der drey Quellen mag diese angenehme Empfindung wohl herfließen?): so wird er eine vollstaͤndige Geschichte der bildenden Kuͤnste bey den Alten geben, worin er zeigen wird, daß die Charakteristik der Hauptgrundsatz derselben gewesen sey. Dieses merkwuͤrdige Prinzip, welches er waͤhrend seines vieljaͤhrigen Aufenthalts in Jtalien entdeckt, und bis jetzt nur noch in drey Abhandlungen eingeschaͤrft hat, besteht darin, daß in der alten Kunst ein Pferd voͤllig wie ein Pferd, ein Centaur wie ein Centaur abgebildet wurde; dazu kam noch “die Jndividuellheit der Attituͤde:” (Archiv 98. St. XI. S. 439.) eine Venus nahm “den gewoͤhnlichen Akt der jungfraͤulichen Schamhaftigkeit” vor, (Horen 97. St.X.S. 19.) u. s. w. Dem zufolge haͤtten wir in den Bemerkungen uͤber Hrn Hirts Kunstkennerschaft, ganz unverhoffter Weise ein Kunstwerk im Griechischen Styl geliefert, welches uns sehr erfreulich ist. Wir sind auch darin dem Beyspiel der alten Kuͤnstler gefolgt, daß wir uns bey der Wahl des Gegenstandes nicht durch das Wohlgefaͤllige haben bestimmen lassen, (ebend. S. 24.) da uns vielmehr jene alten Medusenkoͤpfe “mit vorreckender Zunge und gewaltigen Verzerrungen (Archiv S. 449) vorschwebten. Hr. Hirt (S. 437) “wollte sich auch in die Reihe der Aesthetiker stellen, und ein Wort zu Maͤnnern als Mann sprechen”; ein Widerspruch war ihm daher aͤußerst befremdlich und stoͤrend. Er muß sich nur ja nicht aus der Fassung bringen lassen, sondern im beredten Vortrage seiner geschmackvollen Lehren uͤber die alte Kunst fortfahren, so wird die Tugend (welche “schoͤn machet”, und beylaͤufig zu bemerken, “in Ausuͤbung bestehet”, Horen St. VII. S. 12) am Ende “eine Lichtkrone um das Haupt des unerschuͤtterten Tugendhaften formiren.”
Der Verfasser der Borussias ist eben am hundert zwey und funfzigsten Gesange seiner Jenischias, eines Heldengedichtes in Hexekontametern, das fortgesetzt wird. Jn diesem Gesange beschreibt er, wie er einmal als Studium zur Borussias alle seit
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