Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

machen nicht einmal diese Prätension und sind recht altfränkisch bescheiden.



Der Deputirte ist etwas ganz anders als der Repräsentant. Repräsentant ist nur, wer das politische Ganze in seiner Person, gleichsam identisch mit ihm, darstellt, er mag nun gewählt seyn oder nicht; er ist wie die sichtbare Weltseele des Staats. Diese Jdee, welche offenbar nicht selten der Geist der Monarchien war, ist vielleicht nirgends so rein und konsequent ausgeführt wie zu Sparta. Die Spartanischen Könige waren zugleich die ersten Priester, Feldherren und Präsidenten der öffentlichen Erziehung. Mit der eigentlichen Administrazion hatten sie wenig zu schaffen; sie waren eben nichts als Könige im Sinne jener Jdee. Die Gewalt des Priesters, des Feldherrn und des Erziehers ist ihrer Natur nach unbestimmt, universell, mehr oder weniger ein rechtlicher Despotismus. Nur durch den Geist der Repräsentazion kann er gemildert und legitimirt werden.



Sollte nicht das eine absolute Monarchie seyn, wo alles Wesentliche durch ein Kabinet im Geheim geschieht, und wo ein Parlament über die Formen mit Pomp öffentlich reden und streiten darf? Eine absolute Monarchie könnte sonach sehr gut eine Art von Konstituzion haben, die Unverständigen wohl gar republikanisch schiene.



machen nicht einmal diese Praͤtension und sind recht altfraͤnkisch bescheiden.



Der Deputirte ist etwas ganz anders als der Repraͤsentant. Repraͤsentant ist nur, wer das politische Ganze in seiner Person, gleichsam identisch mit ihm, darstellt, er mag nun gewaͤhlt seyn oder nicht; er ist wie die sichtbare Weltseele des Staats. Diese Jdee, welche offenbar nicht selten der Geist der Monarchien war, ist vielleicht nirgends so rein und konsequent ausgefuͤhrt wie zu Sparta. Die Spartanischen Koͤnige waren zugleich die ersten Priester, Feldherren und Praͤsidenten der oͤffentlichen Erziehung. Mit der eigentlichen Administrazion hatten sie wenig zu schaffen; sie waren eben nichts als Koͤnige im Sinne jener Jdee. Die Gewalt des Priesters, des Feldherrn und des Erziehers ist ihrer Natur nach unbestimmt, universell, mehr oder weniger ein rechtlicher Despotismus. Nur durch den Geist der Repraͤsentazion kann er gemildert und legitimirt werden.



Sollte nicht das eine absolute Monarchie seyn, wo alles Wesentliche durch ein Kabinet im Geheim geschieht, und wo ein Parlament uͤber die Formen mit Pomp oͤffentlich reden und streiten darf? Eine absolute Monarchie koͤnnte sonach sehr gut eine Art von Konstituzion haben, die Unverstaͤndigen wohl gar republikanisch schiene.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0301" n="112"/>
machen nicht einmal diese Pra&#x0364;tension und sind recht altfra&#x0364;nkisch bescheiden.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Der Deputirte ist etwas ganz anders als der Repra&#x0364;sentant. Repra&#x0364;sentant ist nur, wer das politische Ganze in seiner Person, gleichsam identisch mit ihm, darstellt, er mag nun gewa&#x0364;hlt seyn oder nicht; er ist wie die sichtbare Weltseele des Staats. Diese Jdee, welche offenbar nicht selten der Geist der Monarchien war, ist vielleicht nirgends so rein und konsequent ausgefu&#x0364;hrt wie zu Sparta. Die Spartanischen Ko&#x0364;nige waren zugleich die ersten Priester, Feldherren und Pra&#x0364;sidenten der o&#x0364;ffentlichen Erziehung. Mit der eigentlichen Administrazion hatten sie wenig zu schaffen; sie waren eben nichts als Ko&#x0364;nige im Sinne jener Jdee. Die Gewalt des Priesters, des Feldherrn und des Erziehers ist ihrer Natur nach unbestimmt, universell, mehr oder weniger ein rechtlicher Despotismus. Nur durch den Geist der Repra&#x0364;sentazion kann er gemildert und legitimirt werden.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Sollte nicht das eine absolute Monarchie seyn, wo alles Wesentliche durch ein Kabinet im Geheim geschieht, und wo ein Parlament u&#x0364;ber die Formen mit Pomp o&#x0364;ffentlich reden und streiten darf? Eine absolute Monarchie ko&#x0364;nnte sonach sehr gut eine Art von Konstituzion haben, die Unversta&#x0364;ndigen wohl gar republikanisch schiene.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[112/0301] machen nicht einmal diese Praͤtension und sind recht altfraͤnkisch bescheiden. Der Deputirte ist etwas ganz anders als der Repraͤsentant. Repraͤsentant ist nur, wer das politische Ganze in seiner Person, gleichsam identisch mit ihm, darstellt, er mag nun gewaͤhlt seyn oder nicht; er ist wie die sichtbare Weltseele des Staats. Diese Jdee, welche offenbar nicht selten der Geist der Monarchien war, ist vielleicht nirgends so rein und konsequent ausgefuͤhrt wie zu Sparta. Die Spartanischen Koͤnige waren zugleich die ersten Priester, Feldherren und Praͤsidenten der oͤffentlichen Erziehung. Mit der eigentlichen Administrazion hatten sie wenig zu schaffen; sie waren eben nichts als Koͤnige im Sinne jener Jdee. Die Gewalt des Priesters, des Feldherrn und des Erziehers ist ihrer Natur nach unbestimmt, universell, mehr oder weniger ein rechtlicher Despotismus. Nur durch den Geist der Repraͤsentazion kann er gemildert und legitimirt werden. Sollte nicht das eine absolute Monarchie seyn, wo alles Wesentliche durch ein Kabinet im Geheim geschieht, und wo ein Parlament uͤber die Formen mit Pomp oͤffentlich reden und streiten darf? Eine absolute Monarchie koͤnnte sonach sehr gut eine Art von Konstituzion haben, die Unverstaͤndigen wohl gar republikanisch schiene.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1798/301
Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1798/301>, abgerufen am 16.06.2024.