Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804.
Ob uns der See, ob uns die Berge scheiden, Und jedes Volk sich für sich selbst regiert, So sind wir Eines Stammes doch und Bluts, Und Eine Heimat ist's, aus der wir zogen. Winkelried So ist es wahr, wie's in den Liedern lautet, Daß wir von fern her in das Land gewallt? O theilt's uns mit, was euch davon bekannt, Daß sich der neue Bund am alten stärke. Stauffacher Hört, was die alten Hirten sich erzählen. -- Es war ein großes Volk, hinten im Lande Nach Mitternacht, das litt von schwerer Theurung. In dieser Noth beschloß die Landsgemeinde, Daß je der zehnte Bürger nach dem Loos Der Väter Land verlasse -- das geschah! Und zogen aus, wehklagend, Männer und Weiber, Ein großer Heerzug, nach der Mittagsonne, Mit dem Schwert sich schlagend durch das deutsche Land, Bis an das Hochland dieser Waldgebirge. Und eher nicht ermüdete der Zug,
Ob uns der See, ob uns die Berge ſcheiden, Und jedes Volk ſich fuͤr ſich ſelbſt regiert, So ſind wir Eines Stammes doch und Bluts, Und Eine Heimat iſt’s, aus der wir zogen. Winkelried So iſt es wahr, wie’s in den Liedern lautet, Daß wir von fern her in das Land gewallt? O theilt’s uns mit, was euch davon bekannt, Daß ſich der neue Bund am alten ſtaͤrke. Stauffacher Hoͤrt, was die alten Hirten ſich erzaͤhlen. — Es war ein großes Volk, hinten im Lande Nach Mitternacht, das litt von ſchwerer Theurung. In dieſer Noth beſchloß die Landsgemeinde, Daß je der zehnte Buͤrger nach dem Loos Der Vaͤter Land verlaſſe — das geſchah! Und zogen aus, wehklagend, Maͤnner und Weiber, Ein großer Heerzug, nach der Mittagſonne, Mit dem Schwert ſich ſchlagend durch das deutſche Land, Bis an das Hochland dieſer Waldgebirge. Und eher nicht ermuͤdete der Zug, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#STA"> <p><pb facs="#f0098" n="84"/> Ob uns der See, ob uns die Berge ſcheiden,<lb/> Und jedes Volk ſich fuͤr ſich ſelbſt regiert,<lb/> So ſind wir Eines Stammes doch und Bluts,<lb/> Und Eine Heimat iſt’s, aus der wir zogen.</p><lb/> </sp> <sp who="#WIN"> <speaker> <hi rendition="#g">Winkelried</hi> </speaker><lb/> <p>So iſt es wahr, wie’s in den Liedern lautet,<lb/> Daß wir von fern her in das Land gewallt?<lb/> O theilt’s uns mit, was euch davon bekannt,<lb/> Daß ſich der neue Bund am alten ſtaͤrke.</p><lb/> </sp> <sp who="#STA"> <speaker> <hi rendition="#g">Stauffacher</hi> </speaker><lb/> <p>Hoͤrt, was die alten Hirten ſich erzaͤhlen.<lb/> — Es war ein großes Volk, hinten im Lande<lb/> Nach Mitternacht, das litt von ſchwerer Theurung.<lb/> In dieſer Noth beſchloß die Landsgemeinde,<lb/> Daß je der zehnte Buͤrger nach dem Loos<lb/> Der Vaͤter Land verlaſſe — das geſchah!<lb/> Und zogen aus, wehklagend, Maͤnner und Weiber,<lb/> Ein großer Heerzug, nach der Mittagſonne,<lb/> Mit dem Schwert ſich ſchlagend durch das deutſche Land,<lb/> Bis an das Hochland dieſer Waldgebirge.<lb/> Und eher nicht ermuͤdete der Zug,<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [84/0098]
Ob uns der See, ob uns die Berge ſcheiden,
Und jedes Volk ſich fuͤr ſich ſelbſt regiert,
So ſind wir Eines Stammes doch und Bluts,
Und Eine Heimat iſt’s, aus der wir zogen.
Winkelried
So iſt es wahr, wie’s in den Liedern lautet,
Daß wir von fern her in das Land gewallt?
O theilt’s uns mit, was euch davon bekannt,
Daß ſich der neue Bund am alten ſtaͤrke.
Stauffacher
Hoͤrt, was die alten Hirten ſich erzaͤhlen.
— Es war ein großes Volk, hinten im Lande
Nach Mitternacht, das litt von ſchwerer Theurung.
In dieſer Noth beſchloß die Landsgemeinde,
Daß je der zehnte Buͤrger nach dem Loos
Der Vaͤter Land verlaſſe — das geſchah!
Und zogen aus, wehklagend, Maͤnner und Weiber,
Ein großer Heerzug, nach der Mittagſonne,
Mit dem Schwert ſich ſchlagend durch das deutſche Land,
Bis an das Hochland dieſer Waldgebirge.
Und eher nicht ermuͤdete der Zug,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/98 |
Zitationshilfe: | Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/98>, abgerufen am 16.02.2025. |