Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite
Stauffacher (ihm die Hand reichend)
Die alten Zeiten und die alte Schweiz.
Walther Fürst
Die bringt ihr mit euch -- Sieh, mir wird so wohl,
Warm geht das Herz mir auf bei eurem Anblick.
-- Sezt euch, Herr Werner -- Wie verließet ihr
Frau Gertrud, eure angenehme Wirthin,
Des weisen Ibergs hochverständ'ge Tochter?
Von allen Wandrern aus dem deutschen Land,
Die über Meinrads Zell nach Welschland fahren,
Rühmt jeder euer gastlich Haus -- Doch sagt,
Kommt ihr so eben frisch von Fluelen her,
Und habt euch nirgend sonst noch umgeseh'u,
Eh' ihr den Fuß gesezt auf diese Schwelle?

Stauffacher (sezt sich)
Wohl ein erstaunlich neues Werk hab' ich
Bereiten sehen, das mich nicht erfreute.

Walther Fürst
O Freund, da habt ihr's gleich mit Einem Blicke!
Stauffacher
Ein solches ist in Uri nie gewesen --
Stauffacher (ihm die Hand reichend)
Die alten Zeiten und die alte Schweiz.
Walther Fuͤrſt
Die bringt ihr mit euch — Sieh, mir wird ſo wohl,
Warm geht das Herz mir auf bei eurem Anblick.
— Sezt euch, Herr Werner — Wie verließet ihr
Frau Gertrud, eure angenehme Wirthin,
Des weiſen Ibergs hochverſtaͤnd’ge Tochter?
Von allen Wandrern aus dem deutſchen Land,
Die uͤber Meinrads Zell nach Welſchland fahren,
Ruͤhmt jeder euer gaſtlich Haus — Doch ſagt,
Kommt ihr ſo eben friſch von Fluelen her,
Und habt euch nirgend ſonſt noch umgeſeh’u,
Eh’ ihr den Fuß geſezt auf dieſe Schwelle?

Stauffacher (ſezt ſich)
Wohl ein erſtaunlich neues Werk hab’ ich
Bereiten ſehen, das mich nicht erfreute.

Walther Fuͤrſt
O Freund, da habt ihr’s gleich mit Einem Blicke!
Stauffacher
Ein ſolches iſt in Uri nie geweſen —
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0054" n="40"/>
          <sp who="#STA">
            <speaker> <hi rendition="#g">Stauffacher</hi> </speaker>
            <stage>(ihm die Hand reichend)</stage><lb/>
            <p>Die alten Zeiten und die alte Schweiz.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#WAL">
            <speaker> <hi rendition="#g">Walther Fu&#x0364;r&#x017F;t</hi> </speaker><lb/>
            <p>Die bringt ihr mit euch &#x2014; Sieh, mir wird &#x017F;o wohl,<lb/>
Warm geht das Herz mir auf bei eurem Anblick.<lb/>
&#x2014; Sezt euch, Herr Werner &#x2014; Wie verließet ihr<lb/>
Frau Gertrud, eure angenehme Wirthin,<lb/>
Des wei&#x017F;en Ibergs hochver&#x017F;ta&#x0364;nd&#x2019;ge Tochter?<lb/>
Von allen Wandrern aus dem deut&#x017F;chen Land,<lb/>
Die u&#x0364;ber Meinrads Zell nach Wel&#x017F;chland fahren,<lb/>
Ru&#x0364;hmt jeder euer ga&#x017F;tlich Haus &#x2014; Doch &#x017F;agt,<lb/>
Kommt ihr &#x017F;o eben fri&#x017F;ch von Fluelen her,<lb/>
Und habt euch nirgend &#x017F;on&#x017F;t noch umge&#x017F;eh&#x2019;u,<lb/>
Eh&#x2019; ihr den Fuß ge&#x017F;ezt auf die&#x017F;e Schwelle?</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#STA">
            <speaker> <hi rendition="#g">Stauffacher</hi> </speaker>
            <stage>(&#x017F;ezt &#x017F;ich)</stage><lb/>
            <p>Wohl ein er&#x017F;taunlich neues Werk hab&#x2019; ich<lb/>
Bereiten &#x017F;ehen, das mich nicht erfreute.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#WAL">
            <speaker> <hi rendition="#g">Walther Fu&#x0364;r&#x017F;t</hi> </speaker><lb/>
            <p>O Freund, da habt ihr&#x2019;s gleich mit Einem Blicke!</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#STA">
            <speaker> <hi rendition="#g">Stauffacher</hi> </speaker><lb/>
            <p>Ein &#x017F;olches i&#x017F;t in Uri nie gewe&#x017F;en &#x2014;<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[40/0054] Stauffacher (ihm die Hand reichend) Die alten Zeiten und die alte Schweiz. Walther Fuͤrſt Die bringt ihr mit euch — Sieh, mir wird ſo wohl, Warm geht das Herz mir auf bei eurem Anblick. — Sezt euch, Herr Werner — Wie verließet ihr Frau Gertrud, eure angenehme Wirthin, Des weiſen Ibergs hochverſtaͤnd’ge Tochter? Von allen Wandrern aus dem deutſchen Land, Die uͤber Meinrads Zell nach Welſchland fahren, Ruͤhmt jeder euer gaſtlich Haus — Doch ſagt, Kommt ihr ſo eben friſch von Fluelen her, Und habt euch nirgend ſonſt noch umgeſeh’u, Eh’ ihr den Fuß geſezt auf dieſe Schwelle? Stauffacher (ſezt ſich) Wohl ein erſtaunlich neues Werk hab’ ich Bereiten ſehen, das mich nicht erfreute. Walther Fuͤrſt O Freund, da habt ihr’s gleich mit Einem Blicke! Stauffacher Ein ſolches iſt in Uri nie geweſen —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/54
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/54>, abgerufen am 03.05.2024.