Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804.
Wie finstrer Trübsinn deine Stirne furch't. Auf deinem Herzen drückt ein still Gebresten, Vertrau es mir, ich bin dein treues Weib, Und meine Hälfte fodr' ich deines Grams. (Stauffacher reicht ihr die Hand und schweigt) Was kann dein Herz beklemmen, sag es mir. Gesegnet ist dein Fleiß, dein Glücksstand blüht, Voll sind die Scheunen, und der Rinder Schaaren, Der glatten Pferde wohl genährte Zucht Ist von den Bergen glücklich heimgebracht Zur Winterung in den bequemen Ställen. -- Da steht dein Haus, reich, wie ein Edelsitz, Von schönem Stammholz ist es neu gezimmert Und nach dem Richtmaaß ordentlich gefügt, Von vielen Fenstern glänzt es wohnlich, hell, Mit bunten Wappenschildern ist's bemahlt, Und weisen Sprüchen, die der Wandersmann Verweilend liest und ihren Sinn bewundert. Stauffacher
Wohl steht das Haus gezimmert und gefügt, Doch ach -- es wankt der Grund, auf den wir bauten.
Wie finſtrer Truͤbſinn deine Stirne furch’t. Auf deinem Herzen druͤckt ein ſtill Gebreſten, Vertrau es mir, ich bin dein treues Weib, Und meine Haͤlfte fodr’ ich deines Grams. (Stauffacher reicht ihr die Hand und ſchweigt) Was kann dein Herz beklemmen, ſag es mir. Geſegnet iſt dein Fleiß, dein Gluͤcksſtand bluͤht, Voll ſind die Scheunen, und der Rinder Schaaren, Der glatten Pferde wohl genaͤhrte Zucht Iſt von den Bergen gluͤcklich heimgebracht Zur Winterung in den bequemen Staͤllen. — Da ſteht dein Haus, reich, wie ein Edelſitz, Von ſchoͤnem Stammholz iſt es neu gezimmert Und nach dem Richtmaaß ordentlich gefuͤgt, Von vielen Fenſtern glaͤnzt es wohnlich, hell, Mit bunten Wappenſchildern iſt’s bemahlt, Und weiſen Spruͤchen, die der Wandersmann Verweilend liest und ihren Sinn bewundert. Stauffacher
Wohl ſteht das Haus gezimmert und gefuͤgt, Doch ach — es wankt der Grund, auf den wir bauten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#GER"> <p><pb facs="#f0032" n="18"/> Wie finſtrer Truͤbſinn deine Stirne furch’t.<lb/> Auf deinem Herzen druͤckt ein ſtill Gebreſten,<lb/> Vertrau es mir, ich bin dein treues Weib,<lb/> Und meine Haͤlfte fodr’ ich deines Grams.</p><lb/> <stage>(Stauffacher reicht ihr die Hand und ſchweigt)</stage><lb/> <p>Was kann dein Herz beklemmen, ſag es mir.<lb/> Geſegnet iſt dein Fleiß, dein Gluͤcksſtand bluͤht,<lb/> Voll ſind die Scheunen, und der Rinder Schaaren,<lb/> Der glatten Pferde wohl genaͤhrte Zucht<lb/> Iſt von den Bergen gluͤcklich heimgebracht<lb/> Zur Winterung in den bequemen Staͤllen.<lb/> — Da ſteht dein Haus, reich, wie ein Edelſitz,<lb/> Von ſchoͤnem Stammholz iſt es neu gezimmert<lb/> Und nach dem Richtmaaß ordentlich gefuͤgt,<lb/> Von vielen Fenſtern glaͤnzt es wohnlich, hell,<lb/> Mit bunten Wappenſchildern iſt’s bemahlt,<lb/> Und weiſen Spruͤchen, die der Wandersmann<lb/> Verweilend liest und ihren Sinn bewundert.</p><lb/> </sp> <sp who="#STA"> <speaker> <hi rendition="#g">Stauffacher</hi> </speaker><lb/> <p>Wohl ſteht das Haus gezimmert und gefuͤgt,<lb/> Doch ach — es wankt der Grund, auf den wir bauten.</p><lb/> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [18/0032]
Wie finſtrer Truͤbſinn deine Stirne furch’t.
Auf deinem Herzen druͤckt ein ſtill Gebreſten,
Vertrau es mir, ich bin dein treues Weib,
Und meine Haͤlfte fodr’ ich deines Grams.
(Stauffacher reicht ihr die Hand und ſchweigt)
Was kann dein Herz beklemmen, ſag es mir.
Geſegnet iſt dein Fleiß, dein Gluͤcksſtand bluͤht,
Voll ſind die Scheunen, und der Rinder Schaaren,
Der glatten Pferde wohl genaͤhrte Zucht
Iſt von den Bergen gluͤcklich heimgebracht
Zur Winterung in den bequemen Staͤllen.
— Da ſteht dein Haus, reich, wie ein Edelſitz,
Von ſchoͤnem Stammholz iſt es neu gezimmert
Und nach dem Richtmaaß ordentlich gefuͤgt,
Von vielen Fenſtern glaͤnzt es wohnlich, hell,
Mit bunten Wappenſchildern iſt’s bemahlt,
Und weiſen Spruͤchen, die der Wandersmann
Verweilend liest und ihren Sinn bewundert.
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Wohl ſteht das Haus gezimmert und gefuͤgt,
Doch ach — es wankt der Grund, auf den wir bauten.
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Zitationshilfe: | Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/32>, abgerufen am 16.02.2025. |