Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804.
Er stand auf einem hohen Platz, er konnte Ein Vater seiner Völker seyn, doch ihm Gefiel es, nur zu sorgen für die Seinen, Die er gemehrt hat, mögen um ihn weinen! Walther Fürst Wir wollen nicht frohlocken seines Falls, Nicht des empfangnen Bösen jezt gedenken, Fern sei's von uns! Doch, daß wir rächen sollten Des Königs Tod, der nie uns Gutes that, Und die verfolgen, die uns nie betrübten, Das ziemt uns nicht und will uns nicht gebühren. Die Liebe will ein freies Opfer seyn, Der Tod entbindet von erzwungnen Pflichten, -- Ihm haben wir nichts weiter zu entrichten. Melchthal
Und weint die Königin in ihrer Kammer, Und klagt ihr wilder Schmerz den Himmel an, So seht ihr hier ein angstbefreites Volk Zu eben diesem Himmel dankend flehen -- Wer Thränen ärnten will, muß Liebe säen. (Reichsbote geht ab)
Er ſtand auf einem hohen Platz, er konnte Ein Vater ſeiner Voͤlker ſeyn, doch ihm Gefiel es, nur zu ſorgen fuͤr die Seinen, Die er gemehrt hat, moͤgen um ihn weinen! Walther Fuͤrſt Wir wollen nicht frohlocken ſeines Falls, Nicht des empfangnen Boͤſen jezt gedenken, Fern ſei’s von uns! Doch, daß wir raͤchen ſollten Des Koͤnigs Tod, der nie uns Gutes that, Und die verfolgen, die uns nie betruͤbten, Das ziemt uns nicht und will uns nicht gebuͤhren. Die Liebe will ein freies Opfer ſeyn, Der Tod entbindet von erzwungnen Pflichten, — Ihm haben wir nichts weiter zu entrichten. Melchthal
Und weint die Koͤnigin in ihrer Kammer, Und klagt ihr wilder Schmerz den Himmel an, So ſeht ihr hier ein angſtbefreites Volk Zu eben dieſem Himmel dankend flehen — Wer Thraͤnen aͤrnten will, muß Liebe ſaͤen. (Reichsbote geht ab) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#STA"> <p><pb facs="#f0237" n="223"/> Er ſtand auf einem hohen Platz, er konnte<lb/> Ein Vater ſeiner Voͤlker ſeyn, doch ihm<lb/> Gefiel es, nur zu ſorgen fuͤr die Seinen,<lb/> Die er gemehrt hat, moͤgen um ihn weinen!</p><lb/> </sp> <sp who="#WAL"> <speaker> <hi rendition="#g">Walther Fuͤrſt</hi> </speaker><lb/> <p>Wir wollen nicht frohlocken ſeines Falls,<lb/> Nicht des empfangnen Boͤſen <hi rendition="#g">jezt</hi> gedenken,<lb/> Fern ſei’s von uns! Doch, daß wir <hi rendition="#g">raͤchen</hi> ſollten<lb/> Des Koͤnigs Tod, der nie uns Gutes that,<lb/> Und die verfolgen, die uns nie betruͤbten,<lb/> Das ziemt uns nicht und will uns nicht gebuͤhren.<lb/> Die Liebe will ein freies Opfer ſeyn,<lb/> Der Tod entbindet von erzwungnen Pflichten,<lb/> — Ihm haben wir nichts weiter zu entrichten.</p><lb/> </sp> <sp who="#MEL"> <speaker> <hi rendition="#g">Melchthal</hi> </speaker><lb/> <p>Und weint die Koͤnigin in ihrer Kammer,<lb/> Und klagt ihr wilder Schmerz den Himmel an,<lb/> So ſeht ihr hier ein angſtbefreites Volk<lb/> Zu eben dieſem Himmel dankend flehen —<lb/> Wer Thraͤnen aͤrnten will, muß Liebe ſaͤen.</p><lb/> <stage>(Reichsbote geht ab)</stage><lb/> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [223/0237]
Er ſtand auf einem hohen Platz, er konnte
Ein Vater ſeiner Voͤlker ſeyn, doch ihm
Gefiel es, nur zu ſorgen fuͤr die Seinen,
Die er gemehrt hat, moͤgen um ihn weinen!
Walther Fuͤrſt
Wir wollen nicht frohlocken ſeines Falls,
Nicht des empfangnen Boͤſen jezt gedenken,
Fern ſei’s von uns! Doch, daß wir raͤchen ſollten
Des Koͤnigs Tod, der nie uns Gutes that,
Und die verfolgen, die uns nie betruͤbten,
Das ziemt uns nicht und will uns nicht gebuͤhren.
Die Liebe will ein freies Opfer ſeyn,
Der Tod entbindet von erzwungnen Pflichten,
— Ihm haben wir nichts weiter zu entrichten.
Melchthal
Und weint die Koͤnigin in ihrer Kammer,
Und klagt ihr wilder Schmerz den Himmel an,
So ſeht ihr hier ein angſtbefreites Volk
Zu eben dieſem Himmel dankend flehen —
Wer Thraͤnen aͤrnten will, muß Liebe ſaͤen.
(Reichsbote geht ab)
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Zitationshilfe: | Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/237>, abgerufen am 25.07.2024. |