Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804.
"Vielmehr getreulich dazu helfen werden, "Sie auszuliefern in des Rächers Hand, "Der Lieb gedenkend und der alten Gunst, "Die sie von Rudolphs Fürstenhaus empfangen." (Zeichen des Unwillens unter den Landleuten) Viele Stimmen Der Lieb und Gunst! Stauffacher Wir haben Gunst empfangen von dem Vater, Doch wessen rühmen wir uns von dem Sohn? Hat er den Brief der Freiheit uns bestätigt, Wie vor ihm alle Kaiser doch gethan? Hat er gerichtet nach gerechtem Spruch, Und der bedrängten Unschuld Schutz verliehn? Hat er auch nur die Boten wollen hören, Die wir in unsrer Angst zu ihm gesendet? Nicht eins von diesem allen hat der König An uns gethan und hätten wir nicht selbst Uns Recht verschafft mit eigner muthger Hand, Ihn rührte unsre Noth nicht an -- Ihm Dank? Nicht Dank hat er gesät in diesen Thälern.
„Vielmehr getreulich dazu helfen werden, „Sie auszuliefern in des Raͤchers Hand, „Der Lieb gedenkend und der alten Gunſt, „Die ſie von Rudolphs Fuͤrſtenhaus empfangen.“ (Zeichen des Unwillens unter den Landleuten) Viele Stimmen Der Lieb und Gunſt! Stauffacher Wir haben Gunſt empfangen von dem Vater, Doch weſſen ruͤhmen wir uns von dem Sohn? Hat er den Brief der Freiheit uns beſtaͤtigt, Wie vor ihm alle Kaiſer doch gethan? Hat er gerichtet nach gerechtem Spruch, Und der bedraͤngten Unſchuld Schutz verliehn? Hat er auch nur die Boten wollen hoͤren, Die wir in unſrer Angſt zu ihm geſendet? Nicht eins von dieſem allen hat der Koͤnig An uns gethan und haͤtten wir nicht ſelbſt Uns Recht verſchafft mit eigner muthger Hand, Ihn ruͤhrte unſre Noth nicht an — Ihm Dank? Nicht Dank hat er geſaͤt in dieſen Thaͤlern. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#WAL"> <p><pb facs="#f0236" n="222"/> „Vielmehr getreulich dazu helfen werden,<lb/> „Sie auszuliefern in des Raͤchers Hand,<lb/> „Der Lieb gedenkend und der alten Gunſt,<lb/> „Die ſie von Rudolphs Fuͤrſtenhaus empfangen.“</p><lb/> <stage>(Zeichen des Unwillens unter den Landleuten)</stage><lb/> </sp> <sp who="#VIES"> <speaker> <hi rendition="#g">Viele Stimmen</hi> </speaker><lb/> <p>Der Lieb und Gunſt!</p><lb/> </sp> <sp who="#STA"> <speaker> <hi rendition="#g">Stauffacher</hi> </speaker><lb/> <p>Wir haben Gunſt empfangen von dem Vater,<lb/> Doch weſſen ruͤhmen wir uns von dem Sohn?<lb/> Hat er den Brief der Freiheit uns beſtaͤtigt,<lb/> Wie <hi rendition="#g">vor</hi> ihm alle Kaiſer doch gethan?<lb/> Hat er gerichtet nach gerechtem Spruch,<lb/> Und der bedraͤngten Unſchuld Schutz verliehn?<lb/> Hat er auch nur die Boten wollen hoͤren,<lb/> Die wir in unſrer Angſt zu ihm geſendet?<lb/> Nicht eins von dieſem allen hat der Koͤnig<lb/> An uns gethan und haͤtten wir nicht ſelbſt<lb/> Uns Recht verſchafft mit eigner muthger Hand,<lb/> Ihn ruͤhrte unſre Noth nicht an — Ihm Dank?<lb/> Nicht Dank hat er geſaͤt in dieſen Thaͤlern.<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [222/0236]
„Vielmehr getreulich dazu helfen werden,
„Sie auszuliefern in des Raͤchers Hand,
„Der Lieb gedenkend und der alten Gunſt,
„Die ſie von Rudolphs Fuͤrſtenhaus empfangen.“
(Zeichen des Unwillens unter den Landleuten)
Viele Stimmen
Der Lieb und Gunſt!
Stauffacher
Wir haben Gunſt empfangen von dem Vater,
Doch weſſen ruͤhmen wir uns von dem Sohn?
Hat er den Brief der Freiheit uns beſtaͤtigt,
Wie vor ihm alle Kaiſer doch gethan?
Hat er gerichtet nach gerechtem Spruch,
Und der bedraͤngten Unſchuld Schutz verliehn?
Hat er auch nur die Boten wollen hoͤren,
Die wir in unſrer Angſt zu ihm geſendet?
Nicht eins von dieſem allen hat der Koͤnig
An uns gethan und haͤtten wir nicht ſelbſt
Uns Recht verſchafft mit eigner muthger Hand,
Ihn ruͤhrte unſre Noth nicht an — Ihm Dank?
Nicht Dank hat er geſaͤt in dieſen Thaͤlern.
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Zitationshilfe: | Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/236>, abgerufen am 25.07.2024. |