Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite
Geßler und Rudolph der Harras zu Pferd
Geßler
Sagt was ihr wollt, ich bin des Kaisers Diener
Und muß drauf denken, wie ich ihm gefalle.
Er hat mich nicht ins Land geschickt, dem Volk
Zu schmeicheln und ihm sanft zu thun -- Gehorsam
Erwartet er, der Streit ist, ob der Bauer
Soll Herr seyn in dem Lande oder der Kaiser.

Armgart
Jezt ist der Augenblick! Jezt bring ichs an!
(nähert sich furchtsam)
Geßler
Ich hab' den Hut nicht aufgesteckt zu Altorf
Des Scherzes wegen, oder um die Herzen
Des Volks zu prüfen, diese kenn ich längst.
Ich hab ihn aufgesteckt, daß sie den Nacken
Mir lernen beugen, den sie aufrecht tragen --
Das Unbequeme hab ich hingepflanzt
Auf ihren Weg, wo sie vorbeigehn müssen,
Daß sie drauf stoßen mit dem Aug, und sich
Erinnern ihres Herrn, den sie vergessen.

r 2
Geßler und Rudolph der Harras zu Pferd
Geßler
Sagt was ihr wollt, ich bin des Kaiſers Diener
Und muß drauf denken, wie ich ihm gefalle.
Er hat mich nicht ins Land geſchickt, dem Volk
Zu ſchmeicheln und ihm ſanft zu thun — Gehorſam
Erwartet er, der Streit iſt, ob der Bauer
Soll Herr ſeyn in dem Lande oder der Kaiſer.

Armgart
Jezt iſt der Augenblick! Jezt bring ichs an!
(nähert ſich furchtſam)
Geßler
Ich hab’ den Hut nicht aufgeſteckt zu Altorf
Des Scherzes wegen, oder um die Herzen
Des Volks zu pruͤfen, dieſe kenn ich laͤngſt.
Ich hab ihn aufgeſteckt, daß ſie den Nacken
Mir lernen beugen, den ſie aufrecht tragen —
Das Unbequeme hab ich hingepflanzt
Auf ihren Weg, wo ſie vorbeigehn muͤſſen,
Daß ſie drauf ſtoßen mit dem Aug, und ſich
Erinnern ihres Herrn, den ſie vergeſſen.

r 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#STUE">
            <pb facs="#f0209" n="195"/>
            <stage><hi rendition="#g">Geßler</hi> und <hi rendition="#g">Rudolph</hi> der <hi rendition="#g">Harras</hi> zu Pferd</stage><lb/>
          </sp>
          <sp who="#GEAE">
            <speaker> <hi rendition="#g">Geßler</hi> </speaker><lb/>
            <p>Sagt was ihr wollt, ich bin des Kai&#x017F;ers Diener<lb/>
Und muß drauf denken, wie ich ihm gefalle.<lb/>
Er hat mich nicht ins Land ge&#x017F;chickt, dem Volk<lb/>
Zu &#x017F;chmeicheln und ihm &#x017F;anft zu thun &#x2014; Gehor&#x017F;am<lb/>
Erwartet er, der Streit i&#x017F;t, ob der Bauer<lb/>
Soll Herr &#x017F;eyn in dem Lande oder der Kai&#x017F;er.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#ARM">
            <speaker> <hi rendition="#g">Armgart</hi> </speaker><lb/>
            <p>Jezt i&#x017F;t der Augenblick! Jezt bring ichs an!</p><lb/>
            <stage>(nähert &#x017F;ich furcht&#x017F;am)</stage><lb/>
          </sp>
          <sp who="#GEAE">
            <speaker> <hi rendition="#g">Geßler</hi> </speaker><lb/>
            <p>Ich hab&#x2019; den Hut nicht aufge&#x017F;teckt zu Altorf<lb/>
Des Scherzes wegen, oder um die Herzen<lb/>
Des Volks zu pru&#x0364;fen, die&#x017F;e kenn ich la&#x0364;ng&#x017F;t.<lb/>
Ich hab ihn aufge&#x017F;teckt, daß &#x017F;ie den Nacken<lb/>
Mir lernen beugen, den &#x017F;ie aufrecht tragen &#x2014;<lb/>
Das <hi rendition="#g">Unbequeme</hi> hab ich hingepflanzt<lb/>
Auf ihren Weg, wo &#x017F;ie vorbeigehn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
Daß &#x017F;ie drauf &#x017F;toßen mit dem Aug, und &#x017F;ich<lb/>
Erinnern ihres Herrn, den &#x017F;ie verge&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">r 2</fw><lb/>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[195/0209] Geßler und Rudolph der Harras zu Pferd Geßler Sagt was ihr wollt, ich bin des Kaiſers Diener Und muß drauf denken, wie ich ihm gefalle. Er hat mich nicht ins Land geſchickt, dem Volk Zu ſchmeicheln und ihm ſanft zu thun — Gehorſam Erwartet er, der Streit iſt, ob der Bauer Soll Herr ſeyn in dem Lande oder der Kaiſer. Armgart Jezt iſt der Augenblick! Jezt bring ichs an! (nähert ſich furchtſam) Geßler Ich hab’ den Hut nicht aufgeſteckt zu Altorf Des Scherzes wegen, oder um die Herzen Des Volks zu pruͤfen, dieſe kenn ich laͤngſt. Ich hab ihn aufgeſteckt, daß ſie den Nacken Mir lernen beugen, den ſie aufrecht tragen — Das Unbequeme hab ich hingepflanzt Auf ihren Weg, wo ſie vorbeigehn muͤſſen, Daß ſie drauf ſtoßen mit dem Aug, und ſich Erinnern ihres Herrn, den ſie vergeſſen. r 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/209
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/209>, abgerufen am 25.11.2024.