Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite
Hinan zu klimmen an den glatten Wänden,
Wo er sich anleimt mit dem eignen Blut,
-- Um ein armselig Gratthier zu erjagen.
Hier gilt es einen köstlicheren Preiß,
Das Herz des Todfeinds, der mich will verderben.

(Man hört von ferne eine heitre Musik, welche sich nähert)
Mein ganzes Lebenlang hab ich den Bogen
Gehandhabt, mich geübt nach Schützenregel,
Ich habe oft geschossen in das Schwarze,
Und manchen schönen Preiß mir heimgebracht
Vom Freudenschießen -- Aber heute will ich
Den Meisterschuß thun und das Beste mir
Im ganzen Umkreis des Gebirgs gewinnen.

(Eine Hochzeit zieht über die Scene und durch den Hohlweg
hinauf. Tell betrachtet sie, auf seinen Bogen gelehnt,
Stüssi der Flurschütz gesellt sich zu ihm.)

Stüssi
Das ist der Klostermey'r von Mörlischachen,
Der hier den Brautlauf hält -- Ein reicher Mann,
Er hat wohl zehen Senten auf den Alpen.
Die Braut hohlt er jezt ab zu Imisee,
Hinan zu klimmen an den glatten Waͤnden,
Wo er ſich anleimt mit dem eignen Blut,
— Um ein armſelig Gratthier zu erjagen.
Hier gilt es einen koͤſtlicheren Preiß,
Das Herz des Todfeinds, der mich will verderben.

(Man hört von ferne eine heitre Muſik, welche ſich nähert)
Mein ganzes Lebenlang hab ich den Bogen
Gehandhabt, mich geuͤbt nach Schuͤtzenregel,
Ich habe oft geſchoſſen in das Schwarze,
Und manchen ſchoͤnen Preiß mir heimgebracht
Vom Freudenſchießen — Aber heute will ich
Den Meiſterſchuß thun und das Beſte mir
Im ganzen Umkreis des Gebirgs gewinnen.

(Eine Hochzeit zieht über die Scene und durch den Hohlweg
hinauf. Tell betrachtet ſie, auf ſeinen Bogen gelehnt,
Stuͤſſi der Flurſchuͤtz geſellt ſich zu ihm.)

Stuͤſſi
Das iſt der Kloſtermey’r von Moͤrliſchachen,
Der hier den Brautlauf haͤlt — Ein reicher Mann,
Er hat wohl zehen Senten auf den Alpen.
Die Braut hohlt er jezt ab zu Imiſee,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#TEL">
            <p><pb facs="#f0203" n="189"/>
Hinan zu klimmen an den glatten Wa&#x0364;nden,<lb/>
Wo er &#x017F;ich anleimt mit dem eignen Blut,<lb/>
&#x2014; Um ein arm&#x017F;elig Gratthier zu erjagen.<lb/>
Hier gilt es einen ko&#x0364;&#x017F;tlicheren Preiß,<lb/>
Das Herz des Todfeinds, der mich will verderben.</p><lb/>
            <stage>(Man hört von ferne eine heitre Mu&#x017F;ik, welche &#x017F;ich nähert)</stage><lb/>
            <p>Mein ganzes Lebenlang hab ich den Bogen<lb/>
Gehandhabt, mich geu&#x0364;bt nach Schu&#x0364;tzenregel,<lb/>
Ich habe oft ge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en in das Schwarze,<lb/>
Und manchen &#x017F;cho&#x0364;nen Preiß mir heimgebracht<lb/>
Vom Freuden&#x017F;chießen &#x2014; Aber heute will ich<lb/>
Den <hi rendition="#g">Mei&#x017F;ter&#x017F;chuß</hi> thun und das Be&#x017F;te mir<lb/>
Im ganzen Umkreis des Gebirgs gewinnen.</p><lb/>
            <stage>(Eine Hochzeit zieht über die Scene und durch den Hohlweg<lb/>
hinauf. Tell betrachtet &#x017F;ie, auf &#x017F;einen Bogen gelehnt,<lb/>
Stu&#x0364;&#x017F;&#x017F;i der Flur&#x017F;chu&#x0364;tz ge&#x017F;ellt &#x017F;ich zu ihm.)</stage><lb/>
          </sp>
          <sp who="#STUE">
            <speaker> <hi rendition="#g">Stu&#x0364;&#x017F;&#x017F;i</hi> </speaker><lb/>
            <p>Das i&#x017F;t der Klo&#x017F;termey&#x2019;r von Mo&#x0364;rli&#x017F;chachen,<lb/>
Der hier den Brautlauf ha&#x0364;lt &#x2014; Ein reicher Mann,<lb/>
Er hat wohl zehen Senten auf den Alpen.<lb/>
Die Braut hohlt er jezt ab zu Imi&#x017F;ee,<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[189/0203] Hinan zu klimmen an den glatten Waͤnden, Wo er ſich anleimt mit dem eignen Blut, — Um ein armſelig Gratthier zu erjagen. Hier gilt es einen koͤſtlicheren Preiß, Das Herz des Todfeinds, der mich will verderben. (Man hört von ferne eine heitre Muſik, welche ſich nähert) Mein ganzes Lebenlang hab ich den Bogen Gehandhabt, mich geuͤbt nach Schuͤtzenregel, Ich habe oft geſchoſſen in das Schwarze, Und manchen ſchoͤnen Preiß mir heimgebracht Vom Freudenſchießen — Aber heute will ich Den Meiſterſchuß thun und das Beſte mir Im ganzen Umkreis des Gebirgs gewinnen. (Eine Hochzeit zieht über die Scene und durch den Hohlweg hinauf. Tell betrachtet ſie, auf ſeinen Bogen gelehnt, Stuͤſſi der Flurſchuͤtz geſellt ſich zu ihm.) Stuͤſſi Das iſt der Kloſtermey’r von Moͤrliſchachen, Der hier den Brautlauf haͤlt — Ein reicher Mann, Er hat wohl zehen Senten auf den Alpen. Die Braut hohlt er jezt ab zu Imiſee,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/203
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/203>, abgerufen am 02.05.2024.