Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite
O gütger Gott -- Kommt meine Reu zu spät?
Konnt' er nicht wenge Pulse länger leben,
Um mein geändert Herz zu sehn?
Verachtet hab ich seine treue Stimme,
Da er noch wandelte im Licht -- Er ist
Dahin, ist fort auf immerdar, und läßt mir
Die schwere unbezahlte Schuld! -- O saget!
Schied er dahin im Unmuth gegen mich?

Stauffacher
Er hörte sterbend noch was ihr gethan,
Und segnete den Muth, mit dem ihr spracht!

Rudenz (kniet an dem Todten nieder)
Ja heilge Reste eines theuren Mannes!
Entseelter Leichnam! Hier gelob ich dirs
In deine kalte Todtenhand -- Zerrissen
Hab ich auf ewig alle fremden Bande,
Zurückgegeben bin ich meinem Volk,
Ein Schweitzer bin ich und ich will es seyn
Von ganzer Seele -- --

(aufftehend)
Trauert um den Freund,
O guͤtger Gott — Kommt meine Reu zu ſpaͤt?
Konnt’ er nicht wenge Pulſe laͤnger leben,
Um mein geaͤndert Herz zu ſehn?
Verachtet hab ich ſeine treue Stimme,
Da er noch wandelte im Licht — Er iſt
Dahin, iſt fort auf immerdar, und laͤßt mir
Die ſchwere unbezahlte Schuld! — O ſaget!
Schied er dahin im Unmuth gegen mich?

Stauffacher
Er hoͤrte ſterbend noch was ihr gethan,
Und ſegnete den Muth, mit dem ihr ſpracht!

Rudenz (kniet an dem Todten nieder)
Ja heilge Reſte eines theuren Mannes!
Entſeelter Leichnam! Hier gelob ich dirs
In deine kalte Todtenhand — Zerriſſen
Hab ich auf ewig alle fremden Bande,
Zuruͤckgegeben bin ich meinem Volk,
Ein Schweitzer bin ich und ich will es ſeyn
Von ganzer Seele — —

(aufftehend)
Trauert um den Freund,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#RUD">
            <pb facs="#f0192" n="178"/>
            <p>O gu&#x0364;tger Gott &#x2014; Kommt meine Reu zu &#x017F;pa&#x0364;t?<lb/>
Konnt&#x2019; er nicht wenge Pul&#x017F;e la&#x0364;nger leben,<lb/>
Um mein gea&#x0364;ndert Herz zu &#x017F;ehn?<lb/>
Verachtet hab ich &#x017F;eine treue Stimme,<lb/>
Da er noch wandelte im Licht &#x2014; Er i&#x017F;t<lb/>
Dahin, i&#x017F;t fort auf immerdar, und la&#x0364;ßt mir<lb/>
Die &#x017F;chwere unbezahlte Schuld! &#x2014; O &#x017F;aget!<lb/>
Schied er dahin im Unmuth gegen mich?</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#STA">
            <speaker> <hi rendition="#g">Stauffacher</hi> </speaker><lb/>
            <p>Er ho&#x0364;rte &#x017F;terbend noch was ihr gethan,<lb/>
Und &#x017F;egnete den Muth, mit dem ihr &#x017F;pracht!</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#RUD">
            <speaker> <hi rendition="#g">Rudenz</hi> </speaker>
            <stage>(kniet an dem Todten nieder)</stage><lb/>
            <p>Ja heilge Re&#x017F;te eines theuren Mannes!<lb/>
Ent&#x017F;eelter Leichnam! Hier gelob ich dirs<lb/>
In deine kalte Todtenhand &#x2014; Zerri&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Hab ich auf ewig alle fremden Bande,<lb/>
Zuru&#x0364;ckgegeben bin ich meinem Volk,<lb/>
Ein Schweitzer bin ich und ich will es &#x017F;eyn<lb/>
Von ganzer Seele &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
            <stage>(aufftehend)</stage><lb/>
            <p>Trauert um den Freund,<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0192] O guͤtger Gott — Kommt meine Reu zu ſpaͤt? Konnt’ er nicht wenge Pulſe laͤnger leben, Um mein geaͤndert Herz zu ſehn? Verachtet hab ich ſeine treue Stimme, Da er noch wandelte im Licht — Er iſt Dahin, iſt fort auf immerdar, und laͤßt mir Die ſchwere unbezahlte Schuld! — O ſaget! Schied er dahin im Unmuth gegen mich? Stauffacher Er hoͤrte ſterbend noch was ihr gethan, Und ſegnete den Muth, mit dem ihr ſpracht! Rudenz (kniet an dem Todten nieder) Ja heilge Reſte eines theuren Mannes! Entſeelter Leichnam! Hier gelob ich dirs In deine kalte Todtenhand — Zerriſſen Hab ich auf ewig alle fremden Bande, Zuruͤckgegeben bin ich meinem Volk, Ein Schweitzer bin ich und ich will es ſeyn Von ganzer Seele — — (aufftehend) Trauert um den Freund,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/192
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/192>, abgerufen am 03.05.2024.