Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Bedaurend da, als hinter dir die Reiter
Des Landvogts drangen, als der wüthge See
Vor dir erbraußte? Nicht mit müßgen Thränen
Beklagt' er dich, in den Nachen sprang er, Weib
Und Kind vergaß er und befreite dich --
Walther Fürst
Was konnten wir zu seiner Rettung wagen,
Die kleine Zahl, die unbewaffnet war!
Hedwig (wirst sich an seine Brust)
O Vater! Und auch du hast ihn verloren!
Das Land, wir alle haben ihn verloren!
Uns allen fehlt er, ach! wir fehlen ihm!
Gott rette seine Seele vor Verzweiflung.
Zu ihm hinab ins öde Burgverließ
Dringt keines Freundes Trost -- Wenn er erkrankte!
Ach, in des Kerkers feuchter Finsterniß
Muß er erkranken -- Wie die Alpenrose
Bleicht und verkümmert in der Sumpfesluft,
So ist für Ihn kein Leben als im Licht
Der Sonne, in dem Balsamstrom der Lüfte.
Gefangen! Er! Sein Athem ist die Freiheit,
Bedaurend da, als hinter dir die Reiter
Des Landvogts drangen, als der wuͤthge See
Vor dir erbraußte? Nicht mit muͤßgen Thraͤnen
Beklagt’ er dich, in den Nachen ſprang er, Weib
Und Kind vergaß er und befreite dich —
Walther Fuͤrſt
Was konnten wir zu ſeiner Rettung wagen,
Die kleine Zahl, die unbewaffnet war!
Hedwig (wirſt ſich an ſeine Bruſt)
O Vater! Und auch du haſt ihn verloren!
Das Land, wir alle haben ihn verloren!
Uns allen fehlt er, ach! wir fehlen ihm!
Gott rette ſeine Seele vor Verzweiflung.
Zu ihm hinab ins oͤde Burgverließ
Dringt keines Freundes Troſt — Wenn er erkrankte!
Ach, in des Kerkers feuchter Finſterniß
Muß er erkranken — Wie die Alpenroſe
Bleicht und verkuͤmmert in der Sumpfesluft,
So iſt fuͤr Ihn kein Leben als im Licht
Der Sonne, in dem Balſamſtrom der Luͤfte.
Gefangen! Er! Sein Athem iſt die Freiheit,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#HED">
            <p><pb facs="#f0184" n="170"/>
Bedaurend da, als hinter dir die Reiter<lb/>
Des Landvogts drangen, als der wu&#x0364;thge See<lb/>
Vor dir erbraußte? Nicht mit mu&#x0364;ßgen Thra&#x0364;nen<lb/>
Beklagt&#x2019; er dich, in den Nachen &#x017F;prang er, Weib<lb/>
Und Kind vergaß er und befreite dich &#x2014;</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#WAL">
            <speaker> <hi rendition="#g">Walther Fu&#x0364;r&#x017F;t</hi> </speaker><lb/>
            <p>Was konnten wir zu &#x017F;einer Rettung wagen,<lb/>
Die kleine Zahl, die unbewaffnet war!</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#HED">
            <speaker> <hi rendition="#g">Hedwig</hi> </speaker>
            <stage>(wir&#x017F;t &#x017F;ich an &#x017F;eine Bru&#x017F;t)</stage><lb/>
            <p>O Vater! Und auch du ha&#x017F;t ihn verloren!<lb/>
Das Land, wir alle haben ihn verloren!<lb/>
Uns allen fehlt er, ach! wir fehlen ihm!<lb/>
Gott rette &#x017F;eine Seele vor Verzweiflung.<lb/>
Zu ihm hinab ins o&#x0364;de Burgverließ<lb/>
Dringt keines Freundes Tro&#x017F;t &#x2014; Wenn er erkrankte!<lb/>
Ach, in des Kerkers feuchter Fin&#x017F;terniß<lb/>
Muß er erkranken &#x2014; Wie die Alpenro&#x017F;e<lb/>
Bleicht und verku&#x0364;mmert in der Sumpfesluft,<lb/>
So i&#x017F;t fu&#x0364;r Ihn kein Leben als im Licht<lb/>
Der Sonne, in dem Bal&#x017F;am&#x017F;trom der Lu&#x0364;fte.<lb/>
Gefangen! Er! Sein Athem i&#x017F;t die Freiheit,<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[170/0184] Bedaurend da, als hinter dir die Reiter Des Landvogts drangen, als der wuͤthge See Vor dir erbraußte? Nicht mit muͤßgen Thraͤnen Beklagt’ er dich, in den Nachen ſprang er, Weib Und Kind vergaß er und befreite dich — Walther Fuͤrſt Was konnten wir zu ſeiner Rettung wagen, Die kleine Zahl, die unbewaffnet war! Hedwig (wirſt ſich an ſeine Bruſt) O Vater! Und auch du haſt ihn verloren! Das Land, wir alle haben ihn verloren! Uns allen fehlt er, ach! wir fehlen ihm! Gott rette ſeine Seele vor Verzweiflung. Zu ihm hinab ins oͤde Burgverließ Dringt keines Freundes Troſt — Wenn er erkrankte! Ach, in des Kerkers feuchter Finſterniß Muß er erkranken — Wie die Alpenroſe Bleicht und verkuͤmmert in der Sumpfesluft, So iſt fuͤr Ihn kein Leben als im Licht Der Sonne, in dem Balſamſtrom der Luͤfte. Gefangen! Er! Sein Athem iſt die Freiheit,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/184
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/184>, abgerufen am 22.11.2024.