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Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801.

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Die unsichtbaren himmlischen Geschenke
Geheimnißvoll in einem sichtbarn Leib.
-- Die Kirche ists, die heilige, die hohe,
Die zu dem Himmel uns die Leiter baut,
Die allgemeine, die kathol'sche heißt sie,
Denn nur der Glaube aller stärkt den Glauben,
Wo tausende anbeten und verehren,
Da wird die Glut zur Flamme, und beflügelt
Schwingt sich der Geist in alle Himmel auf.
-- Ach die Beglückten, die das froh getheilte
Gebet versammelt in dem Haus des Herrn!
Geschmückt ist der Altar, die Kerzen leuchten,
Die Glocke tönt, der Weihrauch ist gestreut,
Der Bischof steht im reinen Meßgewand,
Er faßt den Kelch, er segnet ihn, er kündet
Das hohe Wunder der Verwandlung an,
Und niederstürzt dem gegenwärt'gen Gotte
Das gläubig überzeugte Volk -- Ach! Ich
Allein bin ausgeschlossen, nicht zu mir
In meinen Kerker dringt der Himmelsegen.

Melvil.
Er dringt zu dir! Er ist dir nah! Vertraue
Dem Allvermögenden -- der dürre Stab
Kann Zweige treiben in des Glaubens Hand!
Und der die Quelle aus dem Felsen schlug,
Die unſichtbaren himmliſchen Geſchenke
Geheimnißvoll in einem ſichtbarn Leib.
— Die Kirche iſts, die heilige, die hohe,
Die zu dem Himmel uns die Leiter baut,
Die allgemeine, die kathol'ſche heißt ſie,
Denn nur der Glaube aller ſtaͤrkt den Glauben,
Wo tauſende anbeten und verehren,
Da wird die Glut zur Flamme, und befluͤgelt
Schwingt ſich der Geiſt in alle Himmel auf.
— Ach die Begluͤckten, die das froh getheilte
Gebet verſammelt in dem Haus des Herrn!
Geſchmuͤckt iſt der Altar, die Kerzen leuchten,
Die Glocke toͤnt, der Weihrauch iſt geſtreut,
Der Biſchof ſteht im reinen Meßgewand,
Er faßt den Kelch, er ſegnet ihn, er kuͤndet
Das hohe Wunder der Verwandlung an,
Und niederſtuͤrzt dem gegenwaͤrt'gen Gotte
Das glaͤubig uͤberzeugte Volk — Ach! Ich
Allein bin ausgeſchloſſen, nicht zu mir
In meinen Kerker dringt der Himmelſegen.

Melvil.
Er dringt zu dir! Er iſt dir nah! Vertraue
Dem Allvermoͤgenden — der duͤrre Stab
Kann Zweige treiben in des Glaubens Hand!
Und der die Quelle aus dem Felſen ſchlug,
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[212/0218] Die unſichtbaren himmliſchen Geſchenke Geheimnißvoll in einem ſichtbarn Leib. — Die Kirche iſts, die heilige, die hohe, Die zu dem Himmel uns die Leiter baut, Die allgemeine, die kathol'ſche heißt ſie, Denn nur der Glaube aller ſtaͤrkt den Glauben, Wo tauſende anbeten und verehren, Da wird die Glut zur Flamme, und befluͤgelt Schwingt ſich der Geiſt in alle Himmel auf. — Ach die Begluͤckten, die das froh getheilte Gebet verſammelt in dem Haus des Herrn! Geſchmuͤckt iſt der Altar, die Kerzen leuchten, Die Glocke toͤnt, der Weihrauch iſt geſtreut, Der Biſchof ſteht im reinen Meßgewand, Er faßt den Kelch, er ſegnet ihn, er kuͤndet Das hohe Wunder der Verwandlung an, Und niederſtuͤrzt dem gegenwaͤrt'gen Gotte Das glaͤubig uͤberzeugte Volk — Ach! Ich Allein bin ausgeſchloſſen, nicht zu mir In meinen Kerker dringt der Himmelſegen. Melvil. Er dringt zu dir! Er iſt dir nah! Vertraue Dem Allvermoͤgenden — der duͤrre Stab Kann Zweige treiben in des Glaubens Hand! Und der die Quelle aus dem Felſen ſchlug,

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Zitationshilfe: Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_stuart_1801/218>, abgerufen am 25.11.2024.