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Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801.

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Ich hoff' es, meinen letzten Willen ehren.
Auch was ich auf dem Todeswege trage,
Gehöret euch -- Vergönnet mir noch einmal
Der Erde Glanz auf meinem Weg zum Himmel!
(Zu den Fräulein.)
Dir, meine Alix, Gertrud, Rosamund,
Bestimm' ich meine Perlen, meine Kleider,
Denn eure Jugend freut sich noch des Putzes.
Du, Margaretha, hast das nächste Recht
An meine Großmuth, denn ich lasse dich
Zurück als die Unglücklichste von allen.
Daß ich des Gatten Schuld an dir nicht räche,
Wird mein Vermächtniß offenbaren -- Dich,
O meine treue Hanna, reizet nicht
Der Werth des Goldes, nicht der Steine Pracht,
Dir ist das höchste Kleinod mein Gedächtniß.
Nimm dieses Tuch! Ich habs mit eigner Hand
Für dich gestickt in meines Kummers Stunden,
Und meine heißen Thränen eingewoben.
Mit diesem Tuch wirst du die Augen mir verbinden,
Wenn es so weit ist -- diesen letzten Dienst
Wünsch' ich von meiner Hanna zu empfangen.

Kennedy.
O Melvil! Ich ertrag' es nicht!
14
Ich hoff' es, meinen letzten Willen ehren.
Auch was ich auf dem Todeswege trage,
Gehoͤret euch — Vergoͤnnet mir noch einmal
Der Erde Glanz auf meinem Weg zum Himmel!
(Zu den Fraͤulein.)
Dir, meine Alix, Gertrud, Roſamund,
Beſtimm' ich meine Perlen, meine Kleider,
Denn eure Jugend freut ſich noch des Putzes.
Du, Margaretha, haſt das naͤchſte Recht
An meine Großmuth, denn ich laſſe dich
Zuruͤck als die Ungluͤcklichſte von allen.
Daß ich des Gatten Schuld an dir nicht raͤche,
Wird mein Vermaͤchtniß offenbaren — Dich,
O meine treue Hanna, reizet nicht
Der Werth des Goldes, nicht der Steine Pracht,
Dir iſt das hoͤchſte Kleinod mein Gedaͤchtniß.
Nimm dieſes Tuch! Ich habs mit eigner Hand
Fuͤr dich geſtickt in meines Kummers Stunden,
Und meine heißen Thraͤnen eingewoben.
Mit dieſem Tuch wirſt du die Augen mir verbinden,
Wenn es ſo weit iſt — dieſen letzten Dienſt
Wuͤnſch' ich von meiner Hanna zu empfangen.

Kennedy.
O Melvil! Ich ertrag' es nicht!
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[209/0215] Ich hoff' es, meinen letzten Willen ehren. Auch was ich auf dem Todeswege trage, Gehoͤret euch — Vergoͤnnet mir noch einmal Der Erde Glanz auf meinem Weg zum Himmel! (Zu den Fraͤulein.) Dir, meine Alix, Gertrud, Roſamund, Beſtimm' ich meine Perlen, meine Kleider, Denn eure Jugend freut ſich noch des Putzes. Du, Margaretha, haſt das naͤchſte Recht An meine Großmuth, denn ich laſſe dich Zuruͤck als die Ungluͤcklichſte von allen. Daß ich des Gatten Schuld an dir nicht raͤche, Wird mein Vermaͤchtniß offenbaren — Dich, O meine treue Hanna, reizet nicht Der Werth des Goldes, nicht der Steine Pracht, Dir iſt das hoͤchſte Kleinod mein Gedaͤchtniß. Nimm dieſes Tuch! Ich habs mit eigner Hand Fuͤr dich geſtickt in meines Kummers Stunden, Und meine heißen Thraͤnen eingewoben. Mit dieſem Tuch wirſt du die Augen mir verbinden, Wenn es ſo weit iſt — dieſen letzten Dienſt Wuͤnſch' ich von meiner Hanna zu empfangen. Kennedy. O Melvil! Ich ertrag' es nicht! 14

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Zitationshilfe: Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_stuart_1801/215>, abgerufen am 25.11.2024.