Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801.

Bild:
<< vorherige Seite
Mortimer.
An dieser Brust,
Auf diesem Liebe athmenden Munde --

Maria.
Um Gotteswillen, Sir! Laßt mich hinein gehn!
Mortimer.
Der ist ein Rasender, der nicht das Glück
Festhält in unauflöslicher Umarmung,
Wenn es ein Gott in seine Hand gegeben.
Ich will dich retten, kost' es tausend Leben,
Ich rette dich, ich will es, doch sowahr
Gott lebt! Ich schwör's, ich will dich auch besitzen.

Maria.
O will kein Gott, kein Engel mich beschützen!
Furchtbares Schicksal! Grimmig schleuderst du
Von einem Schreckniß mich dem andern zu.
Bin ich geboren, nur die Wuth zu wecken?
Verschwört sich Haß und Liebe, mich zu schrecken.

Mortimer.
Ja glühend, wie sie hassen, lieb' ich dich!
Sie wollen dich enthaupten, diesen Hals,
Den blendend weißen, mit dem Beil durchschneiden.
O weihe du dem Lebensgott der Freuden,
Was du dem Hasse blutig opfern mußt.
Mortimer.
An dieſer Bruſt,
Auf dieſem Liebe athmenden Munde —

Maria.
Um Gotteswillen, Sir! Laßt mich hinein gehn!
Mortimer.
Der iſt ein Raſender, der nicht das Gluͤck
Feſthaͤlt in unaufloͤslicher Umarmung,
Wenn es ein Gott in ſeine Hand gegeben.
Ich will dich retten, koſt' es tauſend Leben,
Ich rette dich, ich will es, doch ſowahr
Gott lebt! Ich ſchwoͤr's, ich will dich auch beſitzen.

Maria.
O will kein Gott, kein Engel mich beſchuͤtzen!
Furchtbares Schickſal! Grimmig ſchleuderſt du
Von einem Schreckniß mich dem andern zu.
Bin ich geboren, nur die Wuth zu wecken?
Verſchwoͤrt ſich Haß und Liebe, mich zu ſchrecken.

Mortimer.
Ja gluͤhend, wie ſie haſſen, lieb' ich dich!
Sie wollen dich enthaupten, dieſen Hals,
Den blendend weißen, mit dem Beil durchſchneiden.
O weihe du dem Lebensgott der Freuden,
Was du dem Haſſe blutig opfern mußt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0149" n="143"/>
          <sp who="#MOR">
            <speaker><hi rendition="#g">Mortimer</hi>.</speaker><lb/>
            <p>An die&#x017F;er Bru&#x017F;t,<lb/>
Auf die&#x017F;em Liebe athmenden Munde &#x2014;</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#MARSTUA">
            <speaker><hi rendition="#g">Maria</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Um Gotteswillen, Sir! Laßt mich hinein gehn!</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#MOR">
            <speaker><hi rendition="#g">Mortimer</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Der i&#x017F;t ein Ra&#x017F;ender, der nicht das Glu&#x0364;ck<lb/>
Fe&#x017F;tha&#x0364;lt in unauflo&#x0364;slicher Umarmung,<lb/>
Wenn es ein Gott in &#x017F;eine Hand gegeben.<lb/>
Ich will dich retten, ko&#x017F;t' es tau&#x017F;end Leben,<lb/>
Ich rette dich, ich will es, doch &#x017F;owahr<lb/>
Gott lebt! Ich &#x017F;chwo&#x0364;r's, ich will dich auch be&#x017F;itzen.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#MARSTUA">
            <speaker><hi rendition="#g">Maria</hi>.</speaker><lb/>
            <p>O will kein Gott, kein Engel mich be&#x017F;chu&#x0364;tzen!<lb/>
Furchtbares Schick&#x017F;al! Grimmig &#x017F;chleuder&#x017F;t du<lb/>
Von einem Schreckniß mich dem andern zu.<lb/>
Bin ich geboren, nur die Wuth zu wecken?<lb/>
Ver&#x017F;chwo&#x0364;rt &#x017F;ich Haß und Liebe, mich zu &#x017F;chrecken.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#MOR">
            <speaker><hi rendition="#g">Mortimer</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Ja glu&#x0364;hend, wie &#x017F;ie ha&#x017F;&#x017F;en, lieb' ich dich!<lb/>
Sie wollen dich enthaupten, die&#x017F;en Hals,<lb/>
Den blendend weißen, mit dem Beil durch&#x017F;chneiden.<lb/>
O weihe du dem Lebensgott der Freuden,<lb/>
Was du dem Ha&#x017F;&#x017F;e blutig opfern mußt.<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[143/0149] Mortimer. An dieſer Bruſt, Auf dieſem Liebe athmenden Munde — Maria. Um Gotteswillen, Sir! Laßt mich hinein gehn! Mortimer. Der iſt ein Raſender, der nicht das Gluͤck Feſthaͤlt in unaufloͤslicher Umarmung, Wenn es ein Gott in ſeine Hand gegeben. Ich will dich retten, koſt' es tauſend Leben, Ich rette dich, ich will es, doch ſowahr Gott lebt! Ich ſchwoͤr's, ich will dich auch beſitzen. Maria. O will kein Gott, kein Engel mich beſchuͤtzen! Furchtbares Schickſal! Grimmig ſchleuderſt du Von einem Schreckniß mich dem andern zu. Bin ich geboren, nur die Wuth zu wecken? Verſchwoͤrt ſich Haß und Liebe, mich zu ſchrecken. Mortimer. Ja gluͤhend, wie ſie haſſen, lieb' ich dich! Sie wollen dich enthaupten, dieſen Hals, Den blendend weißen, mit dem Beil durchſchneiden. O weihe du dem Lebensgott der Freuden, Was du dem Haſſe blutig opfern mußt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_stuart_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_stuart_1801/149
Zitationshilfe: Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_stuart_1801/149>, abgerufen am 05.05.2024.