Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorstellungen erneuerten, Rudolph beharrte auf der ersten Erklärung, nichts über die alten Verträge zu bewilligen. Der Landtag gieng unverrichteter Dinge aus einander, und die Stände, aufgebracht über den Kaiser, verabredeten unter sich eigenmächtige Zusammenkunft zu Prag, um sich selbst zu helfen.

In großer Anzahl erschienen sie zu Prag. Des kaiserlichen Verboths ungeachtet giengen die Berathschlagungen vor sich, und fast unter den Augen des Kaisers. Die Nachgiebigkeit, die er anfing zu zeigen, bewies ihnen nur, wie sehr sie gefürchtet waren, und vermehrte ihren Troz; in der Hauptsache blieb er unbeweglich. Sie erfüllten ihre Drohungen, und faßten ernstlich den Entschluß, die freye Ausübung ihrer Religion an allen Orten von selbst anzustellen, und den Kaiser so lange in seinen Bedürfnissen zu verlassen, bis er diese Verfügung bestätigt hätte. Sie gingen weiter, und gaben sich selbst die Defensoren, die der Kaiser ihnen verweigerte. Zehen aus jedem der drey Stände wurden ernannt; man beschloß, auf das schleunigste eine militärische Macht zu errichten, wobey der Hauptbeförderer dieses Aufstands, der Graf von Thurn, als Generalwachtmeister angestellt wurde. Dieser Ernst brachte endlich den Kaiser zum Nachgeben, wozu jezt sogar die Spanier ihm riethen. Aus Furcht, daß die aufs äußerste gebrachten Stände sich endlich gar dem Könige von Ungarn in die Arme werfen möchten, unterzeichnete er den merkwürdigen Majestätsbrief der Böhmen, durch welchen sie unter den Nachfolgern dieses Kaisers ihren Aufruhr gerechtfertigt haben.

Die Böhmische Konfession, welche die Stände dem Kaiser Maximilian vorgelegt hatten, erhielt in diesem Majestätsbrief vollkommen gleiche Rechte mit der katholischen Kirche. Den Utraquisten, wie die Böhmischen Protestanten noch immer fortfuhren sich zu nennen, wird die Prager Universität und ein

Vorstellungen erneuerten, Rudolph beharrte auf der ersten Erklärung, nichts über die alten Verträge zu bewilligen. Der Landtag gieng unverrichteter Dinge aus einander, und die Stände, aufgebracht über den Kaiser, verabredeten unter sich eigenmächtige Zusammenkunft zu Prag, um sich selbst zu helfen.

In großer Anzahl erschienen sie zu Prag. Des kaiserlichen Verboths ungeachtet giengen die Berathschlagungen vor sich, und fast unter den Augen des Kaisers. Die Nachgiebigkeit, die er anfing zu zeigen, bewies ihnen nur, wie sehr sie gefürchtet waren, und vermehrte ihren Troz; in der Hauptsache blieb er unbeweglich. Sie erfüllten ihre Drohungen, und faßten ernstlich den Entschluß, die freye Ausübung ihrer Religion an allen Orten von selbst anzustellen, und den Kaiser so lange in seinen Bedürfnissen zu verlassen, bis er diese Verfügung bestätigt hätte. Sie gingen weiter, und gaben sich selbst die Defensoren, die der Kaiser ihnen verweigerte. Zehen aus jedem der drey Stände wurden ernannt; man beschloß, auf das schleunigste eine militärische Macht zu errichten, wobey der Hauptbeförderer dieses Aufstands, der Graf von Thurn, als Generalwachtmeister angestellt wurde. Dieser Ernst brachte endlich den Kaiser zum Nachgeben, wozu jezt sogar die Spanier ihm riethen. Aus Furcht, daß die aufs äußerste gebrachten Stände sich endlich gar dem Könige von Ungarn in die Arme werfen möchten, unterzeichnete er den merkwürdigen Majestätsbrief der Böhmen, durch welchen sie unter den Nachfolgern dieses Kaisers ihren Aufruhr gerechtfertigt haben.

Die Böhmische Konfession, welche die Stände dem Kaiser Maximilian vorgelegt hatten, erhielt in diesem Majestätsbrief vollkommen gleiche Rechte mit der katholischen Kirche. Den Utraquisten, wie die Böhmischen Protestanten noch immer fortfuhren sich zu nennen, wird die Prager Universität und ein

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0046" n="38"/>
Vorstellungen erneuerten, Rudolph           beharrte auf der ersten Erklärung, nichts über die alten Verträge zu bewilligen. Der           Landtag gieng unverrichteter Dinge aus einander, und die Stände, aufgebracht über den           Kaiser, verabredeten unter sich eigenmächtige Zusammenkunft zu Prag, um sich selbst zu           helfen.</p>
        <p>In großer Anzahl erschienen sie zu Prag. Des kaiserlichen Verboths ungeachtet giengen die           Berathschlagungen vor sich, und fast unter den Augen des Kaisers. Die Nachgiebigkeit, die           er anfing zu zeigen, bewies ihnen nur, wie sehr sie gefürchtet waren, und vermehrte ihren           Troz; in der Hauptsache blieb er unbeweglich. Sie erfüllten ihre Drohungen, und faßten           ernstlich den Entschluß, die freye Ausübung ihrer Religion an allen Orten von selbst           anzustellen, und den Kaiser so lange in seinen Bedürfnissen zu verlassen, bis er diese           Verfügung bestätigt hätte. Sie gingen weiter, und gaben sich selbst die <hi rendition="#fr">Defensoren</hi>, die der Kaiser ihnen verweigerte. Zehen aus jedem der           drey Stände wurden ernannt; man beschloß, auf das schleunigste eine militärische Macht zu           errichten, wobey der Hauptbeförderer dieses Aufstands, der Graf von Thurn, als           Generalwachtmeister angestellt wurde. Dieser Ernst brachte endlich den Kaiser zum           Nachgeben, wozu jezt sogar die Spanier ihm riethen. Aus Furcht, daß die aufs äußerste           gebrachten Stände sich endlich gar dem Könige von Ungarn in die Arme werfen möchten,           unterzeichnete er den merkwürdigen <hi rendition="#fr">Majestätsbrief</hi> der Böhmen,           durch welchen sie unter den Nachfolgern dieses Kaisers ihren Aufruhr gerechtfertigt           haben.</p>
        <p>Die Böhmische Konfession, welche die Stände dem Kaiser Maximilian vorgelegt hatten,           erhielt in diesem Majestätsbrief vollkommen gleiche Rechte mit der katholischen Kirche.           Den Utraquisten, wie die Böhmischen Protestanten noch immer fortfuhren sich zu nennen,           wird die Prager Universität und ein
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0046] Vorstellungen erneuerten, Rudolph beharrte auf der ersten Erklärung, nichts über die alten Verträge zu bewilligen. Der Landtag gieng unverrichteter Dinge aus einander, und die Stände, aufgebracht über den Kaiser, verabredeten unter sich eigenmächtige Zusammenkunft zu Prag, um sich selbst zu helfen. In großer Anzahl erschienen sie zu Prag. Des kaiserlichen Verboths ungeachtet giengen die Berathschlagungen vor sich, und fast unter den Augen des Kaisers. Die Nachgiebigkeit, die er anfing zu zeigen, bewies ihnen nur, wie sehr sie gefürchtet waren, und vermehrte ihren Troz; in der Hauptsache blieb er unbeweglich. Sie erfüllten ihre Drohungen, und faßten ernstlich den Entschluß, die freye Ausübung ihrer Religion an allen Orten von selbst anzustellen, und den Kaiser so lange in seinen Bedürfnissen zu verlassen, bis er diese Verfügung bestätigt hätte. Sie gingen weiter, und gaben sich selbst die Defensoren, die der Kaiser ihnen verweigerte. Zehen aus jedem der drey Stände wurden ernannt; man beschloß, auf das schleunigste eine militärische Macht zu errichten, wobey der Hauptbeförderer dieses Aufstands, der Graf von Thurn, als Generalwachtmeister angestellt wurde. Dieser Ernst brachte endlich den Kaiser zum Nachgeben, wozu jezt sogar die Spanier ihm riethen. Aus Furcht, daß die aufs äußerste gebrachten Stände sich endlich gar dem Könige von Ungarn in die Arme werfen möchten, unterzeichnete er den merkwürdigen Majestätsbrief der Böhmen, durch welchen sie unter den Nachfolgern dieses Kaisers ihren Aufruhr gerechtfertigt haben. Die Böhmische Konfession, welche die Stände dem Kaiser Maximilian vorgelegt hatten, erhielt in diesem Majestätsbrief vollkommen gleiche Rechte mit der katholischen Kirche. Den Utraquisten, wie die Böhmischen Protestanten noch immer fortfuhren sich zu nennen, wird die Prager Universität und ein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/46
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/46>, abgerufen am 19.04.2024.