Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

sezten. Er that eine Reise nach Schweden, und suchte sich, durch das Versprechen einer wichtigen Diversion in Deutschland, der Unterstüzung Gustavs zu versichern. Dieser König entließ ihn nicht ohne Hoffnung seines nachdrücklichen Schuzes, schärfte ihm aber dabey ein, mit Klugheit zu verfahren.

Kaum hatte Christian Wilhelm die Landung seines Beschüzers in Pommern erfahren, so schlich er sich mit Hülfe einer Verkleidung in Magdeburg ein. Er erschien plözlich in der Rathsversammlung, erinnerte den Magistrat an alle Drangsale, welche Stadt und Land seitdem von den kaiserlichen Truppen erfahren, an die verderblichen Anschläge Ferdinands, an die Gefahr der evangelischen Kirche. Nach diesem Eingange entdeckte er ihnen, daß der Zeitpunkt ihrer Befreyung erschienen sey, und daß ihnen Gustav Adolph seine Allianz und allen Beystand anbiethe. Magdeburg, eine der wohlhabendsten Städte Deutschlands, genoß unter der Regierung seines Magistrats einer republikanischen Freyheit, welche seine Bürger mit einer heroischen Kühnheit beseelte. Davon hatten sie bereits gegen Wallenstein, der, von ihrem Reichthum angelockt, die übertriebensten Foderungen an sie machte, rühmliche Proben abgelegt, und in einem muthigen Widerstande ihre Rechte behauptet. Ihr ganzes Gebieth hatte zwar die zerstörende Wuth seiner Truppen erfahren, aber Magdeburg selbst entging seiner Rache. Es war also dem Administrator nicht schwer, Gemüther zu gewinnen, denen die erlittnen Mißhandlungen noch in frischem Andenken waren. Zwischen der Stadt und dem König von Schweden kam ein Bündniß zu Stande, in welchem Magdeburg dem König ungehinderten Durchzug durch ihr Gebieth und ihre Thore, und die Werbefreyheit auf ihrem Grund und Boden verstattete, und die Gegenversicherung erhielt, bey ihrer Religion und ihren Privilegien aufs gewissenhafteste geschüzt zu werden.

sezten. Er that eine Reise nach Schweden, und suchte sich, durch das Versprechen einer wichtigen Diversion in Deutschland, der Unterstüzung Gustavs zu versichern. Dieser König entließ ihn nicht ohne Hoffnung seines nachdrücklichen Schuzes, schärfte ihm aber dabey ein, mit Klugheit zu verfahren.

Kaum hatte Christian Wilhelm die Landung seines Beschüzers in Pommern erfahren, so schlich er sich mit Hülfe einer Verkleidung in Magdeburg ein. Er erschien plözlich in der Rathsversammlung, erinnerte den Magistrat an alle Drangsale, welche Stadt und Land seitdem von den kaiserlichen Truppen erfahren, an die verderblichen Anschläge Ferdinands, an die Gefahr der evangelischen Kirche. Nach diesem Eingange entdeckte er ihnen, daß der Zeitpunkt ihrer Befreyung erschienen sey, und daß ihnen Gustav Adolph seine Allianz und allen Beystand anbiethe. Magdeburg, eine der wohlhabendsten Städte Deutschlands, genoß unter der Regierung seines Magistrats einer republikanischen Freyheit, welche seine Bürger mit einer heroischen Kühnheit beseelte. Davon hatten sie bereits gegen Wallenstein, der, von ihrem Reichthum angelockt, die übertriebensten Foderungen an sie machte, rühmliche Proben abgelegt, und in einem muthigen Widerstande ihre Rechte behauptet. Ihr ganzes Gebieth hatte zwar die zerstörende Wuth seiner Truppen erfahren, aber Magdeburg selbst entging seiner Rache. Es war also dem Administrator nicht schwer, Gemüther zu gewinnen, denen die erlittnen Mißhandlungen noch in frischem Andenken waren. Zwischen der Stadt und dem König von Schweden kam ein Bündniß zu Stande, in welchem Magdeburg dem König ungehinderten Durchzug durch ihr Gebieth und ihre Thore, und die Werbefreyheit auf ihrem Grund und Boden verstattete, und die Gegenversicherung erhielt, bey ihrer Religion und ihren Privilegien aufs gewissenhafteste geschüzt zu werden.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0201" n="193"/>
sezten. Er           that eine Reise nach Schweden, und suchte sich, durch das Versprechen einer wichtigen           Diversion in Deutschland, der Unterstüzung Gustavs zu versichern. Dieser König entließ ihn           nicht ohne Hoffnung seines nachdrücklichen Schuzes, schärfte ihm aber dabey ein, mit           Klugheit zu verfahren.</p>
        <p>Kaum hatte Christian Wilhelm die Landung seines Beschüzers in Pommern erfahren, so           schlich er sich mit Hülfe einer Verkleidung in Magdeburg ein. Er erschien plözlich in der           Rathsversammlung, erinnerte den Magistrat an alle Drangsale, welche Stadt und Land seitdem           von den kaiserlichen Truppen erfahren, an die verderblichen Anschläge Ferdinands, an die           Gefahr der evangelischen Kirche. Nach diesem Eingange entdeckte er ihnen, daß der           Zeitpunkt ihrer Befreyung erschienen sey, und daß ihnen <persName>Gustav Adolph</persName> seine Allianz und           allen Beystand anbiethe. <placeName>Magdeburg</placeName>, eine der wohlhabendsten Städte Deutschlands, genoß           unter der Regierung seines Magistrats einer republikanischen Freyheit, welche seine Bürger           mit einer heroischen Kühnheit beseelte. Davon hatten sie bereits gegen Wallenstein, der,           von ihrem Reichthum angelockt, die übertriebensten Foderungen an sie machte, rühmliche           Proben abgelegt, und in einem muthigen Widerstande ihre Rechte behauptet. Ihr ganzes           Gebieth hatte zwar die zerstörende Wuth seiner Truppen erfahren, aber Magdeburg selbst           entging seiner Rache. Es war also dem Administrator nicht schwer, Gemüther zu gewinnen,           denen die erlittnen Mißhandlungen noch in frischem Andenken waren. Zwischen der Stadt und           dem König von Schweden kam ein Bündniß zu Stande, in welchem Magdeburg dem König           ungehinderten Durchzug durch ihr Gebieth und ihre Thore, und die Werbefreyheit auf ihrem           Grund und Boden verstattete, und die Gegenversicherung erhielt, bey ihrer Religion und           ihren Privilegien aufs gewissenhafteste geschüzt zu werden.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[193/0201] sezten. Er that eine Reise nach Schweden, und suchte sich, durch das Versprechen einer wichtigen Diversion in Deutschland, der Unterstüzung Gustavs zu versichern. Dieser König entließ ihn nicht ohne Hoffnung seines nachdrücklichen Schuzes, schärfte ihm aber dabey ein, mit Klugheit zu verfahren. Kaum hatte Christian Wilhelm die Landung seines Beschüzers in Pommern erfahren, so schlich er sich mit Hülfe einer Verkleidung in Magdeburg ein. Er erschien plözlich in der Rathsversammlung, erinnerte den Magistrat an alle Drangsale, welche Stadt und Land seitdem von den kaiserlichen Truppen erfahren, an die verderblichen Anschläge Ferdinands, an die Gefahr der evangelischen Kirche. Nach diesem Eingange entdeckte er ihnen, daß der Zeitpunkt ihrer Befreyung erschienen sey, und daß ihnen Gustav Adolph seine Allianz und allen Beystand anbiethe. Magdeburg, eine der wohlhabendsten Städte Deutschlands, genoß unter der Regierung seines Magistrats einer republikanischen Freyheit, welche seine Bürger mit einer heroischen Kühnheit beseelte. Davon hatten sie bereits gegen Wallenstein, der, von ihrem Reichthum angelockt, die übertriebensten Foderungen an sie machte, rühmliche Proben abgelegt, und in einem muthigen Widerstande ihre Rechte behauptet. Ihr ganzes Gebieth hatte zwar die zerstörende Wuth seiner Truppen erfahren, aber Magdeburg selbst entging seiner Rache. Es war also dem Administrator nicht schwer, Gemüther zu gewinnen, denen die erlittnen Mißhandlungen noch in frischem Andenken waren. Zwischen der Stadt und dem König von Schweden kam ein Bündniß zu Stande, in welchem Magdeburg dem König ungehinderten Durchzug durch ihr Gebieth und ihre Thore, und die Werbefreyheit auf ihrem Grund und Boden verstattete, und die Gegenversicherung erhielt, bey ihrer Religion und ihren Privilegien aufs gewissenhafteste geschüzt zu werden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/201
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/201>, abgerufen am 24.11.2024.