Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Generale des Kaisers sahen sich unterdessen aus Mangel an Truppen und an Geld zu der mißlichen Wahl gebracht, entweder den König von Schweden oder die Deutschen Reichsstände außer Augen zu lassen, da sie mit einer getheilten Macht beyden zugleich nicht gewachsen waren. Die Bewegungen der Protestanten zogen ihre Aufmerksamkeit nach dem Innern des Reichs; die Progressen des Königs in der Mark Brandenburg, welcher die kaiserlichen Erblande schon in der Nähe bedrohte, foderten sie dringend auf dorthin ihre Waffen zu kehren. Nach Frankfurts Eroberung hatte sich der König gegen Landsberg an der Warta gewendet, und Tilly kehrte nun, nach einem zu späten Versuch, jene Stadt zu retten, nach Magdeburg zurück, die angefangene Belagerung mit Ernst fortzusezen.

Das reiche Erzbißthum, dessen Hauptsiz die Stadt Magdeburg war, hatten schon seit geraumer Zeit evangelische Prinzen aus dem Brandenburgischen Hause besessen, welche ihre Religion darin einführten. Christian Wilhelm, der letzte Administrator, war durch seine Verbindung mit Dänemark in die Reichsacht verfallen, wodurch das Domkapitel sich bewogen sah, um nicht die Rache des Kaisers gegen das Erzstift zu reizen, ihn förmlich seiner Würden zu entsezen. An seiner Statt postulirte es den Prinzen Johann August, zweyten Sohn des Churfürsten von Sachsen, den aber der Kaiser verwarf, um seinem eigenen Sohne Leopold dieses Erzbißthum zuzuwenden. Der Churfürst von Sachsen ließ darüber ohnmächtige Klagen an dem kaiserlichen Hofe erschallen; Christian Wilhelm von Brandenburg ergriff thätigere Maßregeln. Der Zuneigung des Volks und Magistrats zu Magdeburg versichert, und von schimärischen Hoffnungen erhizt, glaubte er sich im Stande, alle Hindernisse zu besiegen, welche der Ausspruch des Kapitels, die Concurrenz mit zwey mächtigen Mitbewerbern und das Restitutionsedikt seiner Wiederherstellung entgegen

Die Generale des Kaisers sahen sich unterdessen aus Mangel an Truppen und an Geld zu der mißlichen Wahl gebracht, entweder den König von Schweden oder die Deutschen Reichsstände außer Augen zu lassen, da sie mit einer getheilten Macht beyden zugleich nicht gewachsen waren. Die Bewegungen der Protestanten zogen ihre Aufmerksamkeit nach dem Innern des Reichs; die Progressen des Königs in der Mark Brandenburg, welcher die kaiserlichen Erblande schon in der Nähe bedrohte, foderten sie dringend auf dorthin ihre Waffen zu kehren. Nach Frankfurts Eroberung hatte sich der König gegen Landsberg an der Warta gewendet, und Tilly kehrte nun, nach einem zu späten Versuch, jene Stadt zu retten, nach Magdeburg zurück, die angefangene Belagerung mit Ernst fortzusezen.

Das reiche Erzbißthum, dessen Hauptsiz die Stadt Magdeburg war, hatten schon seit geraumer Zeit evangelische Prinzen aus dem Brandenburgischen Hause besessen, welche ihre Religion darin einführten. Christian Wilhelm, der letzte Administrator, war durch seine Verbindung mit Dänemark in die Reichsacht verfallen, wodurch das Domkapitel sich bewogen sah, um nicht die Rache des Kaisers gegen das Erzstift zu reizen, ihn förmlich seiner Würden zu entsezen. An seiner Statt postulirte es den Prinzen Johann August, zweyten Sohn des Churfürsten von Sachsen, den aber der Kaiser verwarf, um seinem eigenen Sohne Leopold dieses Erzbißthum zuzuwenden. Der Churfürst von Sachsen ließ darüber ohnmächtige Klagen an dem kaiserlichen Hofe erschallen; Christian Wilhelm von Brandenburg ergriff thätigere Maßregeln. Der Zuneigung des Volks und Magistrats zu Magdeburg versichert, und von schimärischen Hoffnungen erhizt, glaubte er sich im Stande, alle Hindernisse zu besiegen, welche der Ausspruch des Kapitels, die Concurrenz mit zwey mächtigen Mitbewerbern und das Restitutionsedikt seiner Wiederherstellung entgegen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0200" n="192"/>
        <p> Die Generale des Kaisers sahen sich unterdessen aus Mangel an Truppen und an Geld zu der           mißlichen Wahl gebracht, entweder den König von Schweden oder die Deutschen Reichsstände           außer Augen zu lassen, da sie mit einer getheilten Macht beyden zugleich nicht gewachsen           waren. Die Bewegungen der Protestanten zogen ihre Aufmerksamkeit nach dem Innern des           Reichs; die Progressen des Königs in der Mark Brandenburg, welcher die kaiserlichen           Erblande schon in der Nähe bedrohte, foderten sie dringend auf dorthin ihre Waffen zu           kehren. Nach Frankfurts Eroberung hatte sich der König gegen Landsberg an der Warta           gewendet, und Tilly kehrte nun, nach einem zu späten Versuch, jene Stadt zu retten, nach           Magdeburg zurück, die angefangene Belagerung mit Ernst fortzusezen.</p>
        <p>Das reiche Erzbißthum, dessen Hauptsiz die Stadt Magdeburg war, hatten schon seit           geraumer Zeit evangelische Prinzen aus dem Brandenburgischen Hause besessen, welche ihre           Religion darin einführten. Christian Wilhelm, der letzte Administrator, war durch seine           Verbindung mit Dänemark in die Reichsacht verfallen, wodurch das Domkapitel sich bewogen           sah, um nicht die Rache des Kaisers gegen das Erzstift zu reizen, ihn förmlich seiner           Würden zu entsezen. An seiner Statt postulirte es den Prinzen Johann August, zweyten Sohn           des Churfürsten von Sachsen, den aber der Kaiser verwarf, um seinem eigenen Sohne Leopold           dieses Erzbißthum zuzuwenden. Der Churfürst von Sachsen ließ darüber ohnmächtige Klagen an           dem kaiserlichen Hofe erschallen; Christian Wilhelm von Brandenburg ergriff thätigere           Maßregeln. Der Zuneigung des Volks und Magistrats zu Magdeburg versichert, und von           schimärischen Hoffnungen erhizt, glaubte er sich im Stande, alle Hindernisse zu besiegen,           welche der Ausspruch des Kapitels, die Concurrenz mit zwey mächtigen Mitbewerbern und das           Restitutionsedikt seiner Wiederherstellung entgegen
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[192/0200] Die Generale des Kaisers sahen sich unterdessen aus Mangel an Truppen und an Geld zu der mißlichen Wahl gebracht, entweder den König von Schweden oder die Deutschen Reichsstände außer Augen zu lassen, da sie mit einer getheilten Macht beyden zugleich nicht gewachsen waren. Die Bewegungen der Protestanten zogen ihre Aufmerksamkeit nach dem Innern des Reichs; die Progressen des Königs in der Mark Brandenburg, welcher die kaiserlichen Erblande schon in der Nähe bedrohte, foderten sie dringend auf dorthin ihre Waffen zu kehren. Nach Frankfurts Eroberung hatte sich der König gegen Landsberg an der Warta gewendet, und Tilly kehrte nun, nach einem zu späten Versuch, jene Stadt zu retten, nach Magdeburg zurück, die angefangene Belagerung mit Ernst fortzusezen. Das reiche Erzbißthum, dessen Hauptsiz die Stadt Magdeburg war, hatten schon seit geraumer Zeit evangelische Prinzen aus dem Brandenburgischen Hause besessen, welche ihre Religion darin einführten. Christian Wilhelm, der letzte Administrator, war durch seine Verbindung mit Dänemark in die Reichsacht verfallen, wodurch das Domkapitel sich bewogen sah, um nicht die Rache des Kaisers gegen das Erzstift zu reizen, ihn förmlich seiner Würden zu entsezen. An seiner Statt postulirte es den Prinzen Johann August, zweyten Sohn des Churfürsten von Sachsen, den aber der Kaiser verwarf, um seinem eigenen Sohne Leopold dieses Erzbißthum zuzuwenden. Der Churfürst von Sachsen ließ darüber ohnmächtige Klagen an dem kaiserlichen Hofe erschallen; Christian Wilhelm von Brandenburg ergriff thätigere Maßregeln. Der Zuneigung des Volks und Magistrats zu Magdeburg versichert, und von schimärischen Hoffnungen erhizt, glaubte er sich im Stande, alle Hindernisse zu besiegen, welche der Ausspruch des Kapitels, die Concurrenz mit zwey mächtigen Mitbewerbern und das Restitutionsedikt seiner Wiederherstellung entgegen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/200
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/200>, abgerufen am 23.11.2024.