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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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Truppen besezen. Am rechten Ufer der Weser agirte der König, und verbreitete sich in den Braunschweigischen Landen. Aber durch zu starke Detaschements hatte er sein Hauptheer geschwächt, daß er mit dem Ueberrest nichts erhebliches ausrichten konnte. Der Ueberlegenheit seines Gegners bewußt, vermied er eben so sorgfältig eine entscheidende Schlacht, als der ligistische Feldherr sie suchte.

Bisher hatte der Kaiser bloß mit den Waffen Bayerns und der Ligue in Deutschland gestritten, wenn man die Spanisch-Niederländischen Hülfsvölker ausnimmt, welche die Unterpfalz überfielen. Maximilian führte den Krieg als Oberster der Reichsexecution, und Tilly, der sie befehligte, war ein Bayrischer Diener. Alle seine Ueberlegenheit im Felde hatte der Kaiser den Waffen Bayerns und der Ligue zu danken; diese hatten also sein ganzes Glück und Ansehen in Händen. Diese Abhängigkeit von dem guten Willen Bayerns und der Ligue vertrug sich nicht mit den weitaussehenden Entwürfen, denen man nach einem so glänzenden Anfang am kaiserlichen Hofe Raum zu geben begann.

So bereitwillig die Ligue sich gezeigt hatte, die Vertheidigung des Kaisers zu übernehmen, an welcher ihre eigne Wohlfahrt befestigt war, so wenig war zu erwarten, daß sie diese Bereitwilligkeit auch auf die kaiserlichen Eroberungsplane erstrecken würde. Oder wenn sie auch ihre Armeen künftig zu Eroberungen hergab, so war zu fürchten, daß sie mit dem Kaiser nichts als den allgemeinen Haß theilen würde, um für sich allein alle Vortheile davon zu ärnten. Nur eine ansehnliche Heeresmacht, von ihm selbst aufgestellt, konnte ihn dieser drückenden Abhängigkeit von Bayern überheben, und ihm seine bisherige Ueberlegenheit in Deutschland behaupten helfen. Aber der Krieg hatte die kaiserlichen Lande viel zu sehr erschöpft, um die unermeßlichen Kosten einer solchen

Truppen besezen. Am rechten Ufer der Weser agirte der König, und verbreitete sich in den Braunschweigischen Landen. Aber durch zu starke Detaschements hatte er sein Hauptheer geschwächt, daß er mit dem Ueberrest nichts erhebliches ausrichten konnte. Der Ueberlegenheit seines Gegners bewußt, vermied er eben so sorgfältig eine entscheidende Schlacht, als der ligistische Feldherr sie suchte.

Bisher hatte der Kaiser bloß mit den Waffen Bayerns und der Ligue in Deutschland gestritten, wenn man die Spanisch-Niederländischen Hülfsvölker ausnimmt, welche die Unterpfalz überfielen. Maximilian führte den Krieg als Oberster der Reichsexecution, und Tilly, der sie befehligte, war ein Bayrischer Diener. Alle seine Ueberlegenheit im Felde hatte der Kaiser den Waffen Bayerns und der Ligue zu danken; diese hatten also sein ganzes Glück und Ansehen in Händen. Diese Abhängigkeit von dem guten Willen Bayerns und der Ligue vertrug sich nicht mit den weitaussehenden Entwürfen, denen man nach einem so glänzenden Anfang am kaiserlichen Hofe Raum zu geben begann.

So bereitwillig die Ligue sich gezeigt hatte, die Vertheidigung des Kaisers zu übernehmen, an welcher ihre eigne Wohlfahrt befestigt war, so wenig war zu erwarten, daß sie diese Bereitwilligkeit auch auf die kaiserlichen Eroberungsplane erstrecken würde. Oder wenn sie auch ihre Armeen künftig zu Eroberungen hergab, so war zu fürchten, daß sie mit dem Kaiser nichts als den allgemeinen Haß theilen würde, um für sich allein alle Vortheile davon zu ärnten. Nur eine ansehnliche Heeresmacht, von ihm selbst aufgestellt, konnte ihn dieser drückenden Abhängigkeit von Bayern überheben, und ihm seine bisherige Ueberlegenheit in Deutschland behaupten helfen. Aber der Krieg hatte die kaiserlichen Lande viel zu sehr erschöpft, um die unermeßlichen Kosten einer solchen

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[135/0143] Truppen besezen. Am rechten Ufer der Weser agirte der König, und verbreitete sich in den Braunschweigischen Landen. Aber durch zu starke Detaschements hatte er sein Hauptheer geschwächt, daß er mit dem Ueberrest nichts erhebliches ausrichten konnte. Der Ueberlegenheit seines Gegners bewußt, vermied er eben so sorgfältig eine entscheidende Schlacht, als der ligistische Feldherr sie suchte. Bisher hatte der Kaiser bloß mit den Waffen Bayerns und der Ligue in Deutschland gestritten, wenn man die Spanisch-Niederländischen Hülfsvölker ausnimmt, welche die Unterpfalz überfielen. Maximilian führte den Krieg als Oberster der Reichsexecution, und Tilly, der sie befehligte, war ein Bayrischer Diener. Alle seine Ueberlegenheit im Felde hatte der Kaiser den Waffen Bayerns und der Ligue zu danken; diese hatten also sein ganzes Glück und Ansehen in Händen. Diese Abhängigkeit von dem guten Willen Bayerns und der Ligue vertrug sich nicht mit den weitaussehenden Entwürfen, denen man nach einem so glänzenden Anfang am kaiserlichen Hofe Raum zu geben begann. So bereitwillig die Ligue sich gezeigt hatte, die Vertheidigung des Kaisers zu übernehmen, an welcher ihre eigne Wohlfahrt befestigt war, so wenig war zu erwarten, daß sie diese Bereitwilligkeit auch auf die kaiserlichen Eroberungsplane erstrecken würde. Oder wenn sie auch ihre Armeen künftig zu Eroberungen hergab, so war zu fürchten, daß sie mit dem Kaiser nichts als den allgemeinen Haß theilen würde, um für sich allein alle Vortheile davon zu ärnten. Nur eine ansehnliche Heeresmacht, von ihm selbst aufgestellt, konnte ihn dieser drückenden Abhängigkeit von Bayern überheben, und ihm seine bisherige Ueberlegenheit in Deutschland behaupten helfen. Aber der Krieg hatte die kaiserlichen Lande viel zu sehr erschöpft, um die unermeßlichen Kosten einer solchen

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/143>, abgerufen am 30.04.2024.