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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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Kriegsrüstung bestreiten zu können. Unter diesen Umständen konnte dem Kaiser nichts willkommner seyn, als der Antrag, womit einer seiner Officiere ihn überraschte.

Graf Wallenstein war es, ein verdienter Officier, der reichste Edelmann in Böhmen. Er hatte dem kaiserlichen Hause von früher Jugend an gedient, und sich in mehreren Feldzügen gegen Türken, Venetianer, Böhmen, Ungarn und Siebenbürger auf das rühmlichste ausgezeichnet. Der Prager Schlacht hatte er als Oberster beygewohnt, und nachher als General-Major eine Ungarische Armee in Mähren geschlagen. Die Dankbarkeit des Kaisers kam diesen Diensten gleich, und ein beträchtlicher Theil der nach dem Böhmischen Aufruhr konfiscirten Güter war seine Belohnung. Im Besiz eines unermeßlichen Vermögens, von ehrgeizigen Entwürfen erhizt, voll Zuversicht auf seine glücklichen Sterne, und noch mehr auf eine gründliche Berechnung der Zeitumstände, erboth er sich gegen den Kaiser, auf eigne und seiner Freunde Kosten eine Armee auszurüsten und völlig zu bekleiden; ja selbst die Sorge für ihren Unterhalt dem Kaiser zu ersparen, wenn ihm gestattet würde, sie bis auf 50,000 Mann zu vergrößern. Niemand war, der diesen Vorschlag nicht als die schimärische Geburt eines brausenden Kopfes verlachte - aber der Versuch war noch immer reichlich belohnt, wenn auch nur ein Theil des Versprechens erfüllt würde. Man überließ ihm einige Kreise in Böhmen zu Musterpläzen, und fügte die Erlaubniß hinzu, Officiersstellen zu vergeben. Wenige Monate, so standen 20,000 Mann unter den Waffen, mit welchen er die Oesterreichischen Grenzen verließ; bald darauf erschien er schon mit 30,000 an der Grenze von Niedersachsen. Der Kaiser hatte zu der ganzen Ausrüstung nichts gegeben als seinen Namen. Der Ruf des Feldherrn, Aussicht auf glänzende Beförderung und Hoffnung der Beute lockte aus allen Gegenden Deutschlands Abenteurer unter seine Fahnen, und sogar regierende Fürsten, von

Kriegsrüstung bestreiten zu können. Unter diesen Umständen konnte dem Kaiser nichts willkommner seyn, als der Antrag, womit einer seiner Officiere ihn überraschte.

Graf Wallenstein war es, ein verdienter Officier, der reichste Edelmann in Böhmen. Er hatte dem kaiserlichen Hause von früher Jugend an gedient, und sich in mehreren Feldzügen gegen Türken, Venetianer, Böhmen, Ungarn und Siebenbürger auf das rühmlichste ausgezeichnet. Der Prager Schlacht hatte er als Oberster beygewohnt, und nachher als General-Major eine Ungarische Armee in Mähren geschlagen. Die Dankbarkeit des Kaisers kam diesen Diensten gleich, und ein beträchtlicher Theil der nach dem Böhmischen Aufruhr konfiscirten Güter war seine Belohnung. Im Besiz eines unermeßlichen Vermögens, von ehrgeizigen Entwürfen erhizt, voll Zuversicht auf seine glücklichen Sterne, und noch mehr auf eine gründliche Berechnung der Zeitumstände, erboth er sich gegen den Kaiser, auf eigne und seiner Freunde Kosten eine Armee auszurüsten und völlig zu bekleiden; ja selbst die Sorge für ihren Unterhalt dem Kaiser zu ersparen, wenn ihm gestattet würde, sie bis auf 50,000 Mann zu vergrößern. Niemand war, der diesen Vorschlag nicht als die schimärische Geburt eines brausenden Kopfes verlachte – aber der Versuch war noch immer reichlich belohnt, wenn auch nur ein Theil des Versprechens erfüllt würde. Man überließ ihm einige Kreise in Böhmen zu Musterpläzen, und fügte die Erlaubniß hinzu, Officiersstellen zu vergeben. Wenige Monate, so standen 20,000 Mann unter den Waffen, mit welchen er die Oesterreichischen Grenzen verließ; bald darauf erschien er schon mit 30,000 an der Grenze von Niedersachsen. Der Kaiser hatte zu der ganzen Ausrüstung nichts gegeben als seinen Namen. Der Ruf des Feldherrn, Aussicht auf glänzende Beförderung und Hoffnung der Beute lockte aus allen Gegenden Deutschlands Abenteurer unter seine Fahnen, und sogar regierende Fürsten, von

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[136/0144] Kriegsrüstung bestreiten zu können. Unter diesen Umständen konnte dem Kaiser nichts willkommner seyn, als der Antrag, womit einer seiner Officiere ihn überraschte. Graf Wallenstein war es, ein verdienter Officier, der reichste Edelmann in Böhmen. Er hatte dem kaiserlichen Hause von früher Jugend an gedient, und sich in mehreren Feldzügen gegen Türken, Venetianer, Böhmen, Ungarn und Siebenbürger auf das rühmlichste ausgezeichnet. Der Prager Schlacht hatte er als Oberster beygewohnt, und nachher als General-Major eine Ungarische Armee in Mähren geschlagen. Die Dankbarkeit des Kaisers kam diesen Diensten gleich, und ein beträchtlicher Theil der nach dem Böhmischen Aufruhr konfiscirten Güter war seine Belohnung. Im Besiz eines unermeßlichen Vermögens, von ehrgeizigen Entwürfen erhizt, voll Zuversicht auf seine glücklichen Sterne, und noch mehr auf eine gründliche Berechnung der Zeitumstände, erboth er sich gegen den Kaiser, auf eigne und seiner Freunde Kosten eine Armee auszurüsten und völlig zu bekleiden; ja selbst die Sorge für ihren Unterhalt dem Kaiser zu ersparen, wenn ihm gestattet würde, sie bis auf 50,000 Mann zu vergrößern. Niemand war, der diesen Vorschlag nicht als die schimärische Geburt eines brausenden Kopfes verlachte – aber der Versuch war noch immer reichlich belohnt, wenn auch nur ein Theil des Versprechens erfüllt würde. Man überließ ihm einige Kreise in Böhmen zu Musterpläzen, und fügte die Erlaubniß hinzu, Officiersstellen zu vergeben. Wenige Monate, so standen 20,000 Mann unter den Waffen, mit welchen er die Oesterreichischen Grenzen verließ; bald darauf erschien er schon mit 30,000 an der Grenze von Niedersachsen. Der Kaiser hatte zu der ganzen Ausrüstung nichts gegeben als seinen Namen. Der Ruf des Feldherrn, Aussicht auf glänzende Beförderung und Hoffnung der Beute lockte aus allen Gegenden Deutschlands Abenteurer unter seine Fahnen, und sogar regierende Fürsten, von

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/144>, abgerufen am 01.05.2024.