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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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des Kriegs, und begnügten sich, im Kabinet und auf ihren Kanzeln einen Feind zu verfolgen, vor welchem sie sich im Felde nicht zu stellen wagten. Alle, entweder Sklaven Oesterreichs oder Bayerns, wichen neben Maximilian in Schatten zurück; erst in den Händen dieses Fürsten wurde ihre versammelte Macht von Bedeutung.

Die furchtbare Monarchie, welche Karl V. und sein Sohn aus den Niederlanden, aus Mailand und beyden Sicilien, aus den weitläuftigen Ost- und Westindischen Ländern unnatürlich zusammen zwangen, neigte sich schon unter Philipp III. und IV. zu ihrem Falle. Von unfruchtbarem Golde zu einer schnellen Größe gebläht, sah man diese Monarchie an einer langsamen Zehrung schwinden, weil ihr die Milch der Staaten, der Feldbau entzogen wurde. Die Westindischen Eroberungen hatten Spanien in Armuth gestürzt, um alle Märkte Europens zu bereichern, und Wechsler zu Antwerpen, Venedig und Genua wucherten längst mit dem Golde, das noch in den Schachten von Peru schlief. Indiens wegen hatte man die Spanischen Länder entvölkert, Indiens Schäze an die Wiedereroberung Hollands, an das schimärische Projekt, die Französische Thronfolge umzustoßen, an einen verunglückten Angriff auf England verschwendet. Aber der Stolz dieses Hofes hatte den Zeitpunkt seiner Größe, der Haß seiner Feinde seine Furchtbarkeit überlebt, und der Schrecken schien noch um die verlassene Höhle des Löwen zu schweben. Das Mißtrauen der Protestanten sich dem Ministerium Philipps III. die gefährliche Staatskunst seines Vaters, und bey den Deutschen Katholiken bestand noch immer das Vertrauen auf Spanische Hülfe, wie der Wunderglaube an die Knochen der Märtyrer. Aeußerliches Gepränge verbarg die Wunden, an denen diese Monarchie sich verblutete, und die Meynung von ihren Kräften blieb, weil sie den hohen Ton ihrer goldnen Tage fortführte. Sklaven

des Kriegs, und begnügten sich, im Kabinet und auf ihren Kanzeln einen Feind zu verfolgen, vor welchem sie sich im Felde nicht zu stellen wagten. Alle, entweder Sklaven Oesterreichs oder Bayerns, wichen neben Maximilian in Schatten zurück; erst in den Händen dieses Fürsten wurde ihre versammelte Macht von Bedeutung.

Die furchtbare Monarchie, welche Karl V. und sein Sohn aus den Niederlanden, aus Mailand und beyden Sicilien, aus den weitläuftigen Ost- und Westindischen Ländern unnatürlich zusammen zwangen, neigte sich schon unter Philipp III. und IV. zu ihrem Falle. Von unfruchtbarem Golde zu einer schnellen Größe gebläht, sah man diese Monarchie an einer langsamen Zehrung schwinden, weil ihr die Milch der Staaten, der Feldbau entzogen wurde. Die Westindischen Eroberungen hatten Spanien in Armuth gestürzt, um alle Märkte Europens zu bereichern, und Wechsler zu Antwerpen, Venedig und Genua wucherten längst mit dem Golde, das noch in den Schachten von Peru schlief. Indiens wegen hatte man die Spanischen Länder entvölkert, Indiens Schäze an die Wiedereroberung Hollands, an das schimärische Projekt, die Französische Thronfolge umzustoßen, an einen verunglückten Angriff auf England verschwendet. Aber der Stolz dieses Hofes hatte den Zeitpunkt seiner Größe, der Haß seiner Feinde seine Furchtbarkeit überlebt, und der Schrecken schien noch um die verlassene Höhle des Löwen zu schweben. Das Mißtrauen der Protestanten sich dem Ministerium Philipps III. die gefährliche Staatskunst seines Vaters, und bey den Deutschen Katholiken bestand noch immer das Vertrauen auf Spanische Hülfe, wie der Wunderglaube an die Knochen der Märtyrer. Aeußerliches Gepränge verbarg die Wunden, an denen diese Monarchie sich verblutete, und die Meynung von ihren Kräften blieb, weil sie den hohen Ton ihrer goldnen Tage fortführte. Sklaven

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[110/0118] des Kriegs, und begnügten sich, im Kabinet und auf ihren Kanzeln einen Feind zu verfolgen, vor welchem sie sich im Felde nicht zu stellen wagten. Alle, entweder Sklaven Oesterreichs oder Bayerns, wichen neben Maximilian in Schatten zurück; erst in den Händen dieses Fürsten wurde ihre versammelte Macht von Bedeutung. Die furchtbare Monarchie, welche Karl V. und sein Sohn aus den Niederlanden, aus Mailand und beyden Sicilien, aus den weitläuftigen Ost- und Westindischen Ländern unnatürlich zusammen zwangen, neigte sich schon unter Philipp III. und IV. zu ihrem Falle. Von unfruchtbarem Golde zu einer schnellen Größe gebläht, sah man diese Monarchie an einer langsamen Zehrung schwinden, weil ihr die Milch der Staaten, der Feldbau entzogen wurde. Die Westindischen Eroberungen hatten Spanien in Armuth gestürzt, um alle Märkte Europens zu bereichern, und Wechsler zu Antwerpen, Venedig und Genua wucherten längst mit dem Golde, das noch in den Schachten von Peru schlief. Indiens wegen hatte man die Spanischen Länder entvölkert, Indiens Schäze an die Wiedereroberung Hollands, an das schimärische Projekt, die Französische Thronfolge umzustoßen, an einen verunglückten Angriff auf England verschwendet. Aber der Stolz dieses Hofes hatte den Zeitpunkt seiner Größe, der Haß seiner Feinde seine Furchtbarkeit überlebt, und der Schrecken schien noch um die verlassene Höhle des Löwen zu schweben. Das Mißtrauen der Protestanten sich dem Ministerium Philipps III. die gefährliche Staatskunst seines Vaters, und bey den Deutschen Katholiken bestand noch immer das Vertrauen auf Spanische Hülfe, wie der Wunderglaube an die Knochen der Märtyrer. Aeußerliches Gepränge verbarg die Wunden, an denen diese Monarchie sich verblutete, und die Meynung von ihren Kräften blieb, weil sie den hohen Ton ihrer goldnen Tage fortführte. Sklaven

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/118>, abgerufen am 01.05.2024.