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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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Stahl. Als Männer vollführen sie, was sie als Herrscher nicht vermögen, und sterben einen glorreichen Tod - als die tapfersten Soldaten der Freyheit. Zu schwach an Ländern, um mit eignen Heeren ihren Feind anzufallen, richten sie fremde Donner gegen ihn, und führen fremde Fahnen zum Siege.

Deutschlands Freyheit, aufgegeben von den mächtigen Ständen, auf welche doch allein ihre Wohlthat zurück floß, wurde von einer kleinen Anzahl Prinzen vertheidigt, für welche sie kaum einen Werth besaß. Der Besiz von Ländern und Würden ertödtete den Muth, Mangel an beyden machte Helden. Wenn Sachsen, Brandenburg, u. a. m. sich schüchtern zurück zogen, so sah man die Anhalt, die Mansfeld, die Prinzen von Weimar u. a. ihr Blut in mörderischen Schlachten verschwenden. Die Herzöge von Pommern, von Meklenburg, von Lüneburg, von Wirtemberg, die Reichsstädte in Oberdeutschland, denen das Reichsoberhaupt von jeher ein gefürchteter Name war, entzogen sich furchtsam dem Kampf mit dem Kaiser, und beugten sich murrend unter seine zermalmende Hand.

Oesterreich und das katholische Deutschland hatten an dem Herzog Maximilian von Bayern einen eben so mächtigen als staatsklugen und tapfern Beschüzer. Im ganzen Laufe dieses Krieges einem einzigen überlegten Plane getreu, nie ungewiß zwischen seinem Staatsvortheil und seiner Religion, nie Sklave Oesterreichs, das für seine Größe arbeitete und vor seinem rettenden Arme zitterte, hätte Maximilian es verdient, die Würden und Länder, welche ihn belohnten, von einer bessern Hand als der Willkühr zu empfangen. Die übrigen katholischen Stände, größtentheils geistliche Fürsten, zu unkriegerisch, um den Schwärmen zu widerstehen, die der Wohlstand ihrer Länder anlockte, wurden nach einander Opfer

Stahl. Als Männer vollführen sie, was sie als Herrscher nicht vermögen, und sterben einen glorreichen Tod – als die tapfersten Soldaten der Freyheit. Zu schwach an Ländern, um mit eignen Heeren ihren Feind anzufallen, richten sie fremde Donner gegen ihn, und führen fremde Fahnen zum Siege.

Deutschlands Freyheit, aufgegeben von den mächtigen Ständen, auf welche doch allein ihre Wohlthat zurück floß, wurde von einer kleinen Anzahl Prinzen vertheidigt, für welche sie kaum einen Werth besaß. Der Besiz von Ländern und Würden ertödtete den Muth, Mangel an beyden machte Helden. Wenn Sachsen, Brandenburg, u. a. m. sich schüchtern zurück zogen, so sah man die Anhalt, die Mansfeld, die Prinzen von Weimar u. a. ihr Blut in mörderischen Schlachten verschwenden. Die Herzöge von Pommern, von Meklenburg, von Lüneburg, von Wirtemberg, die Reichsstädte in Oberdeutschland, denen das Reichsoberhaupt von jeher ein gefürchteter Name war, entzogen sich furchtsam dem Kampf mit dem Kaiser, und beugten sich murrend unter seine zermalmende Hand.

Oesterreich und das katholische Deutschland hatten an dem Herzog Maximilian von Bayern einen eben so mächtigen als staatsklugen und tapfern Beschüzer. Im ganzen Laufe dieses Krieges einem einzigen überlegten Plane getreu, nie ungewiß zwischen seinem Staatsvortheil und seiner Religion, nie Sklave Oesterreichs, das für seine Größe arbeitete und vor seinem rettenden Arme zitterte, hätte Maximilian es verdient, die Würden und Länder, welche ihn belohnten, von einer bessern Hand als der Willkühr zu empfangen. Die übrigen katholischen Stände, größtentheils geistliche Fürsten, zu unkriegerisch, um den Schwärmen zu widerstehen, die der Wohlstand ihrer Länder anlockte, wurden nach einander Opfer

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[109/0117] Stahl. Als Männer vollführen sie, was sie als Herrscher nicht vermögen, und sterben einen glorreichen Tod – als die tapfersten Soldaten der Freyheit. Zu schwach an Ländern, um mit eignen Heeren ihren Feind anzufallen, richten sie fremde Donner gegen ihn, und führen fremde Fahnen zum Siege. Deutschlands Freyheit, aufgegeben von den mächtigen Ständen, auf welche doch allein ihre Wohlthat zurück floß, wurde von einer kleinen Anzahl Prinzen vertheidigt, für welche sie kaum einen Werth besaß. Der Besiz von Ländern und Würden ertödtete den Muth, Mangel an beyden machte Helden. Wenn Sachsen, Brandenburg, u. a. m. sich schüchtern zurück zogen, so sah man die Anhalt, die Mansfeld, die Prinzen von Weimar u. a. ihr Blut in mörderischen Schlachten verschwenden. Die Herzöge von Pommern, von Meklenburg, von Lüneburg, von Wirtemberg, die Reichsstädte in Oberdeutschland, denen das Reichsoberhaupt von jeher ein gefürchteter Name war, entzogen sich furchtsam dem Kampf mit dem Kaiser, und beugten sich murrend unter seine zermalmende Hand. Oesterreich und das katholische Deutschland hatten an dem Herzog Maximilian von Bayern einen eben so mächtigen als staatsklugen und tapfern Beschüzer. Im ganzen Laufe dieses Krieges einem einzigen überlegten Plane getreu, nie ungewiß zwischen seinem Staatsvortheil und seiner Religion, nie Sklave Oesterreichs, das für seine Größe arbeitete und vor seinem rettenden Arme zitterte, hätte Maximilian es verdient, die Würden und Länder, welche ihn belohnten, von einer bessern Hand als der Willkühr zu empfangen. Die übrigen katholischen Stände, größtentheils geistliche Fürsten, zu unkriegerisch, um den Schwärmen zu widerstehen, die der Wohlstand ihrer Länder anlockte, wurden nach einander Opfer

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/117>, abgerufen am 30.04.2024.